Lebensversicherungen sind zunächst gemäß § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
(1) …
(2) Vom Vermögen sind abzusetzen …
1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
(1) …
(2) Vom Vermögen sind abzusetzen …
…
4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II nicht bei der Berechnung von Leistungen zum Hartz IV zu berücksichtigen, solange sie die „allgemeinen Grundfreibeträge“ nicht überschreiten (Grundfreibetrag in Höhe von 150,00 € je vollendetem Lebensjahr zzgl. Freibetrag in Höhe von 750,00 € für notwendige Anschaffungen).
Darüber hinaus können Lebensversicherungen unter die Schutztatbestände des § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
(1) …
(2) Vom Vermögen sind abzusetzen …
1. …
2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich …
3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB II sowie des § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
…
(3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
…
3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, …
…
5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist,
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 Abs. 3 Nrn. 3 und 5 SGB II fallen. Weiterhin können aber auch eine „Unwirtschaftlichkeit“ und/oder eine „besondere Härte“ gemäß § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
…
(3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
…
6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. und 2. Alt. SGB II dazu führen, dass die Lebensversicherung möglicherweise nicht für die Lebenshaltung einzusetzen ist:
Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 15. April 2008 (www.juris.sozialgerichtsbarkeit.deAz.: B 14/7b AS 52/06 R) zur Zumutbarkeit der Verwertung einer der Alterssicherung dienenden Lebensversicherung grundlegende Feststellungen getroffen und das zuvor genannte Prüfschema angewandt. Im Ergebnis hat das BSG eine besondere Härte verneint, wenn der Verkaufsverlust „nur“ 11,48 % beträgt.
[38] Die Verwertung der Lebensversicherung des Klägers ist nämlich nach den zuvor aufgezeigten Grundsätzen in jedem Fall nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung lag schon im Mai 2004 mit 23.041 EUR nur 5,95 % unter den eingezahlten Beträgen, welche erst im August 2005 24.497,66 EUR betrugen. Im August 2005 lag der Rückkaufswert mit 26.043,40 EUR schon darüber. Berücksichtigt man die vom Kläger behauptete Überschussbeteiligung in Höhe von 12.253 EUR nebst Garantiekapital in Höhe von 17.166 EUR, ergibt dies kein anderes Ergebnis. Bei einem Rückkaufswert in Höhe von 26.043,40 EUR zum 1. August 2005 läge der Verkaufsverlust bei 11,48 %, was nach den vorhergehenden Ausführungen als noch wirtschaftlich gelten muss.
Eine Unwirtschaftlichkeit soll bei Rückkaufswerten von bis zu 18,5 % noch nicht, bei 29 % aber schon vorliegen (vgl. dazu LSG Schleswig-Holstein vom 14.12. 2012, L 3 93/10 und www.sozialgerichtsbarkeit.deLSG Nordrhein-Westfalen vom 20. September 2012, L 7 AS 348/10).
Nach diesen Grundsätzen ist die Verwertung der Rentenversicherung des Klägers zu 2) bei der W Lebensversicherung AG offensichtlich unwirtschaftlich. Zur Überzeugung des Senats stellt ein Verlust von über 20 % bei Verwertung einer Lebens- oder Rentenversicherung unter Zugrundelegung der eingezahlten Beiträge und des Rückkaufswertes eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II dar. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Rentenversicherung bei der W Lebensversicherung vor, nicht hingegen bei der Rentenversicherung der E Lebensversicherung AG. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Ermittlung der Verlustgrenze weitere Faktoren, wie z. B. die (voraussichtliche) Dauer des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II, berücksichtigt werden müssen.
In dem vom BSG entschiedenen Fall stand dem Leistungsempfänger ein Grundfreibetrag in Höhe von 11.350,00 € zu (s. o. BSG, Rdnrn. 2 und 16). Es handelte sich nicht um einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag (s. o. BSG, Rdnrn. 20 und 22). Der Leistungsempfänger war nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit (s. o. BSG, Rdnr. 24). Es gab keinen Verwertungsausschluss des Versicherungsvertrages vor Eintritt in den Ruhestand (s. o. BSG, Rdnr. 26). Den „Verkaufsverlust“ bezifferte das BSG mit 11,48 %. Das sei noch nicht als „unwirtschaftliche Verwertung“ im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 1. Alt. SGB II anzusehen (s. o. BSG, Rdnr. 38):
[Rdnr. 16] Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (idF des Viertes Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl. I 2902) sind vom Vermögen abzusetzen: ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 4.100 EUR …
…
[Rdnr. 20] Nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwertet. … Erforderlich ist insoweit nach geltendem Recht zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG vom 26. Juni 2001, BGBl. I 1310, 1322) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liegt. Das ist hier nicht der Fall.
…
[Rdnr. 24] Auch eine Verschonung der Lebensversicherung aus Gründen des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. …
…
[Rdnr. 26] Ebenso wenig kann der Kläger sich auf einen Schutz des Lebensversicherungsvermögens nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II berufen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II (idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl. I 2902) sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners bzw. seit dem 1. August 2006 250 EUR, höchstens 13.000 EUR bzw. seit dem 1. August 2006 16.250 EUR nicht übersteigt (Änderung zum 1. August 2006 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl. I 1706). Der Kläger hat keinen entsprechenden Verwertungsausschluss i.S. des § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetzes (VVG – i.d.F. des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I 2954) vertraglich vereinbart.
…
[Rdnr. 32] Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Alt SGB II sind ebenfalls nicht erfüllt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen, Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. …
…
[Rdnr. 35] Die Verwertung der Lebensversicherung ist für den Kläger auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich i.S. des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 1. Alt SGB II. Zwar fehlt es an hinreichenden Feststellungen des LSG zum Substanz- und Verkehrswert der Lebensversicherung des Klägers. …
[Rdnr. 36] … Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 12 RdNr. 84). Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung. …
…
[Rdnr. 38] … Bei einem Rückkaufswert in Höhe von 26.043,40 EUR zum 1. August 2005 läge der Verkaufsverlust bei 11,48%, was nach den vorhergehenden Ausführungen als noch wirtschaftlich gelten muss.
…
Philip meint
Würde bei einem Verlust von 14 % die Auflösung der Lebensversicherung trotzdem gefordert werden? Und wenn man die letzten 2 Jahrzehnte nicht rentenversicherungspflichtig war, aber nun für einen Monat, wird das dann trotzdem beachtet?
Ebenfalls, ist es relevant, dass die Rente in wenigen Monaten ansteht? Hilft dies dabei, dass die Lebensversicherung nicht berechnet werden muss? Würde mich sehr über eine Antwort freuen, danke im Voraus.
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Philip,
so ganz verstehe ich Ihre Frage noch nicht und muss mich deshalb auch um eine konkrete Antwort „drücken“:
Wenn Sie Vermögen haben, welches die im SGB II genannten Grenzen übersteigt, haben Sie keinen Anspruch bzw. eventuell nur einen Anspruch auf darlehensweise Gewährung der Leistungen.
An Ihrer Stelle würde ich aber zumindest auch einmal die Frage klären lassen, ob es sich bei der ggf. die Vermögensgrenzen übersteigenden Lebensversicherung um zulässiges „Altersvorsorgeschonvermögen“ handelt … Ohne konkrete Kenntnis des genauen Sachverhaltes ist eine Antwort nicht möglich.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Horn,Jörg-Peter meint
Ich bin 64 Jahre alt und ALG2 Empfänger.ImOktober 2022 werde ich Altersrentner.Am1.4.2021 erhalte ich nach Ablauf einer 28-jährigen Vertragslaufzeit die Auszahlung einer privaten,kapitalbildenden Rentenversicherung(mit Verwertungsausschluss).Der Wert wird etwa 11600 EURO betragen.Welche Rechenformel gilt dann für diese Auszahlung,sodass mir das Jobcenter mir die Zuwendungen wie bisher weiterzahlen müssen(150 EORO mal Alter für Allgemeines Schonvermögen,also Grundfreibetrag,oder 750 EURO(250 EURO ?)für sonstiges Vermögen(in dem Fall diese RV)?
Am 1.8.2021 endet ebenfalls der Ablauf einer privaten,kapitalbildenden Lebensversicherung(ohne Verwertungsausschluss)nach 28 Jahren Laufzeit.Diese Summe beträgt dann etwa 7700 EURO.Werden dann dise beiden Versicherungen bei Ablauf letzterer zusammenaddiert oder einzeln nach einer dieser Rechenformeln bewertet?
2.Februar 2021(Erstellung dieses Schreibens)
Liz meint
Meine Lebensversicherung (mit Verwertungsausschluss) wurde seinerzeit so abgeschlossen, dass ich die Möglichkeit habe, mit 62 (werde ich im Juni) in die vorgezogene Altersrente zu gehen. Jetzt haben sich die Renten verschoben. Der Ablauf der Versicherung ist 1.4. und ich musste diesen Monat Hartz 4 beantragen.
Ist es jetzt so, dass Hart 4 dann wieder entfällt und ich von meiner Rentenversicherung leben muss, um dann ohne Zubrot in die vorgezogene Altersrente zu gehen (wird man ja vom Jobcenter zu gezwungen)?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Liz,
ab wann können Sie auch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten? Ab diesem Zeitpunkt wird das Sozialamt für Sie zuständig. Eventuell wird das Jobcenter versuchen, Sie dazu zu bewegen, vorzeitig die gesetzliche Rente zu beantragen.
Leistungen der privaten Rentenversicherung werden jedenfalls als Einkommen gemäß den Regelungen der §§ 11 SGB II leistungsmindernd angerechnet, solange Sie Arbeitslosengeld II beziehen. Auch bei der Grundsicherung im Alter wird die private Rente leistungsmindernd zum Ansatz gebracht. Wie der Gesamtbedarf zu berechnen ist, können Sie dem Beitrag „Hartz IV berechnen“ zu 1. entnehmen.
Wen Ihre Rente jeweils den Gesamtbedarf nach dem SGB II und XII übersteigt, werden keine Leistungen gewährt. Wie der Gesamtbedarf zu berechnen ist, können Sie dem Beitrag „Hartz IV berechnen“ entnehmen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt