Mit der Reform des Wahlrechts im Jahr 2019 ist ein genereller Ausschluss betreuter Personen von Wahlen abgeschafft worden. Auch Menschen, für die ein Betreuer bestellt ist, behalten ihr Wahlrecht – unabhängig von Krankheit oder Einschränkungen. In der Praxis stellt sich jedoch häufig die Frage: Wie geht ein Betreuer mit Wahlunterlagen um, wenn der Betroffene aufgrund fortgeschrittener Demenz nicht mehr in der Lage ist, den Wahlakt eigenständig vorzunehmen?
Wahlrecht ist höchstpersönlich
Die Teilnahme an Wahlen gehört zu den zentralen Grundrechten. Sie ist ein höchstpersönliches Recht. Das bedeutet: Der Betreuer darf keine Wahlentscheidung für den Betreuten treffen und nicht „stellvertretend“ wählen. Auch eine Ausfüllung oder Abgabe von Wahlzetteln durch den Betreuer ist ausgeschlossen.
Aufgabenkreise und Postkontrolle
Viele Betreuer haben den Aufgabenkreis „Entgegennahme, Anhalten und Öffnen der Post“. Damit dürfen Wahlbenachrichtigungen und Briefwahlunterlagen entgegengenommen werden. Stellt der Betreuer fest, dass der Betroffene die Unterlagen nicht sinnvoll nutzen kann, liegt es in seiner Verantwortung, eine missbräuchliche Verwendung zu verhindern.
Praktisches Vorgehen
Verwahrung: Die Wahlunterlagen sollten bis zum Wahltermin sicher verwahrt werden.
Keine Verwendung: Eine eigenständige Ausübung des Wahlrechts durch den Betreuer ist unzulässig.
Vernichtung: Nach der Wahl können die Unterlagen entsorgt werden.
Keine Genehmigungspflicht: Für dieses Vorgehen ist keine gerichtliche Genehmigung erforderlich, da es sich nicht um eine genehmigungsbedürftige Vermögensangelegenheit oder einen schweren Eingriff in die Rechte des Betroffenen handelt.
Dokumentation: Empfehlenswert ist eine kurze Aktennotiz, warum die Unterlagen nicht genutzt wurden.
Rechtliche Einordnung
Das Betreuungsgericht muss nicht eingeschaltet werden. Die Entscheidung, die Unterlagen ungenutzt zu lassen und später zu vernichten, ist eine Ausübung des Aufgabenkreises „Postangelegenheiten“ und schützt das Wahlgeheimnis wie auch die Integrität des Wahlrechts.
FAQ zum Thema
Braucht der Betreuer eine Genehmigung des Gerichts?
Nein. Das Betreuungsgericht ist nicht einzuschalten. Eine Genehmigungspflicht besteht nicht.
Darf der Betreuer Briefwahl beantragen und den Zettel ausfüllen?
Nein. Das Wahlrecht ist höchstpersönlich und nicht übertragbar. Der Betreuer darf keine Wahlhandlung vornehmen.
Was ist, wenn die betreute Person eine Wahlbeteiligung verlangt, aber offensichtlich nicht mehr geschäftsfähig ist?
Dann kann der Betreuer die organisatorische Hilfe leisten (z. B. Begleitung ins Wahllokal). Die Entscheidung selbst muss jedoch von der betreuten Person ausgehen.
Vorsorge, Betreuung und Unterbringung,
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