Die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit bei GmbH-Geschäftsführern zählt zu den häufigsten Streitpunkten im Sozialversicherungsrecht.
Maßgeblich ist, ob der Geschäftsführer weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation eingegliedert ist oder aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung eigenständig handeln kann.
Entscheidend ist das Gesamtbild der Tätigkeit – geregelt in § 7 SGB IV.
1. Kapital- und Stimmanteil
Ein Geschäftsführer ist nicht sozialversicherungspflichtig, wenn er mindestens 50 % der Anteile an der Gesellschaft hält.
In diesem Fall kann er maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen und gilt als selbstständig tätig.
Das Bundessozialgericht hat dies in ständiger Rechtsprechung bestätigt (z. B. BSG, 17. Mai 2001 – B 12 KR 34/00 R):
Eine selbstständige Tätigkeit liegt regelmäßig vor, wenn der Geschäftsführer mindestens 50 % der Gesellschaftsanteile hält oder aufgrund besonderer Vereinbarungen alle ihm nicht genehmen Beschlüsse verhindern kann (sog. Sperrminorität).
Eine solche Sperrminorität kann sich auch aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, selbst wenn die Kapitalbeteiligung geringer ist.
2. Minderheitsgesellschafter
Hält der Geschäftsführer weniger als 50 % der Anteile, spricht dies grundsätzlich für eine abhängige Beschäftigung – also Versicherungspflicht.
Frühere Rechtsprechung erkannte Ausnahmen an, wenn der Minderheitsgesellschafter tatsächlich Einfluss auf die Geschäftsführung hatte, etwa durch familiäre Bindungen oder Kreditgewährung.
Diese großzügige Praxis wurde jedoch durch die Rechtsprechung des BSG seit 2015 deutlich eingeschränkt (vgl. BSG, 11. November 2015 – B 12 KR 2/14 · BSG, 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R · BSG, 11. November 2015 – B 12 KR 13/14):
Ein Minderheitsgesellschafter bleibt regelmäßig versicherungspflichtig, auch wenn ihm durch schuldrechtliche Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags Vetorechte oder Stimmbindungen eingeräumt werden. Nur eine echte, gesellschaftsrechtlich verankerte Sperrminorität kann Versicherungspflicht ausschließen.
Eine vertragliche Gestaltung im Anstellungsvertrag allein reicht nicht aus, um Sozialversicherungspflicht zu vermeiden.
3. Praxis: Statusfeststellung nach § 7a SGB IV
Um Rechtsklarheit zu schaffen, kann die Beteiligung eines Gesellschafters im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens geprüft werden. Die gesetzliche Grundlage bildet § 7a SGB IV.
Das Verfahren dient der verbindlichen Feststellung, ob eine Tätigkeit abhängig beschäftigt oder selbstständig ausgeübt wird. Dies ist besonders ratsam:
- bei neu gegründeten GmbHs,
- bei familiären Gesellschaftsverhältnissen,
- oder bei unklarer Verteilung der Stimmrechte.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV verbindlich über den sozialversicherungsrechtlichen Status. Eine frühzeitige Klärung verhindert Nachforderungen und Beitragsrisiken.
4. Häufige Fragen
Wann gilt ein GmbH-Geschäftsführer als selbstständig?
Wenn er mindestens 50 % der Anteile hält oder durch eine Sperrminorität maßgeblichen Einfluss auf Beschlüsse der Gesellschaft ausüben kann.
Was ist eine Sperrminorität?
Das Recht, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Sie muss im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein – bloße Abreden im Anstellungsvertrag reichen nicht aus.
Wie kann die Versicherungspflicht überprüft werden?
Durch das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zur Statusfeststellung, Scheinselbstständigkeit und Betriebsprüfung:
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