Oft müssen sich Gerichte mit der Frage beschäftigen, ob ein GmbH-Gesellschafter, der im Unternehmen arbeitet, im Sinne von § 7 Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 7 SGB IV abhängig beschäftigt ist oder ob er selbstständig tätig ist und deshalb nicht der Versicherungspflicht unterliegt.
„Beschäftigt“ im Sinne des § 7 SGB IV sind GmbH-Geschäftsführer, die zur GmbH in einem Verhältnis der Weisungsgebundenheit bzw. der Eingliederung und der Abhängigkeit stehen. Alle Umstände des Falles sind zu berücksichtigen. Das Gesamtbild zählt.
1. Kapital- und Stimmanteil
Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der einen Kapital-und Stimmenanteil von 50 Prozent oder mehr hält, steht mit der Gesellschaft in der Regel nicht in einem Beschäftigungsverhältnis und ist selbstständig tätig. Dieser Gesellschafter ist regelmäßig nicht im Sinne des § 7 SGB IV sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter von den ihm übertragenen Rechten auch Gebrauch macht (vgl. www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R):
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Eine derartige Rechtsmacht haben GmbH-Gesellschafter regelmäßig dann, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 % des Stammkapitals innehaben (…). Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung geringer ist, kann sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages die Rechtsmacht ergeben, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinem Anteil alle ihm nicht genehmen Entscheidungen verhindern kann (sog Sperrminorität, …). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor.
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2. Minderheitsgesellschafter
Zunächst vertrat das Bundessozialgericht in der Vergangenheit die Auffassung, dass ein Minderheiten-Geschäftsführer, der nach „Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung“ der Arbeit keinem Weisungsrecht unterlag, ebenfalls als selbstständiger Geschäftsführer tätig sein konnte und demzufolge auch nicht der Sozialversicherungspflicht gemäß § 7 SGB IV unterlag. Dies wurde insbesondere dann angenommen, wenn die „gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit“ „durch den tatsächlich eingeräumten Einfluss“ aufgehoben werde (vergleiche unter anderem Bundessozialgericht vom 8. August 1990 (11 Rar 77/89). Die Leitsätze lauteten:
- Der tatsächliche Einfluss auf die Gesellschaft kann eine abhängige Beschäftigung auch dann ausschließen, wenn die gesellschaftsrechtliche Stellung allein einen bestimmenden Einfluss nicht ermöglicht.
- Hat der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung die Rechtsmacht, nicht genehme Weisungen zu verhindern, liegt auch dann keine abhängige Beschäftigung vor, wenn er von seinen Rechten tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidungen anderen überlässt.
- Hat der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung die Rechtsmacht, nicht genehme Weisungen zu verhindern, so liegt auch dann keine abhängige Beschäftigung vor, wenn er von seinen Rechten tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidungen andern überlässt.
„Durch den tatsächlich eingeräumten Einfluss“ konnte der Minderheiten-Geschäftsführer so zum selbstständig Tätigen werden, der nicht versicherungspflichtig war. Dies betraf insbesondere Fälle, in denen der Minderheiten-Gesellschafter der Gesellschaft Darlehen zur Verfügung stellte, Bürgschaften übernahm, in denen im Anstellungsvertrag oder auch im Gesellschaftervertrag Vetorechte oder Sperrminoritäten vereinbart waren oder Fälle, in denen insbesondere „Familienbande“ dazu führten, dass tatsächlich eine Weisungsunterworfenheit des Minderheiten-Gesellschafters nicht angenommen wurde.
Unter anderem mit Urteilen vom 11. November 2015 (B 12 KR 2/14, www.sozialgerichtsbarkeit.de10/14 R) schränkte das Bundessozialgericht die Möglichkeiten des Minderheiten-Geschäftsführers ein, sich durch einfache Regelungen im Anstellungsvertrag bzw. durch zusätzliche, außerhalb des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Regelungen der Sozialversicherungspflicht zu entledigen.
Die Leitsätze der oben genannten Urteile des lauten wie folgt:
B 12 KR 2/14
Der Minderheitsgesellschafter einer GmbH, der bei dieser – ohne deren Geschäftsführer zu sein – als leitender Angestellter tätig ist, verfügt auch nach auf ihn erfolgter rechtsgeschäftlicher Übertragung der Mehrheitsstimmrechte nicht über eine Stellung in der Gesellschafterversammlung, die ihn im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu einem Selbstständigen macht.
B 12 KR 10/14
Ein dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Anstellungsvertrag mit der GmbH außerhalb des Gesellschaftsvertrags eingeräumtes Veto-Recht gegen mehrheitlich gefasste Beschlüsse der Gesellschafterversammlung rechtfertigt nicht die Annahme seines sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbstständiger.
B 12 KR 13/14
- Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage prägen die Abwägungsentscheidung zum sozialversicherungsrechtlichen Status nicht im Sinne einer strikten Parallelwertung zwingend vor, sondern haben lediglich Indizfunktion.
- Zur Bedeutung eines schuldrechtlichen, auf einheitliche Stimmabgabe gerichteten Stimmbindungsvertrags zwischen Gesellschaftern für die Abgrenzung von Selbstständigkeit und Beschäftigung.
In der Beratungspraxis sollte vorab durch das Betreiben des Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a Anfrageverfahren
(1) Die Beteiligten können schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 7 a SGB IV festgestellt werden, ob eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt oder nicht.
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