Kurz erklärt:
Die freiwillige Krankenversicherung bietet Personen, die nicht (mehr) versicherungspflichtig sind, den Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie ist besonders wichtig für Selbständige, gut verdienende Angestellte und Rentner. Beiträge richten sich nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – geregelt in § 240 SGB V.
1. Grundlagen & Bedeutung
Die freiwillige Krankenversicherung ermöglicht es, nach Ende einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu bleiben. Sie ist in § 9 SGB V geregelt und gilt als freiwilliger Beitritt zur GKV. Laut einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. Dezember 2012 (B 12 KR 20/11 R) sind mehr als fünf Millionen Personen freiwillig versichert.
Typische Fälle:
- Arbeitnehmer, deren Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt,
- Selbständige ohne anderweitige Pflichtversicherung,
- Rentner, die die Voraussetzungen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfüllen.
2. Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können Personen beitreten, die aus einer Versicherungspflicht ausscheiden. Sie müssen in den letzten fünf Jahren mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden 12 Monate ununterbrochen versichert gewesen sein.
Der Beitritt ist binnen drei Monaten nach Ende der Pflichtversicherung schriftlich zu erklären (§ 9 Abs. 2 SGB V). Die Frist ist eine Ausschlussfrist – wer sie versäumt, verliert den Anspruch auf eine freiwillige Mitgliedschaft. Der Beginn der Mitgliedschaft richtet sich nach § 188 Abs. 3 SGB V.
3. Beitragsbemessung & wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Für freiwillig Versicherte richtet sich die Beitragsbemessung nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 240 Abs. 1 S. 2 SGB V). Maßgeblich sind alle Einnahmen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts geeignet sind – insbesondere:
- Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit (§ 15 SGB IV),
- Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung & Verpachtung,
- Renten und Versorgungsbezüge (§ 229 SGB V),
- sonstige wiederkehrende Einnahmen.
Die Krankenkassen wenden die vom GKV-Spitzenverband erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler an. Die Bemessung erfolgt grundsätzlich auf Basis des letzten Einkommensteuerbescheids, der bei Selbständigen vorläufig herangezogen wird (§ 240 Abs. 4a SGB V).
4. Besonderheiten bei Selbständigen & Rentnern
a) Selbständige
Für hauptberuflich Selbständige gelten Mindestbemessungsgrenzen, § 240 Abs. 4 SGB V. Nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen beträgt die Mindestbemessung derzeit rund 1/3 der Bezugsgröße. Werden Nachweise nicht fristgerecht eingereicht, kann die Krankenkasse vorübergehend die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) ansetzen.
b) Rentner
Bei pflichtversicherten Rentnern wird nur die Rente verbeitragt, § 237 SGB V. Bei freiwillig Versicherten auch Kapital- und Mieteinnahmen. Diese Ungleichbehandlung war bereits Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kritik (BVerfG, 15. 03. 2000 – 1 BvL 16/96). Eine vollständige Gleichstellung ist bis heute nicht erreicht.
5. Ende der Mitgliedschaft
Die freiwillige Mitgliedschaft endet durch Tod, Kündigung oder den Eintritt einer neuen Versicherungspflicht (§ 191 Nr. 3 SGB V). Wird ein Rentner pflichtversichert (KVdR), entfallen Beiträge auf Kapital- und Mieteinnahmen; die Krankenkasse prüft den Status neu.
6. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Vertiefend zu Beitragsbemessung, Verfahrensrecht und Gleichbehandlung:



WelandWahle says
Guten Tag Herr Nippel,
ich bin seit 35 Jahren als Selbstständiger freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (Barmer).
Ab 2016 beziehe ich von meiner verstorbenen Frau von der DRV und der Zusatzkasse des Landes NRW zwei Witwenrenten. Dafür zahlte die Krankenkasse für alle drei Einnahmen Beiträge an die Barmer.
Urplötzlich bekomme ich einen Bescheid, in dem ich rückwirkend für 1,5 Jahre nicht mehr freiwilliges Mitglied bin.
Die Rentenkassen fordern die KK Beiträge für 1,5 Jahre von mir.
Ich bin am 10.08.1952 geboren, beziehe aber noch keine eigene Rente. Wie kann das sein?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Wahle,
Ihre Fragen sind berechtigt. Der Sachverhalt ist allerdings zunächst unübersichtlich.
Auch wenn die Rentenversicherungsträger ab 2016 Beiträge abgeführt haben (für wen? – für Sie oder Ihre verstorbene Frau? – Sie schreiben allerdings, dass „dafür … die Krankenkasse für alle drei Einnahmen Beiträge an die Barmer (zahlte)“), so müssten die Renten nach einer ersten Einschätzung doch auch noch zusätzlich bei Ihnen hälftig verbeitragt werden. Haben Sie diese Einnahmen als freiwilliges Mitglied bisher nicht gegenüber der Barmer angezeigt?
Warum Sie jetzt nicht mehr freiwilliges Mitglied sein sollen erschließt sich mir jedenfalls zunächst ebensowenig wie Ihnen (Aufschluss könnte hier der Bescheid der Krankenkasse geben). Warum beziehen Sie keine Rente?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt