Seit dem 1. Januar 2023 gilt das Bürgergeld, das die bisherigen Hartz-IV-Leistungen vollständig abgelöst hat.
Einer der größten Unterschiede betrifft den Umgang mit Vermögen und Altersvorsorge. Insbesondere Versicherungsverträge und Rücklagen für das Alter sind nun besser geschützt und werden in der Regel nicht mehr auf das Bürgergeld angerechnet.
1. Für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge
Nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II bleiben Versicherungsverträge, die der Altersvorsorge dienen, vollständig geschützt. Das bedeutet: Sie werden beim Bürgergeld nicht als Vermögen berücksichtigt, unabhängig von ihrer Höhe oder Laufzeit.
Darunter fallen insbesondere:
- Riester- oder Rürup-Renten,
- private Rentenversicherungen,
- kapitalbildende Lebensversicherungen,
- andere Vorsorgeverträge, die ausdrücklich der Altersabsicherung dienen.
Ein Verwertungsausschluss – also der frühere Nachweis, dass das Geld nicht vorzeitig ausgezahlt werden darf – ist nicht mehr erforderlich. Das vereinfacht die Praxis erheblich: Das Jobcenter prüft nur noch, ob der Vertrag eindeutig als Altersvorsorge deklariert ist.
Frau M. besitzt eine private Rentenversicherung mit einem Rückkaufswert von 40.000 €. Da der Vertrag ausdrücklich der Altersvorsorge dient, wird er beim Bürgergeld **nicht als Vermögen angerechnet** – selbst wenn die Auszahlung theoretisch möglich wäre.
2. Freibeträge auf Vermögen
Neben der Altersvorsorge gelten beim Bürgergeld deutlich höhere Freibeträge als früher:
Während einer Karenzzeit von 12 Monaten wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es „erheblich“ ist, also über 40.000 € liegt, plus 15.000 € für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft (§ 12 Abs. 3 SGB II).
Nach Ablauf der Karenzzeit bleiben 15.000 € pro Person als Schonvermögen geschützt.
Damit hat sich die Systematik grundlegend geändert: Während beim alten Hartz IV komplizierte Einzelregelungen und Rechenfreibeträge galten, wird nun der Schutz des Altersvorsorgevermögens pauschal und großzügig gewährt.
Auch selbst genutztes Wohneigentum bleibt während der Karenzzeit geschützt, solange es als **angemessen** gilt (§ 12 Abs. 4 SGB II). Dies gilt ebenso für Rücklagen auf Konten, sofern sie für den Lebensunterhalt oder die Altersvorsorge bestimmt sind.
3. Nachweis der Zweckbestimmung
Damit das Jobcenter Altersvorsorgeverträge nicht als verwertbares Vermögen einstuft, ist ein klarer Verwendungszweck entscheidend.
Der Nachweis kann durch folgende Unterlagen erfolgen:
- Versicherungsschein oder Vertragsauszug mit Angabe „Altersvorsorge“ oder „Rentenversicherung“
- Anlageform (z. B. Riester-Vertrag, Rürup-Rente, betriebliche Altersvorsorge)
- ggf. Bestätigung des Versicherers über den Vorsorgezweck
Fehlt dieser Nachweis, kann das Jobcenter den Vertrag im Einzelfall als „normales Sparvermögen“ bewerten.
4. Häufige Fragen
Ist Altersvorsorge beim Bürgergeld vollständig geschützt?
Ja. Verträge, die eindeutig der Altersvorsorge dienen, werden nicht angerechnet – unabhängig von der Höhe.
Muss ich meine Rentenversicherung dem Jobcenter melden?
Ja, aber sie bleibt geschützt, wenn sie als Altersvorsorgevertrag erkennbar ist. Eine Auszahlung während des Bezugs ist nicht zulässig.
Was gilt während der Karenzzeit?
Während der ersten 12 Monate wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist – über 40.000 € (plus 15.000 € pro weiterer Person).
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zur Altersvorsorge, Schonvermögen und Berechnung des Bürgergeldes:
§ 12 SGB II · § 168 VVG · § 5 AltZertG



Kraft says
… hier eine Frage.
ich bin im Jahr 1967 geboren und seit 2002 aus gesundheitlichen Gründen Hartz IV-Empfänger. Zum Moment der Antragstellung hatte ich eine private Rentenversicherung bei der SV Sparkassenversicherung, die bereits zwei Jahre lief, angesparte Summe ca. 2000€.
Der Antrag auf ALG II wurde bewilligt und ich habe weiterhin von dem Arbeitslosengeld II, 75€ monatlich gespart und in meine Rentenversicherung eingezahlt. Mittlerweile ist die angesparte Summe bei meiner Rentenversicherung ca. 18500€. Das Jobcenter verlangt jetzt von mir den über dem Freibetrag liegende Summe von der Sparkasse auszahlen lassen und verbrauchen. Meine Frage: Kann das Jobcenter so vorgehen? Ich mein da ich die Versicherungsbeiträge monatlich vom Arbeitslosengeld gespart und eingezahlt habe. Und die weitere Frage: Kann ich das Geld jetzt (die komplette Summe, also den Rückkaufswert) auszahlen lassen? Der Freibetrag ist doch geschützt, oder nicht?
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Kraft,
hier würde ich mich an Ihrer Stelle beraten lassen – alle Unterlagen sollten vorgelegt werden.
Grundsätzlich gilt das oben in dem Beitrag Ausgeführte. Bei Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses haben Sie eventuell eine Chance, dass Ihr Vermögen unberücksichtigt bleibt.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Ally says
Gute Tag Herr Nippel,
ich bin die Versicherte einer Kaptiallebensversicherung von 1998. Versicherungsnehmer ist mein Vater.
Seit ca. 8 Jahren zahle ich aber die Versicherungsbeiträge selbst. Die Laufzeit sind 36 Jahre, ich wäre bei der Auszahlung 55 (dennoch ist das Geld als Altervorsorge gedacht). Ich stehe gerade vor der Entscheidung ALG II zu beantragen. Nun stellt sich die Frage, ob diese Versicherung als Vermögen „gefährdet“ ist, ich gezwungen wäre sie zurückzukaufen, obwohl ja rechtlich weiterhin mein Vater der Versicherungsnehmer ist.
Muss ich diese LV überhaupt angeben? Spätestens bei Konteneinsicht fallen ja die Beitragszahlungen auf. Ich möchte sicherstellen, hier nichts zu übersehen bevor ich den Weg des Verwertungsausschusses gehe (wobei hier noch nicht klar ist, ob dies möglich wäre. Dies muss mein Vater erst noch bei der Versicherung erfragen, da ich selbst keine Auskunft bekomme. Ich glaube die Versicherungssumme von derzeit etwa 58,000€ ist zu hoch aber ich bin nicht sicher. Der Rückkaufwert 2019 liegt bei ca. 17.650 €).
Über einen kurzen Hinweis würde ich mich freuen.
Ally
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Ally,
ist vereinbart, dass Sie für den Fall des Todes Ihres Vaters die Versicherungssumme erhalten? Dann erhalten Sie das Vermögen doch erst, wenn Ihr Vater verstirbt … Haben Sie ein unwiderrufliches Bezugsrecht?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Bastian Kunkel says
Vielen Dank für den Artikel. Eine Frage ist für mich offen geblieben:
Wenn ein Verwertungssauschluss vereinbart wurde und das Kapital in Summe aber die 50.250,00 € (für nach dem 31. Dezember 1963 Geborene) übersteigt, wird dann dennoch das gesamte Kapital „angerechnet“ oder nur der Teil, der die 50.250,00 € übersteigt?
Vielen Dank Ihnen vorab!
Klaus says
Guten Tag Herr Nippel,
ich habe mir ein Vermögen von 15.000€ auf meinem Konto für die Rente angespart. Ich bin 59 Jahre jung und meine Frau ist 44 Jahre jung. Wir sind seit 5 Jahren verheiratet. führen ein gemeinsames Konto und dieses Vermögen sparen wir seit über 5 Jahren an. Nun ist das Jobcenter auf die Idee gekommen (trotz fast monatlicher Vorlage meiner Kontoauszüge) ggf. Geld zurück zu verlangen, da ich vermögend bin.
Meine Fragen: Was ist meine/unsere Freigrenze und wird das Alter/die Jahre meine Frau mit angerechnet? Ab wann werden die Jahre meiner Frau mit angerechnet?
Lieben Dank schonmal im Voraus und einen Schönen Tag.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Klaus,
schauen Sie sich doch insbesondere den Beitrag „Anrechenbares Vermögen gemäß § 12 SGB II – Verwertbarkeit, Absetzbeträge, Schonvermögen“ an. Dort müssten Sie jedenfalls erste Anregungen zur Beantwortung Ihrer Fragen erhalten.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
der Bär says
Hallo Herr Nippel,
ich habe soweit gelesen, dass man als Bürgergeldempfänger eine „Altersvorsorge“ nicht als Vermögen angetastet werden kann.
Meine Frage wäre, kann ich auch Alternativ als Selbständiger andere Dinge wie Wertgegenstände, Immobilien oder Bargeld (wenn ja, in welcher Höhe?) als Altersvorsorge similar einsetzen statt Lebensversicherung etc. als Altersvorsorge ?
Danke vorab für Ihre Antwort
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Bär,
die Fragen zu diesem Thema sind recht komplex. Grundsätzlich kann sich ein Selbstständiger/eine Selbstständige eine Altersvorsorge aufbauen, die als „Altersvorsorgeschonvermögen“ ggf. zu einem höheren Schonvermögen führt. Diese Vorsorge kann ggf. auch in Form von Immobilien aufgebaut werden.
Aber die Frage oben ist zu allgemein formuliert, um jetzt noch weitere Ausführungen zu treffen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
der Bär says
Hallo Herr Nippel,
danke vorab für Ihre Antwort.
Sorry für die späte Rückantwort, …
könnten wir das Thema via einem Beratungsschein (den ich vorher besorge) thematisch kurz vertiefen ?
MfG
der Bär ;)
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Bär,
das ist der richtige Ansatz: Beratungshilfeschein im Original übersenden und die 15 Euro überweisen und dann sprechen wir ausführlich über das Thema. Am besten persönlich. Allein ein Telefonat erschwert nur die Diskussion. Es entstehen Informationsdefizite, die nur Zeit kosten.
Zu dem Gespräch oder möglichst vor dem Gespräch sollte ich Kopien des jüngsten Schiftverkehrs und insbesondere Kopien eventueller Bescheide als Diskussionsgrundlage erhalten. Ansonsten dürfte ein Gespräch zielführend nicht möglich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Sylvia says
Hallo Herr Nippel,
ich hatte seit Mai 2015 eine Vorsorgerente Fonds Versicherung mit einen monatlichen Beitrag von 65,00 Euro. Seit dieser Zeit bin ich Bezieher von Hartz IV bzw. Bürgergeld.
Da mir die Beiträge nun zu hoch sind, habe ich gekündigt.
Es wurde ein Rückkaufswert in Höhe von 6.630,59 Euro ausgezahlt.
Wird dieser Betrag auf mein aktuelles Bürgergeld angerechnet?
Zählt die Zahlung zum Altersvorsorgeschonvermögen? Ich lege es trotzdem weg für die Rente.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sylvia
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Sylvia,
soweit ich dies überblicke, werden durch die 6.630,59 € jedenfalls nicht die „allgemeinen“ Schonvermögensgrenzen (für Sie wahrscheinlich ca. 15.000 €) überschritten.
Nur zur Info: Wenn eine Versicherung „recht einfach“ aufgelöst werden kann, ist fraglich, ob der Wert als Altersvorsorgeschonvermögen eingestuft werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt