Grundsätzlich erlaubt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen, eine zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 5 % des Bruttolohns anzusparen (vgl. z. B. www.juris.bundesgerichtshof.deBGH vom 29. April 2015, XII ZB 236/14).
… ob sein Ehegatte hinreichend für das Alter abgesichert ist, was im Zweifel dann zu verneinen wäre, wenn er über keine zusätzliche Altersversorgung verfügt, die einem Kapital von 5 % seines Bruttoeinkommens unter Berücksichtigung einer jährlichen Kapitalverzinsung von 4 % bezogen auf den Zeitraum vom Einstieg in das Erwerbsleben bis zum Beginn der Unterhaltsverpflichtung entspricht …
Erreicht die zusätzliche Altersvorsorge nicht die 5 %, ist das Einkommen und das Vermögen des Unterhaltsschuldners insoweit vor dem Zugriff des Gläubigers des Elternunterhalts zu schützen.
1. Auswirkungen auf die Berechnung des für den Elternunterhalt haftenden Einkommens
5 % des Bruttolohns darf das unterhaltspflichtige Kind mit der Folge für den Elternunterhalt ansparen, dass diese Sparleistungen das Einkommen mindern, welches zur Berechnung des Elternunterhalts zur Verfügung steht.
Beispiel 1:
Erzielt das unterhaltspflichtige Kind ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 3.000,00 € brutto und 2.000,00 € netto, so würden zur Berechnung des Elternunterhalts 200,00 € zur Verfügung stehen. Spart das Kind allerdings 150,00 € monatlich für die eigene zusätzliche Altersvorsorge, so stehen für die Berechnung des Elternunterhalts nur noch 50,00 € zur Verfügung.
Variante 1: ohne Sparleistungen zur Altersvorsorge
Zurzeit beträgt der Selbstbehalt 1.800,00 €. Ohne Sparleistungen stehen zur Berechnung des Elternunterhalts also 200,00 € bereit:
2.000,00 € Nettoeinkommen
– 1.800,00 € (Selbstbehalt)
= 200,00 €.Variante 2: mit Sparleistungen zur Altersvorsorge
Weist das unterhaltspflichtige Kind die Sparleistungen in Höhe von monatlich 150,00 € nach und macht die Sparleistungen geltend, können die Sparleistungen von dem einzusetzenden Nettoeinkommen zum Abzug gebracht werden.
2.000,00 € (Nettoeinkommen)
– 150,00 € (5 % des Bruttoeinkommens)
– 1.800,00 € (Selbstbehalt)
= 50,00 €.
2. Auswirkung auf die Ermittlung des für den Elternunterhalt haftenden Vermögens – Bildung von Altersvorsorgeschonvermögen
Das elternunterhaltspflichtige Kind haftet allerdings grundsätzlich nicht nur mit seinem Einkommen, sondern auch mit seinem Vermögen für die Zahlung des Unterhalts an den unterhaltsberechtigten Elternteil. Verfügt das unterhaltspflichtige Kind über Vermögen, so muss das Kind dieses Vermögen für den Elternunterhalt einsetzen.
Allerdings gibt der BGH dem elternunterhaltspflichtigen Kind die Möglichkeit, zur Altersversorgung gemäß dem oben Ausgeführten angespartes Kapital als „Altersvorsorgeschonvermögen“ von dem für den Elternunterhalt einzusetzenden Vermögen abzusetzen. Grundsätzlich darf also das elternunterhaltspflichtige Kind vom Einstieg in das Erwerbsleben an bis zum Beginn der Elternunterhaltspflicht 5 % seines Bruttoeinkommens in vor dem Elternunterhalt geschütztes Altersvorsorgeschonvermögen umwandeln.
Beispiel 2:
Ist das elternunterhaltspflichtige Kind im Beispielsfall 1 vor 3 Jahren in das Erwerbsleben eingestiegen, so kann es auf ein geschütztes Altersvorsorgeschonvermögen in Höhe von 5.400,00 € verweisen (36 Monate x 150,00 €).
Nach der Rechtsprechung darf aber nicht nur ein zusätzliches Altersvorsorgeschonvermögen erwirtschaftet werden. Das Kapital darf auch verzinslich angelegt werden.
Zu beachten ist, dass das unterhaltspflichtige Kind die unzureichende Altersversorgung nachweisen muss.
Beispiel 3:
Das elternunterhaltspflichtige Kind im Beispielsfall 2 ist bereits vor 30 Jahren und nicht erst vor 3 Jahren in das Erwerbsleben eingestiegen und hat seitdem durch Sparbuch, Aktien oder Lebensversicherungen 54.000,00 € angespart.
Es gilt das oben zu Beispiel 2 Ausgeführte, wobei Schwierigkeiten zur Ermittlung des geschützten Altersvorsorgeschonvermögens auf der Hand liegen: das Kind erzielte während des Erwerbslebens wechselnde Einkünfte und die Verzinsung des Ersparten dürfte ebenfalls nicht linear verlaufen sein. Dennoch wird schon bei einer „Peilung über den Daumen“ deutlich, dass in dem hiesigen Beispielsfall 3 ein vor dem Elternunterhalt geschütztes Altersvorsorgeschonvermögen des unterhaltspflichtigen Kindes in Höhe von 50.000,00 € nach der Rechtsprechung des BGH nicht unrealistisch erscheint.
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