Erhält eine arbeitslose Person rückwirkend eine Rente wegen Erwerbsminderung, stellt sich die Frage, ob bereits gezahltes Arbeitslosengeld zurückzuzahlen ist. Grundsätzlich gilt:
Der Leistungsempfänger muss das zu viel erhaltene Arbeitslosengeld nicht erstatten.
Der Erstattungsanspruch richtet sich zunächst allein gegen die Rentenversicherung.
Nur wenn diese den Nachzahlungsbetrag bereits ausgezahlt hat, kann die Agentur für Arbeit
Rückzahlung verlangen – aber nur in Höhe des Rentennachzahlungsbetrags.
1. Grundsatz: Keine Rückzahlung durch den Arbeitslosengeld-Beziehenden
Erhält jemand rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente, ist das Arbeitslosengeld häufig
bereits in voller Höhe ausgezahlt worden. Auch wenn ALG I und Rente sich im Nachhinein überschneiden, gilt:
Es findet keine Verrechnung zwischen ALG I und der laufenden oder rückwirkenden Rente statt.
Die Begründung: ALG I und Rente sind eigenständige Leistungsbereiche. Rückforderungsansprüche des Jobcenters oder der Agentur für Arbeit richten sich nicht gegen den Betroffenen, sondern gegen die Rentenversicherung – es sei denn, diese hat bereits an den Betroffenen ausgezahlt.
2. Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit gegenüber der Rentenversicherung
Erhält eine Person rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente, hat die Agentur für Arbeit einen Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger. Rechtsgrundlagen sind:
- § 145 Abs. 3 SGB III – Minderung der Leistungsfähigkeit
- § 103 SGB X – Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen
Der Anspruch umfasst den Nachzahlungsbetrag der Rente, soweit dieser noch nicht an den Versicherten ausgezahlt wurde.
Sie erhält die Rentennachzahlung direkt von der Rentenversicherung.
3. Besonderheit: Auszahlung an den Rentenempfänger
Hat die Rentenversicherung den Nachzahlungsbetrag bereits an den Rentenbezieher ausgezahlt,
ändert sich die Rechtslage:
Keinesfalls darf sie den darüber hinausgehenden Teil des Arbeitslosengeldes zurückverlangen.
Das bedeutet: Der Arbeitslose haftet höchstens in Höhe des entennachzahlungsbetrages – niemals höher.
4. Gesetzliche Regelung (§ 145 Abs. 3 SGB III)
steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X zu.
Hat der Rentenversicherungsträger mit befreiender Wirkung an den Leistungsempfänger gezahlt, muss dieser nur in Höhe des empfangenen Nachzahlungsbetrags erstatten.
§ 145 Abs. 3 SGB III stellt klar, dass eine Rückforderung nur insoweit möglich ist, wie der Betroffene tatsächlich eine Rentennachzahlung erhalten hat.
5. Häufige Fragen
Muss ich zu viel gezahltes ALG I zurückzahlen, wenn ich später eine Rente bekomme?
Nein – grundsätzlich nicht. Nur Rentennachzahlungen können betroffen sein.
Wer muss zurückzahlen, wenn Rente nachgezahlt wird?
Die Rentenversicherung erstattet der Agentur für Arbeit. Nur wenn der Betroffene
den Nachzahlungsbetrag schon erhalten hat, kann dieser zurückgefordert werden.
Darf die Agentur für Arbeit auch den übersteigenden ALG-Betrag zurückfordern?
Nein. Eine Rückforderung ist strikt auf den Rentennachzahlungsbetrag begrenzt.
Muss ich die Agentur für Arbeit informieren, wenn ich eine Rente bekomme?
Ja. Die Mitteilungspflicht besteht – sie vermeidet Rückforderungen und Verzögerungen.
6. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weitere Informationen zur Nahtlosigkeitsregelung und Altersrente:



Peter says
Meine Frau hatte bis 31.10.2018 die volle Erwerbsminderungsrente.
Gegen die Aufhebung wurde erfolgreich geklagt.
Nun wurde die Rentengewährung ab 01.11.2018 auf Dauer durchgesetzt.
Für die Zeit vom 01.11.2018 bis heute (dazwischen waren 1 1/2 Monate Krankengeld) bekam meine Frau Arbeitslosengeld, welches die Rente deutlich übertrifft. Die Agentur für Arbeit wird auf jeden Fall die Nachzahlung des Rentenversicherungsträgers einbehalten. Aber was ist mit den Differenzbetrag?
Müssen wir einen Kredit aufnehmen, um die Differenz zu zahlen?
Erspartes haben wir nicht.
Heiko Rechenberg says
Hallo zusammen,
Frage: Kann das Arbeitsamt mir mein Arbeitslosengeld komplett streichen, nur weil ich aus gesundheitlichen Gründen keiner Arbeit nachkommen kann?
Dies wurde mir heute vom Arbeitsamt gesagt. Ich habe sofort Einspruch erhoben und bin gespannt wie es weitergeht. Liege ich richtig oder liegt das Arbeitsamt richtig? Ich bin seit letztem Jahr im August arbeitslos und sollte laut der LVA meinen Beruf als Fernfahrer aufgeben.
Mfg Rechenberg Heiko
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Rechenberg,
wenn Sie tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ist die Bundesagentur für Arbeit nicht mehr der richtige Leistungsträger.
Richtiger Leistungsträger kann z. B. die Krankenkasse sein, wenn Sie erkrankt sind. Richtiger Leistungsträger kann auch die Rentenversicherung sein, wenn eine Erwerbsminderung vorliegt.
Nach Ihren Angaben „ich sollte laut der LVA meinen Beruf als Fernfahrer aufgeben“ scheint es fast so, als ob die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit bei Ihnen vorliegen. Eine Berufsunfähigkeit gibt es aber nicht mehr bzw. nur noch für die vor 1961 Geborenen, vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI.
Sind Sie noch in der Lage einer anderen Tätigkeit nachzugehen? Liegen evtl. die Voraussetzungen einer Erwerbsminderung und nicht nur einer Berufsunfähigkeit vor oder sind Sie jetzt „nur“ so erkrankt, dass die Krankenversicherung richtiger Leistungsträger ist?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt