Die Voraussetzungen für die Merkzeichen RF, Bl, B und Gl werden in § 3 Abs. 1 SchwbAwV definiert. Ergänzend konkretisieren die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 VersMedV) die medizinischen Kriterien und Folgen.
1. Merkzeichen Bl: blind
Das Merkzeichen „Bl“ wird eingetragen, wenn Blindheit i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 3 SchwbAwV vorliegt. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A Nr. 6) definieren Blindheit u. a. bei vollständigem Verlust des Augenlichts oder einer bestmöglichen Sehschärfe ≤ 0,02 (1/50) auf keinem Auge.
Folgen (Beispiele): Steuer-Pauschbetrag („Blindengeld-Pauschbetrag“), ggf. Landes-Blindengeld, Erleichterungen bei kommunalen Abgaben (z. B. Hundesteuer), Vergünstigungen im ÖPNV (teils über weitere Merkzeichen/Beiblätter).
- Bei Erhalt des Merkzeichens Bl wird ein jährlicher Pauschalbetrag in Höhe von derzeit 7.400 Euro pro Jahr vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, § 33 b Abs. 3 S. 3 EStG (Stand: 2025). Weiterhin können zum Beispiel bei der Hundesteuer Erleichterungen entstehen. Blindengeld kann gezahlt werden. Rundfunkgebühren, Telefongebühren etc. können ermäßigt werden.
- Die Höhe des monatlichen Blindengeldes (eine Sozialleistung) ist Ländersache und variiert stark je nach Bundesland (z. B. in NRW 913,19 Euro für Erwachsene unter 60 Jahren, Stand 01.07.2024, in Bayern 748 Euro, Stand 01.07.2024.
2. Merkzeichen Gl: gehörlos
„Gl“ wird eingetragen, wenn Gehörlosigkeit i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAwV gegeben ist. Nach VersMedV (Teil D, Abschnitt Hörstörungen) kommt „Gl“ auch bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit beiderseits mit schweren Sprachstörungen in Betracht.
Folgen (Beispiele): Nutzungsvorteile im ÖPNV (ggf. i. V. m. weiteren Merkzeichen/Beiblättern), Kommunikationshilfen nach SGB IX, steuerliche Erleichterungen über Pauschbeträge.
Auch das Merkzeichen Gl berechtigt zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es an den Voraussetzungen für das Merkzeichen G fehlt. Für Kosten einer Begleitperson bei Urlaubsreisen können Steuererleichterungen geltend gemacht werden.
3. Merkzeichen RF: Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
Auch für die Feststellung des Vorliegens des Merkzeichens RF ist das Versorgungsamt zuständig.
„RF“ wird vergeben, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen nach Landesrecht/Rundfunkbeitragsstaatsvertrag erfüllt sind; Eintragungsvoraussetzung regelt § 3 Abs. 1 Nr. 5 SchwbAwV. Die Prüfung erfolgt durch das Versorgungsamt – nicht durch den Beitragsservice.
Wichtig: Heute besteht in aller Regel eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrags (Sondertatbestand), keine vollständige Befreiung – Ausnahmefälle bleiben möglich (z. B. Sozialleistungsbezug mit Befreiungstatbestand). Zahlen bitte stets aktuell beim Beitragsservice prüfen.
4. Merkzeichen B: ständige Begleitung notwendig
„B“ wird eingetragen, wenn Schwerbehinderte (mit Voraussetzungen für „G“, „Gl“ oder „H“) im ÖPNV regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind (VersMedV, Teil D Nr. 2 b)).
Folgen: Kostenlose Mitnahme einer Begleitperson im ÖPNV (bei gültigem Beiblatt/Wertmarke bzw. landesrechtlichen Regelungen).
5. Häufige Fragen
Wer stellt die Merkzeichen fest?
Zuständig ist das Versorgungsamt/die zuständige Behörde im Rahmen des Verfahrens nach SGB IX (Feststellung GdB und Merkzeichen).
Brauche ich für „B“ automatisch auch „G“?
„B“ setzt in der Regel die Voraussetzungen für „G“, „Gl“ oder „H“ und einen ständigen Begleitbedarf im ÖPNV voraus (VersMedV Teil D Nr. 2 b)).
Gibt es mit „RF“ eine komplette Rundfunkbeitragsbefreiung?
Meist Ermäßigung (Sondertatbestand). Eine Befreiung ist regelmäßig nur bei zusätzlichen Befreiungstatbeständen (z. B. bestimmte Sozialleistungen) möglich. Zuständig: Beitragsservice (auf Antrag mit Nachweisen).
Welche Nachweise brauche ich?
Aktuelle fachärztliche Befunde, Hör-/Sehdiagnostik, Angaben zum Mobilitäts-/Begleitbedarf; für „RF“ zusätzlich die behördliche Feststellung und Nachweisdokumente für den Beitragsservice.
6. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Vertiefende Beiträge zu Merkzeichen, GdB und Nachteilsausgleichen:



advocatus says
Betr.: Eintragung des Merkzeichens „B“
Mit Abhilfebescheid des Sozialamtes vom 18.03.2019 wurde eine Behinderung meinerseits mit einem Grad von 100 festgestellt. Gleichzeitig wurden mir die Merkzeichen RF, G und Gl zuerkannt. Seither hat sich mein Gesundheitszustand insgesamt weiterhin verschlechtert.
Mit Bescheid vom 11.12.2020 wurde durch meine private Pflegeversicherung meinem Antrag auf Pflegeleistung entsprochen und mir der Pflegegrad 3 zuerkannt.
Da die Voraussetzungen für das Merkzeichen B gem. Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, Teil D, Nr. 2b durch die Zuerkennung der Merkzeichen G und Gl vorliegen, habe ich nunmehr beim zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Eintragung des Merkzeichens „B“ gestellt.
Das Sozialamt geht jedoch davon aus, dass ich einen Antrag auf Neufeststellung von Behinderung und des Grades der Behinderung nach § 152 SGB IX gestellt habe und ich nach Einholung der Befundsberichte von Ärzten, vom Krankenhaus und der Pflegekasse einen“ Bescheid über die Feststellung einer Behinderung , den Grad der Behinderung sowie die Voraussetzungen über eventuell vorliegende Merkzeichen“ erhalten werde.
Da diesbezüglich jedoch bereits entsprechende Feststellungen getroffen wurden müsste es doch möglich sein, über die Eintragung des Merkzeichens „B“ separat zu entscheiden. Oder?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Advocatus,
meine Antwort lautet: ja! Das Versorgungsamt soll doch lediglich feststellen, dass nunmehr auch die Voraussetzungen des Merkzeichens B vorliegen.
Warum sollte eine Neufestsetzung erforderlich werden?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Beckmann, Heinz says
Sehr geehrter Herr Nippel,
ich habe eine Frage für meinen schwerbehinderten Schwager. Er ist beiseitig beinamputiert. Der GdB beträgt 100 %. Die Widerspruchsstelle Münster hat im Widerspruchsverfahren das beantragte MZ RF abgelehnt. Eine Möglichkeit zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei noch gegeben. Der Mensch ist völlig hilflos. Wie soll er ohne Beine am öffentlichen Leben teilnehmen können. Wäre eine Klage erfolgreich? Danke für Ihre Beratung.
Mit freundlichen Grüßen Heinz Beckmann