Die Feststellung der „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO nach sich, berechtigt zur Nutzung von gesondert ausgewiesenen “Behindertenparkplätzen” und führt zur Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen. Weiterhin wird die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gewährt und die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr ermöglicht. Kraftfahrzeugkosten können als Sonderausgaben im gewissen Rahmen geltend gemacht werden.
Mit dem Merkzeichen aG müssen sich die Gerichte immer wieder beschäftigen. Das Merkzeichen aG wird nur bei sehr schwerwiegenden Gehbehinderungen gewährt. Allein ein Grad der Behinderung von 100 oder auch die Gewährung des Merkzeichens G (Gehbehindert) berechtigt nicht zur Nutzung des Behindertenparkplatzes. Insbesondere müssen sich die Gerichte immer wieder mit der Frage beschäftigen, aufgrund welcher Erkrankungen schwerbehinderte Menschen dem in der Anlage 2 Teil D zu 3. b) zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung ausdrücklich genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
In der Anlage zu § 2
der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008
Teil A: Allgemeine Grundsätze
1. Schädigungsfolgen
2. Grad der Schädigungsfolgen (GdS), Grad der Behinderung (GdB)…
(Link: www.gesetze-im-internet.de vom Bundesministerium der Justiz)Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 wird der Begriff der „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ unter Teil D zu 3. definiert:
3. Außergewöhnliche Gehbehinderung (Merkzeichen aG)
a) Für die Gewährung von Parkerleichterungen für schwer behinderte Menschen nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist die Frage zu beurteilen, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
b) Als schwer behinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
c) Die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung darf nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden. Bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen ist zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist. Dies gilt auch, wenn Gehbehinderte einen Rollstuhl benutzen: Es genügt nicht, dass ein solcher verordnet wurde; die Betroffenen müssen vielmehr ständig auf den Rollstuhl angewiesen sein, weil sie sich sonst nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen können. Als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, sind beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen.
Das Bundessozialgericht (BSG) führt zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einer „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ in einem www.sozialgerichtsbarkeit.deUrteil vom 29. März 2007 (B 9a SB 1/06 R) in den Gründen aus:
[18] Für die Gleichstellung ist bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 10. Dezember 2002 (B 9 SB 7/01 R; BSGE 90, 180 ff = SozR 3-3250 § 69 Nr 1) ausgeführt hat, lässt sich ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren. Weder der gesteigerte Energieaufwand noch eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke taugen grundsätzlich dazu. Denn die maßgeblichen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften stellen nicht darauf ab, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt. Der gleichzustellende Personenkreis beschränkt sich daher auf Schwerbehinderte, deren Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maß eingeschränkt ist und die sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen können wie die in Abschnitt II Nr 1 S. 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Vergleichsgruppen.
[19] Auch soweit die o. g. großen körperlichen Anstrengungen festzustellen sind, kann nicht allein – so wie es das LSG getan hat – auf eine gegriffene Größe wie die schmerzfrei zurückgelegte Wegstrecke abgestellt werden. Unabhängig von der Schwierigkeit, eine solche Wegstrecke objektiv, fehlerfrei und verwertbar festzustellen (vgl hierzu Gebauer, MedSach 1995, 53), ist die Tatsache, dass ein Betroffener nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ reichen jedoch nicht irgendwelche Erschöpfungszustände aus. Sie müssen in ihrer Intensität vielmehr gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sein, die Schwerbehinderte der in Abschnitt II Nr 1 S. 2 1. Halbsatz zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Gruppen erleiden. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes bzw – wie hier – der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u. a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Schwerbehinderte nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren – auch auf Großparkplätzen – mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar.
[20] Ob die danach erforderlichen großen körperlichen Anstrengungen beim Gehen vorliegen, ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, wie Befundberichte der behandelnden Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann. Gerade bei multimorbiden Schwerbehinderten wie dem Kläger liegt auf der Hand, dass allein das Abstellen auf ein starres Kriterium keine sachgerechte Beurteilung ermöglicht, weil es eine Gesamtschau aller relevanten Umstände eher verhindert. Gerade die Anwendung eines einzelnen starren Kriteriums birgt die Gefahr eines vom Beklagten besorgten Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
…
Allein das Abstellen auf „starre Kriterien“ ermöglicht eine sachgerechte Beurteilung also nicht (s. o. BSG II zu 1., insbesondere Rdnr. 20 am Ende). Es muss eine Gesamtschau aller relevanten Umstände erfolgen (s. o. BSG, Rdnr. 20).
Struppi says
Hallo, mit großer Aufmerksamkeit habe ich Ihre Stellungnahme hier gelesen und möchte mich mit einer drängenden Frage an Sie wenden.
Mir wurde bisher das Merkzeichen aG zuerkannt und dieses ist in einem neuen Bescheid widerufen worden.
Nun stellte ein Gutachter fest ich könne eine Wegstrecke von 20-30 Metern ohne Probleme auch ohne Unterarmstützen zurück legen.
Bei der Begutachtung habe ich unter Aufbietung all meiner körperlichen Kräfte, stärksten Schmerzen, starken Schwindelanfällen und stark anwachsender Übelkeit eine Wegstrecke von ca. 16 Metern, bei der ich mich auch noch mehrmals an einer Behandlungsliege, Wand und Tür abstützen musste zurück gelegt.
Im Täglichen Leben, bspw. bei einem unbegleiteten Supermarkteinkauf, könnte ich diese Strecke keinesfalls ohne fremde Hilfe überwinden.
Wenn mir daraufhin das das Merkzeichen aG genommen wird, ist meine Teilhabe am öffentlichen Leben noch weiter eingeschränkt…
Welche Möglichkeiten habe ich nun noch?
Ich bedanke mich schon jetzt für Ihre Stellungnahme!
LG
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Struppi,
ggf. müssen Sie gegen den Widerruf Widerspruch und Klage einlegen.
Grüße
Maus says
Hallo, ich habe Stellungnahme verfolgt, und möchte Ihnen ebenfalls eine Frage stellen. Seit meinem 12. Lebensjahr (jetzt 77 Jahre) habe ich eine offene chronische Osteomyelitis Oberschenkel rechts, durch die dauerhafte Entzündung und Fehlstellung dieser Gliedmaße, entstand natürlich eine schwere Arthrose li. Kniegelenk (inoperabel, Aufgrund der Dauerentzündung im Körper), ebenso eine Arthrose der Hüftgelenke. Ich habe bereits seit vielen jahren einen zuerkannten GdB von 60 Merkzeichen G, jedoch hat sich meine körperliche Lage und auch die Schmerzen erheblich verschlimmert, so dass ich einen Verschlimmerungsantrag stelle der das Merkzeichen aG einbinden sollte, dies wurde jedoch in abgelehnt. Ich kann mich nur wenige Meter ohne Hilfe bewegen, und nie ohne schwere Schmerzen in den Gliedmaßen. Ohne das Merkzeichen aG bekomme ich keine Parkerleichterung, was mich doch beim Aufsuchen von Ärzten und alltäglichen Dingen wie einkaufen massiv beeinträchtigt. Muss ich erst gar nicht mehr laufen können und dieses Merkzeichen zu erhalten?
mfg
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Maus,
so wie sich das bei Ihnen anhört, könnten und sollten Sie eventuell einen „Verschlimmerungsantrag“ stellen bzw. Sie können und sollten gegen einen abschlägigen Bescheid Widerspruch einlegen …
Lassen Sie doch das Versorgungsamt bzw. die zuständige Widerspruchsstelle entscheiden!
Grüße
Sönke Nippel
Böttinger Dieter says
diede 23.10.2013
Ich habe seit 2006 GdB G 50 nach immer wiederkehrenden Verschlechterungen kam ich stufenweise bis 2012 G 100 eine Chance auf aG habe ich laut Versorgungsamt nicht.
Meine Frage: Was für Vergünstigungen bringt mir G 100 gegenüber G 50 die 50% KFZ Steuer bekam
ich auch mit G 50 die anderen Vergünstigungen Steuer, Arbeitsplatz betreffen mich nicht da ich in Rente bin.
Habe ich sonst noch Vergünstigungen?
Herzl. Dank
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Böttinger,
schauen Sie sich doch einmal den Artikel „Zum Grad der Behinderung (GdB und GdS)“ an. Einige Vergünstigungen habe ich dort benannt.
Grüße
Andreas Budinsky says
Guten Tag Herr Nippel,
Ich habe bereits eine Schwerbehinderung von 100 Prozent anerkannt bekommen. Auch der Gehbehinderung ( G ) wurde zugestimmt.
Nun habe ich wegen Teilentfernung der Lunge und der dadurch entstandenen Einschränkungen einen Verschlimmerungsantrag gestellt. Dieses wurde abgelehnt.
Meine Lungenfunktion liegt bei ca. 50%. Etwa 40% meiner Lunge wurde wegen Metastasenbildung operativ entfernt. Außerdem habe ich noch weitere 21 Metastasen in den mir gebliebenen 60 % der Lunge. Sind die Voraussetzungen einer Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades somit erfüllt?
Ich würde mich auf die Beantwortung der Frage sehr freuen und Danke Ihnen bereits im Voraus für Ihre Mühen.
Grüße
Andreas Budinsky
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
in der Versorgungsmedizin-Verordnung bzw. der Anlage zu § 2 der VO wird unter B 8. bzw. B 8.3 ausgeführt:
Sie führen aus, dass „die Lungenfunktion bei ca. 50 % liegt“. Als medizinischem Laien scheint es für mich zunächst zweifelhaft, ob damit die Voraussetzung des „schweren Grades“ gemäß 8.3 „mehr als 2/3 niedriger als die Sollwerte“ vorliegt. Hierzu müsste ggf. ein medizinischer Sachverständiger Stellung nehmen.
Grüße
Sönke Nippel
Andreas Budinsky says
Hallo Herr Nippel,
recht herzlichen Dank für die Ausführungen.
Grüße
Andreas Budinsky
Sohn says
Guten Tag Herr Nippel,
ich komme einfach ohne Umschweife zu meiner mich sehr bewegenden Frage.
Das sie mit ihren Antworten viel positives bewirken und ich meinen Hut vor so viel Engagement ziehe versteht sich von selbst.
Es geht um meinen Vater, Jahrgang 1939, drei Herzinfarkte, zwei Schlaganfälle, Koma nach Herzstillstand und Oberschenkelamputiert.
Dazu kommt Schwerhörigkeit, eine Fehlsichtigkeit und der Fakt , dass er ohne Rollstuhl nicht in der Lage ist sich fortzubewegen.
Mit Gehhilfe(Gehbock) sind bis zu 10 Meter drin ohne Hilfe nicht ein Schritt.
Da mein Vater viel zu Untersuchungen gefahren werden muss,nicht jede Strecke ist mit einem Elektrorollstuhl zu meistern, da er auch nur in Begleitung unterwegs sein soll, wurde ein Antrag auf die Erweiterung aG gestellt (100% G, B ist bereits vorhanden).
Zu meinem Entsetzen wurde der Antrag mit der Begründung er könne ja Rollstuhl fahren, abgelehnt.
Ich bin ein wenig irritiert über das Maß an Fehleinschätzung Seitens des Versorgungsamtes.
Haben sie vielleicht einen Tipp wie ich vorgehen kann?
Habe ich die Möglichkeit dagegen anzugehen und wenn ja wie?
Wie stehen ihrer Erfahrung nach bei den von mir aufgelisteten Einschränkungen die Chancen eine aG Einstufung zu bekommen?
Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße von einem verzweifelten Sohn
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Sohn,
die Voraussetzungen zur Festsetzung des Merkzeichens aG sind gemäß den obigen Ausführungen sehr schwer zu erfüllen.
Ob bei Ihrem Vater die Festsetzung des Merkzeichens gerechtfertigt wäre, müsste genau geprüft werden. An Ihrer Stelle würde ich die Einschätzung des Versorgungsamtes mit dem Widerspruch angreifen und die Widerspruchsbehörde um Abhilfe bitten. In der Widerspruchsbegründung sollten Sie genau darlegen, warum Sie der Auffassung sind, dass die oben genannten Voraussetzungen für das Merkzeichen aG vorliegen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
yasmin says
Hallo Herr Nippel,
mein Mann ist seit 2001 schwerbehindert und hat einen Ausweis mit 90 GdB. Und die Merkzeichen B Und G.
Allerdings hat sich sein gesundheitlicher Zustand seit 2014 wesentlich verschlechtert. Sodass er zuerst Pflegestufe 1, und seit Juni 2014 Pflegestufe 3 mit Demenz hat.
Aufgrund dieser Verschlechterung habe ich für meinen Mann Verschlechterungs- und Höherstufungsantrag beim Versorgungsamt und mit dem Antrag auf Eintrag auf der Merkzeichen AG, H, und RF. gestellt. Allerdings wurde dies abgelehnt. Angeblich hätte keine Verschlechterung bei meinem Mann stattgefunden. Obwohl mein Mann in Pflegestufe 3 eingestuft ist und rund um die Uhr verpflegt wird. Was kann ich gegen diesen Bescheid tun? Hat er keinen Anspruch auf Höherstufung und auf die Merkzeichen aG, H, Und RF?
Vielen Dank. Lg
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Yasmin,
ohne Kenntnis des genauen Sachverhalts und des anzugreifenden Bescheides kann ich hier keine belastbare Antwort geben.
Sie können gegen den Bescheid gemäß der Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch einlegen und durch die Bezirksregierung (falls Sie in Nordrhein-Westfalen wohnen) den Bescheid prüfen lassen. Zur Begründung des Widerspruchs können Sie Ihre oben genannten Argumente vortragen. Wenn Sich der Gesundheitszustand Ihres Mannes deutlich verschlechtert hat, so sollte sich das eigentlich auch bei der Festsetzung des GdB niederschlagen. Ggf. können Sie sich in dem Widerspruchsverfahren auch vom Sozialverband oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Kathrin von der Heydt says
Guten Tag,
möchte einen anderen ASPEKT beisteuern, der oft genug verkannt wird.
Nach meiner Erfahrung ist die Merkzeichenbewilligung zuweilen reine WILLKÜR und hängt vom einzelnen Mitarbeiter ebenso wie dem Bundesland ab.
So kann man als multimorbider Patient in Hessen leichter ein „B“ oder „H“ oder sogar das „aG“ erlangen, als beispielsweise in Thüringen.
Das ist für mich der eigentliche SKANDAL und so auch nicht vom Recht gedeckt,
denn es widerspricht der Gleichbehandlung vor dem Gesetz und von Behörden.
Liegt man da einmal im Clinch mit seinem Versorgungsamt, wo man ja aufgrund seines Namens immer dem gleichen Mitarbeiter zugeordnet wird, hat man denkbar schlechte Karten, weil Fehlentscheidungen dieser nie geahndet werden.
Besagte Mitarbeiter meinen dann, ihr Faustrecht mit „jetzt erst recht nicht“ umsetzen zu müssen und niemand stört sie bei ihrem Tun.
Damit sie sich persönlich absichern und den Rücken freihalten, obwohl sie de facto bei entsprechender Konstellation und Diagnosesicherung (z.B. schon ein Schwerbehindertenausweis mit 100 % + G sowie Pflegestufe II vorhanden) ja „nach Aktenlage“ selbst entscheiden könnten und dürften, berufen sie sogenannte „externe Gutachter“.
Das ist deshalb so fies und menschenfeindlich, da diese ja vom Amt bezahlt werden und folglich auch allen dessen Interessen wahren und nicht die der Antragsteller.
So ein Gutachter ist oftmals aber gar nicht nötig, er kostet viel Zeit und noch mehr Geld. Hierfür sollten dann Versorgungsamtsbedienstete in Regress genommen werden können, denn hier werden ja quasi aus purer Bösartigkeit staatliche Gelder verschwendet.
Die Versorgungsamtsfreaks kennen sich aus und wissen aus Erfahrung, welcher ihrer optionalen Gutachter ihrem Sinne am nächsten käme, sprich: wer am härtesten „bescheide“.
So entstehen dann Irrungen & Wirrungen, die nicht oft bis zu Sozialgerichten führen, wo sehr oft dann die Patienten obsiegen.
Spätestens dann jedoch müsste man die VA-Mitarbeiter zur Verantwortung ziehen.
Was die östlichen Bundesländer anbelangt, sollte man wissen, dass vor ein paar Jahren erst die überörtlichen und regelrechten Versorgungsämter in die Landratsämter eingegliedert wurden. Dort herrschten dann nicht mehr sozial und gesundheitsmäßig vorgebildete Menschen, sondern die gleichen Leute, die zuvor über Sozialhilfe, Wohngeld, Grundsicherung und Hartz IV entschieden.
Genauso ist dann auch deren Grundauffassung, nämlich pure Verachtung, da jeder ANTRAGSTELLER in deren Augen nur ein Bittsteller wäre.
So erkläre zumindest ich mir das restriktive und teilweise menschenverachtende Verhalten ostdeutscher Versorgungsämter.
Zu guter Letzt sei noch gesagt: man muss sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Es wäre vernünftiger, statt in teure Rechtsstreits zu investieren, sich lieber einen anerkannten Gutachter oder einen namhaften Professor o.ä. für sein Leiden (z.B. Orthopädie) zu suchen und diesen um eine Art „Bescheinigung“ zu bitten, wenn man so will auch „Gefälligkeitsgutachten“ (why not?). Je nach Koryphäe und Aufwand zahlt man dann zwischen 100 und 500 Euro, aber so ein „Gutachten“ ist von den Ämtern kaum zu ignorieren, es kann Wunder bewirken,
Auch entfiele dann jedweder Grund für „externe Gutachter“, die ja zusätzliche Kosten bedeuten würden :-)
Einen Kampf mit einem VA bzw. dessen Mitarbeitern kann man eigentlich NIE gewinnen, sondern immer nur verlieren, denn die sitzen nun mal am längeren Hebel. Sie haben auch kein Problem damit, wenn man Anwälte und Sozialgerichte bemüht, was ja sowieso die allerwenigsten tun.
Mein Rat also wäre: entweder mal vorübergehend (auch nur formaljuristisch) den Wohnort wechseln und bei einem anderen VA neu beantragen oder aber sich eine solche „Urkunde“ über die eigenen Ressourcen zu leisten.
PRO SITERE :-)
Gruß
Kathrin v.d. Heydt
Kühr Peter says
Hallo Deutschland ?
Meine Frau hat 47 Jahre gearbeitet (Akkord) hat nun Osteoporose, Arthrose.
Sie kann ohne Hilfe (Stock, Rollator, Rollstuhl) max. 5 m gehen das ist den Deutschen Bürokraten aber egal weil diese nur nach Paragraphen handeln. Ein aG bekommt sie nicht weil sie ja noch 5 m laufen kann. Scheiß auf Lebensqualität. Sorry, ich spreche Deutsch, jeder der über keinen Bock zum Arbeiten hat kriegt alles in den Arsch geblasen nur die, die wirklich etwas benötigen werden gesteinigt.
Danke, Deutschland.
Hoch, Ingeborg says
Sehr geehrter Herr Nippel,
meine Kollegin, Röntgenassistentin, besitzt einen Ausweis mit 80% und aG + B (schwere Lungenkrankheit).
Welche „Unterstützung“ besteht aufgrund dieses GdB von 80% + Merkzeichen am Arbeitsplatz = Röntgenabteilung mit Gehen, Stehen, Sitzen, Einrichten der Geräte?
Es hilft ihr bisher keiner, obwohl eigener Personalrat mit Schwerbeh.-Abgeordneter.
Danke für eine Antwort.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Ingeborg,
meines Erachtens sollte jedenfalls das Integrationsamt beteiligt werden …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Hermann Hollmann says
Ich habe auch jetzt nach einer Fußamputation „aG “ zugesprochen bekommen, also 100 % Kennzeichen aG, vorher hatte ich 100 Kennzeichen „G“, mit welchem Pflegegrad ist das gleichzustellen? Wenn überhaupt …
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Hollmann,
das Schwerbehindertenrecht hat auf das Pflegerecht nur mittelbare Auswirkungen.
Die Feststellung eines Grades der Behinderung und/oder eines Merkzeichens hat daher auf die Feststellung der Pflegebedürftigkeit keine direkten Auswirkungen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Peter Kröll says
Hallo Herr Nippel
Ich habe schon seit einigen Jahren 60 Prozent Schwerbehinderung ohne Sonderzeichen. Durch eine Schmerzerkrankung und einer COPD.
Jetzt wurde bei mir noch zwei weitere Erkrankungen festgestellt – die sind Epilepsie und Parkinson. Habe am Linken Arm einen schweren Tremor und an der Rechten Hand einen Leichten. So wie das Gehen mir sehr schwerfällt und nur noch mit Gehhilfen gehen kann ca. 500 bis 700 ohne Pause. Jetzt hatte ich meinen Arzt gefragt ob es sich lohnen würde, einen Verschlimmerungsantrag zu stellen mit diversen Einträge! Er sagte mir das hätte keinen Sinn da momentan die Versorgungsämter eher einen runterstufen würden. Jetzt meine Frage an Sie – was meinen Sie was ich für Chancen haben könnte?
Ich bitte jetzt schon mal um Entschuldigung wegen Grammatik und Rechtschreibfehler, da ich momentan auf heftige Medikamente eingestellt werde und ich mit diversen Nebenwirkungen zu kämpfen habe.
Mit freundlichen Grüßen
Peter
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Kröll,
Ihr Arzt hat zwar nicht ganz unrecht, wenn er sinngemäß ausführt, die Versorgungsämter würden auf Verschlimmerungsanträge eher „reserviert reagieren“. Außerdem müsste Ihr Arzt eigentlich einschätzen können, ob sich Ihr jetziger Gesundheitszustand gegenüber Ihrem Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der zurückliegenden Antragstellung verschlechtert (oder sogar verbessert) hat.
Allerdings sollten Sie einen Verschlimmerungsantrag in Betracht ziehen, wenn Sie davon überzeugt sind, dass sich Ihre Beschwerden relevant verschlechtert haben. Auf berechtigte Anträge sollen die Versorgungsämter auch entsprechend reagieren.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt