§ 183 SGG – Kostenfreiheit des Verfahrens
- Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Menschen mit Behinderungen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
Heute gilt die Gerichtskostenfreiheit nur für Versicherte, Leistungsempfänger, behinderte Menschen und deren Sonderrechtsnachfolger, § 183 Satz 1 SGG.
- - Das Verfahren ist kostenfrei, wenn der Kläger oder der Beklagte in seiner Eigenschaft als Versicherter klagt oder verklagt wird.
Ein Arbeitnehmer, der sich gegen einen nach § 18 Kündigungsschutzgesetz ergangenen Verwaltungsakt der Bundesagentur wendet, ist nicht als Versicherter anzusehen. Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die sich gegen die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung wären. - - Unter den Begriff Leistungsempfänger fallen insbesondere die Bezieher von Renten, Krankengeld, Arbeitslosengeld, Überbrückungsgeld, Kurzarbeitergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Nicht unter die Sozialleistungen fallen hingegen Vergütungsansprüche des privaten Arbeitsvermittler aufgrund eines Vermittlung Gutscheines. Auch ein Arbeitgeber kann Leistungsempfänger sein, wenn er zum Beispiel die Gewährung von Eingliederungszuschüssen einklagt. - - Behinderte Menschen sind gemäß der Legaldefinition des § 2 Begriffsbestimmungen
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. ...
(2) ...
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen. - - § 183 Satz 4 SGG stellt klar, dass trotz Kostenfreiheit Kosten wegen Missbräuchlichkeit erhoben werden können. Darüber hinaus gilt dies auch für Kosten von Schriftsatzabschriften und insbesondere für Gutachten gemäß § 109 SGG
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ...
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 109 SGG.
- Für Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 SGB I ist das Verfahren ebenfalls kostenfrei.
Verschuldungskosten
Die Regelung des § 183 SGG gilt nicht für „Verschuldens-und Missbräuchlichkeitskosten“ im Sinne des § 192 – Verschuldungskosten
(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, ...
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 192 SGG. Danach können dem Beteiligten die Kosten auferlegt werden, die dadurch verursacht werden, dass durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist.
Verfahren von überlanger Dauer
Der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit ist für Verfahren wegen überlanger Dauer des Gerichtsverfahrens nach § 202 S. 2 SGG vom Gesetzgeber eingeschränkt worden, § 183 S. 6 SGG.
Ausnahmen von der Kostenpflicht gemäß § 197 a SGG
Darüber hinaus wurde im Jahr 2002 § 197 a – Kostenpflichtigkeit
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), ...
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 197 a SGG eingeführt, nach dem der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit nicht in Verfahren gilt, an denen Personen beteiligt sind, die eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes nicht bedürfen. § 197 a SGG regelt insbesondere bei Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander, zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern sowie in Vertragsarztverfahren eine Ausnahme von der Gebührenprivilegierung.
In den folgenden Beiträgen habe ich § 183 SGG angesprochen:
Gerichtskosten im Sozialrecht
Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens ... | Grundsatz: gerichtskostenfrei ... | Verschuldenskosten und Missbräuchlichkeitskosten ...
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Rechtsanwaltsgebühren im Sozialrecht
Berechnung der Gebühren im Sozialrecht nach dem RVG ... | I. vorgerichtliche Tätigkeit ... | II. gerichtliche Tätigkeit ... | III. besondere Verfahren ...
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