§ 183 SGG – Kostenfreiheit des Verfahrens
(2 Beiträge mit § 183 SGG – Kostenfreiheit des Verfahrens)
1. Gesetzestext (Stand: 30.09.2025)
- Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Menschen mit Behinderungen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
👉 Enthalten im SGG
2. Kommentierung
I. Entwicklung
Bis zum 2. Januar 2002 war das sozialgerichtliche Verfahren für natürliche wie auch juristische Personen grundsätzlich kostenfrei. Heute gilt die Kostenfreiheit nur noch für Versicherte, Leistungsempfänger, Menschen mit Behinderungen und deren Sonderrechtsnachfolger (§ 183 S. 1 SGG).
II. Begünstigter Personenkreis
– Versicherte: nur soweit sie in dieser Eigenschaft klagen oder verklagt werden.
– Leistungsempfänger: z. B. Renten, Krankengeld, Arbeitslosengeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, AsylbLG. Arbeitgeber können Leistungsempfänger sein, wenn sie etwa Eingliederungszuschüsse einklagen.
– Behinderte Menschen: Legaldefinition in § 2 SGB IX.
– Sonderrechtsnachfolger: § 56 SGB I.
III. Einschränkungen
– Kostenfreiheit gilt nicht schrankenlos. Schriftsatzabschriften oder Gutachten können kostenpflichtig sein, insbesondere bei § 109 SGG.
– Verschuldungs- und Missbrauchskosten nach § 192 SGG sind von der Kostenfreiheit ausgenommen.
– Verfahren wegen überlanger Dauer (§ 202 S. 2 SGG) sind kostenpflichtig.
IV. Ausnahmen (Kostenpflicht nach § 197a SGG)
Durch die Reform 2002 wurde § 197a SGG eingeführt: keine Kostenfreiheit in Verfahren ohne sozial schutzwürdige Beteiligte, z. B.
– Sozialleistungsträger untereinander,
– Träger gegen Arbeitgeber,
– Vertragsarztverfahren.
V. Rechtspolitische Bewertung
Die Kostenfreiheit soll sozial Schwache entlasten und ihnen effektiven Rechtsschutz sichern. Gleichzeitig verhindern §§ 192, 197a SGG Missbrauch und stellen sicher, dass wirtschaftlich leistungsfähige Beteiligte nicht in den Genuss der Gebührenprivilegierung gelangen.
3. Beitragsliste
In den folgenden Beiträgen habe ich § 183 SGG angesprochen – insbesondere zur Reichweite der Gerichtskostenfreiheit und zu ihren Ausnahmen:
Gerichtskosten im SozialrechtVerfahren vor dem Sozialgericht sind nach § 183 SGG in der Regel gerichtskostenfrei. Welche Ausnahmen es gibt (§ 192 SGG) und wann Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) anfallen.
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Rechtsanwaltsgebühren im SozialrechtBerechnung der Rechtsanwaltsgebühren im Sozialrecht nach RVG. Dieser Leitfaden erklärt Geschäftsgebühren, Verfahrensgebühren & Besonderheiten für Mandanten und Kollegen.
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