Unionsbürger ohne objektiv bestehendes materielles Aufenthaltsrecht können unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 6 Halbs. 2 SGB XII haben. Diese Leistungen dienen der kurzfristigen Sicherung des Lebensunterhalts, wenn reguläre Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sind. Voraussetzung ist, dass keine bestandskräftige Ausweisungsverfügung mit Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht.
Rechtslage nach § 23 SGB XII
Der Anspruch auf reguläre Sozialhilfeleistungen kann für Ausländer nach § 23 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen sein. Die Vorschrift unterscheidet mehrere Fallgruppen, in denen Leistungen nach dem SGB XII nicht gewährt werden:
- Erste drei Monate des Aufenthalts: Kein Anspruch nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XII.
- Aufenthalt zur Arbeitssuche: Kein Anspruch nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII, wenn das Aufenthaltsrecht allein auf der Arbeitssuche beruht. Dies entspricht dem Ausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II.
- Einreise zum Bezug von Sozialhilfe: Kein Anspruch nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB XII, wenn die Einreise mit dem Ziel der Sozialhilfebezugnahme erfolgte.
Nach Satz 3 und 6 des Absatzes 3 können in besonderen Härtefällen dennoch Überbrückungsleistungen erbracht werden. Diese sind in der Höhe geringer als die regulären Leistungen der Sozialhilfe und werden nur befristet – in der Regel bis zur Ausreise, längstens für einen Monat – gewährt.
Rechtsprechung und Praxis
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bejahte den Anspruch einer Unionsbürgerin auf Überbrückungsleistungen. Die Klägerin hatte kein Freizügigkeitsrecht und war daher von regulären Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen. Gleichwohl sprach ihr das Gericht die Mindestleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 und S. 6 SGB XII zu (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, 13. Juni 2018 – S 20 SO 78/18).
Der beklagte Landkreis legte Revision ein. Im Ergebnis schlossen die Parteien einen Vergleich. Der Senat deutete an, dass die Entscheidung maßgeblich davon abhänge, ob der Klägerin ein materielles Aufenthaltsrecht zustehe – ein Hinweis darauf, dass das BSG der Auffassung des LSG zur fehlenden Freizügigkeit wohl nicht folgen wollte BSG, 23. März 2021 – B 8 SO 7/19 R (Terminbericht).
Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Aufenthaltsrecht, Sozialhilfe und Leistungsausschlüssen:



Schreiben Sie einen Kommentar