Kurz erklärt: Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Menschen zu mindestens 5 % der Arbeitsplätze beschäftigen, § 154 SGB IX.
Wird diese Quote nicht erreicht, fällt eine Ausgleichsabgabe nach § 160 SGB IX an – deren Höhe von der Beschäftigungsquote abhängt. Wichtig für die Praxis: Welche Arbeitnehmer „mitzählen“, wer nicht, wie die Quote berechnet wird und welche Beträge gelten.
- 1. Rechtsgrundlage & Zweck der Ausgleichsabgabe
- 2. Beschäftigungspflicht & 5%-Quote
- 3. Welche Arbeitnehmer zählen? Wer nicht?
- 4. Höhe der Ausgleichsabgabe
- 5. Selbstveranlagung & Ausschlussfrist
- 6. Zweckbindung & Verteilung
- 7. Praxis: Häufige Fehler & Tipps
- 8. Häufige Fragen
- 9. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
1. Rechtsgrundlage & Zweck der Ausgleichsabgabe
Arbeitgeber mit mindestens mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen schwerbehinderte Menschen beschäftigen.
Erreichen sie die Quote nicht, ist nach § 160 SGB IX eine Ausgleichsabgabe zu zahlen.
Die Ausgleichsabgabe soll keinen „Strafcharakter“ haben, sondern dient der
Finanzierung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben.
2. Beschäftigungspflicht & 5%-Quote (§ 154 SGB IX)
- Mindestens 5 % der Arbeitsplätze müssen mit schwerbehinderten Menschen besetzt sein.
- Auch Gleichgestellte zählen mit.
- Die Quote wird als jahresdurchschnittliche Beschäftigungsquote berechnet.
3. Welche Arbeitnehmer zählen? Wer nicht?
Die folgenden Arbeitnehmer zählen zur Quote bzw. zählen nicht zur Quote:
Zählen zur Quote:
- Schwerbehinderte Menschen (GdB ≥ 50)
- Gleichgestellte nach § 2 Abs. 3 SGB IX
- Schwerbehinderte Auszubildende (werden teilweise mehrfach angerechnet)
- Schwerbehinderte Teilzeitkräfte (je nach Stundenanteil)
- Schwerbehinderte mit Telearbeit / Homeoffice
Zählen NICHT zur Quote:
- Mitarbeitende unter 18 Jahren
- Arbeitnehmer in Elternzeit (wenn Arbeitsverhältnis ruht)
- geringfügig Beschäftigte mit max. 18 Std./Woche (je nach Berechnung)
- freie Mitarbeitende / Werkvertragsnehmer
- Praktikanten ohne Arbeitsvertrag
- Leiharbeitnehmer, sofern nicht im Entleihbetrieb tätig
Die Frage, wer zur „Arbeitsplatzzahl“ gehört, ist entscheidend für die Pflichtquote und die Höhe der Abgabe.
4. Höhe der Ausgleichsabgabe (nach § 160 SGB IX)
Die Abgabe richtet sich nach der Beschäftigungsquote und beträgt für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz monatlich:
Erleichterungen für kleine Arbeitgeber (§ 160 Abs. 2 Nr. 1–2 SGB IX)
5. Selbstveranlagung & Ausschlussfrist
Arbeitgeber berechnen die Ausgleichsabgabe im Selbstveranlagungsverfahren und melden sie jährlich an die Bundesagentur für Arbeit, § 160 Abs. 4 SGB IX.
Nach Ablauf der Jahresfrist wird die Abgabe weder nachgefordert noch erstattet (§ 160 Abs. 4 S. 7 SGB IX).
→ Problemfall: verschwiegenen Schwerbehinderung.
6. Zweckbindung & Verteilung
- Strikte Zweckbindung für Teilhabeleistungen und begleitende Hilfe
nach § 185 SGB IX. - Verteilung zwischen
– Integrationsamt und
– Ausgleichsfonds des Bundes (§ 160 Abs. 6–7 SGB IX).
7. Praxis: Häufige Fehler & Tipps
- Schwerbehinderung wird nicht erfasst → Pflichtquote sinkt → Abgabe steigt.
- Falsche Zuordnung von Teilzeitkräften.
- Versäumen der Ausschlussfrist → keine Erstattung bei späterer Anerkennung.
- Keine Prüfung auf Anrechnungsvergünstigungen (z. B. Auszubildende).
- Fehler bei der Arbeitsplatzzählung (z. B. ruhende Arbeitsverhältnisse).
8. Häufige Fragen
Welche Arbeitnehmer zählen nicht für die Ausgleichsabgabe?
Nicht berücksichtigt werden u. a. Jugendliche unter 18 Jahren, ruhende Arbeitsverhältnisse, Werkvertragskräfte, Praktikanten ohne Vertrag und bestimmte geringfügig Beschäftigte.
Wie wird die Beschäftigungsquote berechnet?
Als jahresdurchschnittliche Quote: (schwerbehinderte Beschäftigte ÷ Gesamtarbeitsplätze) × 100.
Kann der Arbeitgeber sich rückwirkend Geld erstatten lassen?
Nein. Nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 160 Abs. 4 S. 7 SGB IX ist eine Erstattung ausgeschlossen.
Was passiert, wenn gar keine Anzeige abgegeben wird?
Das Integrationsamt kann eine Schätzung vornehmen und die Abgabe festsetzen.
Wer gilt als gleichgestellt?
Personen mit GdB 30 oder 40, für die die Agentur für Arbeit eine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX ausgesprochen hat.
9. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Vertiefende Beiträge zu Integrationsamt, Schwerbehindertenvertretung, BEM & Beteiligung:



Linda Volkery says
Kann ich bei einem Behinderungsgrad von 30% arbeitsrechtlich schon etwas geltend machen…( z.b. Arbeitszeit/ Pausenzeit, Stundenermäßigung?)
MfG
L. Volkery
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Volkery,
schauen Sie sich doch den Beitrag „Gleichstellung von Personen mit einem Grad der Behinderung von 30 und 40 gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX“ – dort müssten die für Sie relevanten Antworten zu finden sein.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt