Kurz erklärt: Seit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz (gültig seit 1. Januar 2020) müssen Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern in der Regel keinen Unterhalt mehr zahlen. Nur wenn das jährliche Gesamteinkommen über 100.000 Euro liegt, kommt eine Heranziehung noch in Betracht.
1. Grundsatz: Keine Unterhaltspflicht unter 100.000 Euro
Nach § 94 Abs. 1a SGB XII wird ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch der Eltern gegenüber ihren Kindern nicht mehr berücksichtigt, wenn das jährliche Gesamteinkommen des Kindes 100.000 Euro nicht übersteigt.
Konsequenz: Leistungen der Grundsicherung im Alter oder der Hilfe zur Pflege werden vollständig ohne Rückgriff auf die Kinder gewährt.
Für über 90 % aller Familien ist das Thema Elternunterhalt damit seit 2020 erledigt.
2. Ausnahmen: Wann kann das Kind trotzdem zahlen müssen?
Nur in wenigen Konstellationen prüft das Sozialamt noch eine Heranziehung:
- Gesamteinkommen des Kindes über 100.000 € jährlich
- neue Auskünfte über Einkommen → aber nur, wenn nachvollziehbare Gründe vorliegen
- zivilrechtliche Ansprüche neben dem Sozialrecht (selten)
Die früheren komplexen Berechnungen (Selbstbehalt, angemessene Altersvorsorge, Wohnvorteil usw.) spielen nur noch für Altfälle eine Rolle.
3. Schenkungen bleiben relevant (§§ 528, 529 BGB)
Obwohl der klassische Elternunterhalt praktisch abgeschafft wurde, spielen Schenkungsrückforderungen weiterhin eine große Rolle.
Denn das Sozialamt kann verschenktes Vermögen nach § 528 BGB zurückfordern, wenn der Schenker bedürftig wird. Ausschlussfrist: 10 Jahre (§ 529 Abs. 1 BGB).
Dies betrifft häufig:
- Hausübertragungen an Kinder
- kontinuierliche Geldgeschenke
- Schenkungen kurz vor Pflegebedürftigkeit
4. Alt-Fälle & Übergangssituationen
Für Fälle, die vor dem 1. Januar 2020 entstanden sind, gilt:
- Der Unterhaltszeitraum vor 2020 bleibt nach altem Recht zu prüfen.
- Bestehende Rückforderungen können weiterlaufen.
- Berechnungsfragen (Selbstbehalt, Altersvorsorge, Wohnvorteil) bleiben relevant.
Dafür existiert deine **archivierte Einführungsseite**, die die damalige Rechtslage vollständig dokumentiert.
5. Was bedeutet das für Betroffene heute?
- Kinder werden in 95 % der Fälle nicht mehr geprüft.
- Sozialämter dürfen Auskünfte nur in Ausnahmefällen anfordern.
- Schenkungen bleiben weiterhin ein wichtiges Risiko.
- Ehegattenunterhalt oder Familienunterhalt (§ 1360 BGB) kann bei Pflegebedürftigkeit des Partners relevant werden.
Fazit: Klassischer Elternunterhalt ist rechtlich weiter existent – praktisch aber weitgehend bedeutungslos.
6. Weiterführende Beiträge
Für Altfälle und Detailfragen:
- Familienunterhalt & Elternunterhalt – Einführung (Archivierte Rechtslage)
Archivierte Einführung zum Elternunterhalt. Erläuterung der alten Rechtslage bis 2019, inkl. Berechnung, Selbstbehalt, Altersvorsorge, Wohnvorteil und Schenkungen.
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