Kommt es zu unregelmäßigen Mietzahlungen durch das Jobcenter, kann der Vermieter das Mietverhältnis unter Umständen fristlos kündigen. Das gilt auch dann, wenn den Mieter selbst kein Verschulden trifft.
1. Rechtliche Grundlage
Nach § 543 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.
Ein wichtiger Grund liegt insbesondere bei wiederholt verspäteter Mietzahlung vor.
Die Frage, ob das Jobcenter als Erfüllungsgehilfe des Mieters im Sinne von § 278 BGB anzusehen ist, wurde durch den BGH verneint: Das Jobcenter handelt bei Mietzahlungen nicht im Pflichtenkreis des Mieters, sondern in eigener Verantwortung im Rahmen der Daseinsvorsorge. Maßgeblich ist die Entscheidung des BGH, 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15.
2. Das Urteil des BGH
Im BGH, 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15 entschied der Bundesgerichtshof:
- Eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahlt.
- Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB
kann auch – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters – allein in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen liegen, wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist.
3. Bedeutung für Bürgergeld-Empfänger
Die Entscheidung verdeutlicht allerdings auch, dass sich Mieter im Bürgergeldbezug nicht vollständig auf das Jobcenter verlassen dürfen. Selbst wenn die Miete vom Jobcenter direkt an den Vermieter überwiesen wird, kann eine verspätete Zahlung zu einem Kündigungsrisiko führen.
In der Praxis sollten Leistungsberechtigte:
- regelmäßig prüfen, ob das Jobcenter die Miete pünktlich überweist,
- den Vermieter frühzeitig über mögliche Verzögerungen informieren,
- bei wiederholten Problemen schriftlich auf die drohende Kündigungsgefahr hinweisen und ggf. Beratungshilfe oder anwaltlichen Rat einholen.
4. Häufige Fragen
Kann eine fristlose Kündigung erfolgen, obwohl das Jobcenter die Miete zahlt?
Ja. Nach dem BGH, 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15 ist entscheidend, ob objektiv eine Pflichtverletzung durch verspätete Zahlung vorliegt – nicht, wer die Zahlung ausführt.
Was können Betroffene tun, wenn das Jobcenter wiederholt zu spät zahlt?
Sie sollten das Jobcenter schriftlich auf die Gefahr einer Kündigung hinweisen und ggf. auf Direktzahlung an den Vermieter drängen (§ 22 Abs. 7 SGB II).
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu den Kosten der Unterkunft und zur Berechnung des Bürgergeldes sowie zu Amtshaftungsansprüchen:



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