Auch wenn Kinder nach dem 18. Geburtstag noch keine Ausbildung begonnen haben, kann weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Voraussetzung ist, dass sie sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu klare Anforderungen formuliert – etwa zur Meldung bei der Agentur für Arbeit und zur Pflicht, sich regelmäßig zu bewerben.
1. Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch
Für ein volljähriges Kind besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sich in Ausbildung befindet oder nachweislich um einen Ausbildungsplatz bemüht (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG).
2. Anforderungen nach dem BFH-Urteil
Nach dem BFH, 19.06.2008 – III R 66/05 genügt es in der Regel, wenn sich das Kind bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend meldet. Diese Meldung wirkt jedoch nur drei Monate fort – danach ist eine erneute Meldung erforderlich, sonst entfällt der Anspruch.
Die Meldung eines ausbildungssuchenden volljährigen Kindes bei der Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit dient regelmäßig als Nachweis ernsthafter Bemühungen. Die Meldung wirkt nur drei Monate fort; danach muss sich das Kind erneut melden.
3. Bewerbungen und Nachweispflichten
Ist das Kind nicht bei der Agentur für Arbeit gemeldet, müssen eigene Bewerbungen nachgewiesen werden. Eine bestimmte Zahl ist nicht vorgeschrieben, jedoch müssen Bewerbungen fortlaufend erfolgen. Nach spätestens drei Monaten sind Parallelbewerbungen erforderlich, wenn über bestehende Bewerbungen noch keine Entscheidung gefallen ist.
4. Meldung bei der Agentur für Arbeit
Nach § 38 Abs. 4 SGB III ist die Arbeitsvermittlung verpflichtet, Bewerber zu streichen, die sich länger als drei Monate nicht melden. Der Kindergeldanspruch entfällt dann ab dem Folgemonat – selbst wenn die Streichung nicht mitgeteilt wird. Um den Anspruch zu sichern, muss das Kind regelmäßig persönlich vorsprechen oder seine Ausbildungssuche online erneuern.
5. Häufige Fragen
- Wie lange gilt eine Meldung als ausbildungssuchend?
Drei Monate. Danach muss das Kind seine Meldung bei der Agentur für Arbeit erneuern. - Wie oft muss man sich bewerben?
Es gibt keine Mindestzahl, aber kontinuierliche Bewerbungen sind Pflicht. Nach drei Monaten ohne Rückmeldung sind Parallelbewerbungen nötig. - Wann entfällt der Kindergeldanspruch?
Wenn das Kind länger als drei Monate keine Meldung oder Bewerbungsnachweise vorlegt (§ 32 EStG i.V.m. § 38 SGB III).
6. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Kindergeld und Ausbildung:

Elliot says
Sehr geehrter Herr Nippel,
ich habe folgenden Sachverhalt und hierzu die Frage, ob meiner Tochter noch Kindergeld zustehen könnte:
Meine Tochter ist 24 Jahre alt, lebt von ihrem Ehemann getrennt und hat zwei Kinder im Alter von 27 und 9 Monaten.
Bis einschließlich Mai `21 hat sie fortwährend Kindergeld erhalten. Nach einem örtlichen Wechsel der Zuständigkeit hat die aktuelle Mitarbeiterin bei der Agentur für Arbeit meine Tochter nicht mehr als ausbildungsplatzsuchend eingestuft, sondern sie bis zum 3. Geburtstag des jüngsten Kindes als vr (vermittlungsruhend) geführt.
Meine Tochter will seit ihrer Jugend Krankenschwester werden und hat auch schon eine Ausbildungsstelle im Auge, die eine entsprechende (besondere) Ausbildung über 4 Jahre halbtags, also durchaus für Mütter geeignet, anbietet. Durch den erfolgreichen Abschluss der Klasse 11 im Jahr 2017 eines Berufschulgymnasiums der Fachrichtung Gesundheit und Pflege sollte sie grundsätzlich gute Chancen auf einen solchen Ausbildungsplatz haben.
Eine Bewerbung für den Ausbildungsbeginn (nur) zum Dezember 2021 ist zu Beginn diesen Jahres durch die Geburt des 2. Kindes unterblieben, da meine Tochter durch die 2 kleinen Kinder keine realistische Aussicht auf einen Ausbildungsbeginn in diesem Jahr gesehen hat und sie sich durch eine nur „pro-forma-Bewerbung“ nicht die Chancen auf einen vielleicht schon im kommenden Jahr realistischen Ausbildungsplatz verbauen wollte.
Die Unterlagen der Arbeitsagentur wurden der Familienkasse als Begründung zur Weitergewährung des Kindergeldes für ein zwar ausbildungswilliges, aber de facto aktuell durch die doppelte Mutterrolle nicht ausbildungsfähiges Kind, weitergeleitet. Die Familienkasse hat daraufhin die Weitergewährung des Kindergeldes abgelehnt, da aus ihrer Sicht eine Ausbildung nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt wird, was ja nicht der Fall ist.
Nach einer Recherche wurden wir auf das Urteil des Finanzgerichts Köln mit dem Az. 10 K 64/08 (Finanzgericht Köln, 10 K 64/08 (nrw.de) )aufmerksam, wo ein in Teilen ähnlicher Sachverhalt behandelt wurde und unter ccc (Rdnr. 31) festgestellt wurde, dass „junge Mütter … – auch zum Schutze des Kleinkindes – nicht mit einer kaum erfolgversprechenden Suche nach einem Ausbildungsplatz überfordert werden dürfen, wenn es hinreichende Anzeichen für eine Ausbildungswilligkeit vor der Zeit des Mutterschutzes und nach der Betreuungszeit gibt“.
Meine Tochter und ich wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns mit Ihrer Fachkompetenz Ihre Einschätzung bezüglich einer Weitergewährung des Kindergeldes mitteilen würden.
Falls Sie noch weitere Informationen benötigen sollten, stehe ich Ihnen natürlich gerne zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
„Elliot“
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Elliot,
… „auf die Schnelle“ kann ich hier zunächst nur antworten, dass meines Erachtens Sie bzw. Ihre Tochter nach meiner ersten Einschätzung einen Anspruch auf Erhalt von Kindergeld haben müssten, wenn die Tochter tatsächlich ausbildungsplatzsuchend ist (s. o. … der Kindergeldanspruch für ein ausbildungsplatzsuchendes 18- bis 24-jähriges Kind hängt u. a. davon ab, dass es sich um einen Ausbildungsplatz bemüht. …). Dies dürfte nach meiner Einschätzung insbesondere dann gelten, wenn Aussicht darauf besteht, dass Ihre Tochter einen angebotenen Ausbildungsplatz auch annimmt.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt