Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Beitrag aufgelistet in: Schwerbehindertenrecht (SG… - Einführung » 3. arbeitsrechtliche Bezüge

Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt

Beitrag vom 15.11.2016, aktualisiert am 19.11.2025

VG Wort – ZählpixelKurz erklärt: Bei Kündigungen schwerbehinderter oder gleichgestellter Beschäftigter ist die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes zwingend erforderlich, § 168 SGB IX.

Fehlt die Zustimmung, ist die Kündigung rechtswidrig.
ABER: Die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage muss je nach Fallkonstellation dennoch eingehalten werden – oder beginnt nach § 4 Satz 4 KSchG neu.

  • 1. Rechtlicher Ausgangspunkt (§ 168 SGB IX & § 4 KSchG)
  • 2. Fall 1: Arbeitgeber wusste von der Schwerbehinderung
  • 3. Fall 2: Arbeitgeber wusste NICHT von der Schwerbehinderung
  • 4. Fristbeginn nach § 4 Satz 4 KSchG
  • 5. Praxis: Wie muss der Arbeitnehmer reagieren?
  • 6. Häufige Fragen
  • 7. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen

1. Rechtlicher Ausgangspunkt (§ 168 SGB IX & § 4 KSchG)

Bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen ist die Kündigung des Arbeitgebers nur wirksam, wenn das Integrationsamt ihr vorher zugestimmt hat, § 168 SGB IX.

Fehlt diese Zustimmung, liegt ein besonderer Nichtigkeitsgrund vor.

Normalerweise muss nach § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden.

Wie diese Frist bei fehlender Zustimmung läuft, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft wusste.

Kernaussage:

Die 3-Wochen-Frist gilt nicht einheitlich, sondern hängt vom Kenntnisstand des Arbeitgebers ab.

2. Fall 1: Arbeitgeber wusste von der Schwerbehinderung

War dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bei Zugang der Kündigung bekannt, gilt:

  • ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist die Kündigung rechtswidrig
  • der Arbeitnehmer kann den Mangel bzw. die Unwirksamkeit jederzeit geltend machen – bis zur Grenze der Verwirkung
  • die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG gilt nicht automatisch

Denn: Der Arbeitgeber hätte zwingend die Zustimmung einholen müssen – hat er dies nicht getan, kann er daraus keinen Vorteil ziehen.

3. Fall 2: Arbeitgeber wusste NICHT von der Schwerbehinderung

War dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bei Kündigung nicht bekannt (und auch nicht erkennbar), gilt:

Achtung:

Der Arbeitnehmer muss innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG
entweder Kündigungsschutzklage erheben oder den Arbeitgeber über die Schwerbehinderung/Gleichstellung informieren.

Nur dann kann er sich später noch auf den Sonderkündigungsschutz berufen.

Folgen bei Versäumnis:

  • der Nichtigkeitsgrund „fehlende Zustimmung“ wird geheilt
  • § 4 Satz 4 KSchG greift nicht
  • die Kündigung gilt als wirksam (§ 7 KSchG)

Es reicht aus, dass in der Klageschrift auf die Schwerbehinderung hingewiesen wird – auch wenn die Schrift dem Arbeitgeber erst später zugestellt wird.

4. Fristbeginn nach § 4 Satz 4 KSchG

§ 4 Satz 4 KSchG regelt, wann die 3-Wochen-Frist neu beginnt:

Fristbeginn:

Die Klagefrist beginnt erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Integrationsamtes an den Arbeitnehmer.

Dies gilt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderung kannte und die Zustimmung hätte einholen müssen.

5. Praxis: Wie muss der Arbeitnehmer reagieren?

  • Situation A: Arbeitgeber wusste Bescheid
    → Kündigung ist rechtswidrig → Klagefrist beginnt erst mit der Entscheidung des Integrationsamtes.
  • Situation B: Arbeitgeber wusste nichts
    → Arbeitnehmer muss innerhalb von 3 Wochen
    – Klage einreichen oder
    – Arbeitgeber über Schwerbehinderung/Gleichstellung informieren.
  • Immer wichtig: Schwerbehindertenausweis, Gleichstellungsantrag, Reha-Bescheide etc. griffbereit halten.
Praktischer Tipp:

Selbst bei offensichtlicher Unwirksamkeit sollte immer innerhalb der 3-Wochen-Frist Klage erhoben werden – zur Sicherheit.

6. Häufige Fragen

Gilt die 3-Wochen-Frist bei fehlender Zustimmung des Integrationsamtes?

Ja – aber nur, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderung nicht kannte.

Ab wann beginnt die Klagefrist nach § 4 Satz 4 KSchG?

Erst ab der Bekanntgabe der Entscheidung des Integrationsamtes an den Arbeitnehmer.

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Frist versäumt?

Die Kündigung gilt als wirksam (§ 7 KSchG) – selbst wenn keine Zustimmung beantragt wurde.

Reicht es, den Arbeitgeber mündlich zu informieren?

Grundsätzlich ja, aber schriftlicher Nachweis ist dringend empfohlen.

Muss ich trotzdem Klage erheben, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist?

Ja. Bei Unsicherheiten immer innerhalb der Frist Klage einreichen.

7. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen

Vertiefende Beiträge zu Zustimmung des Integrationsamtes, Schwerbehindertenvertretung, BEM & Beteiligung:

  • Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt 1

    Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes? Fristen, Ablauf & Schutz nach § 168–174 SGB IX

    Kündigung schwerbehinderter Menschen: Wann ist die Zustimmung des Integrationsamtes nötig? Was gilt ohne Zustimmung? 3-Wochen-Frist nach § 4 KSchG, Dauer & Verfahren. | mehr

  • Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt 2

    Schwerbehindertenvertretung & Vertrauensperson: Aufgaben, Rechte & Pflichten nach § 178/179 SGB IX

    Was macht die Schwerbehindertenvertretung? Aufgaben, Rechte, Wahl, Pflichten der Vertrauensperson nach § 178 und § 179 SGB IX – einfach erklärt. | mehr

  • Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt 3

    Betriebliches Eingliederungsmanagement (§ 167 SGB IX) – Ablauf, Zustimmung, Folgen bei Kündigung

    Wann muss ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt werden? Voraussetzungen, Sechswochenzeitraum, Zustimmung des Arbeitnehmers und Folgen bei Kündigung – mit BAG-Urteilen 2006 und 2011. | mehr

  • Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt 4

    Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 167 SGB IX – BEM, Schadensersatz & Kündigung

    Was passiert, wenn ein Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) unterlässt? Rechtsprechung zu Schadensersatz, Kündigung und Beweislast nach § 167 SGB IX – mit Urteilen des BAG 2005, 2006 und 2011. | mehr

  • Klagefrist bei Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes – § 4 KSchG & § 168 SGB IX einfach erklärt 5

    Ausgleichsabgabe richtig berechnen: Wer zählt, Höhe, Pflichtquote (SGB IX einfach erklärt)

    Wie wird die Ausgleichsabgabe berechnet? Welche Arbeitnehmer zählen nicht? Pflichtquote, Beträge, Ausnahmen und Beispiele nach § 160 SGB IX verständlich erklärt. | mehr

Siehe auch:
§ 168 SGB IX · § 171 SGB IX · § 4 KSchG · § 7 KSchG.

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