Auszubildende und Studierende, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder dem SGB III haben, sind von Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld) grundsätzlich ausgeschlossen, § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II. Dieser Leistungsausschluss gilt jedoch nicht ausnahmslos: Insbesondere die in § 27 SGB II genannten Leistungen sowie bestimmte Ausnahmen nach § 7 Abs. 6 SGB II bleiben möglich.
Der Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II betrifft nur den ausbildungsbedingten Lebensunterhalt. Für bestimmte Mehrbedarfe, einmalige Bedarfe, Wohnkosten und die Angehörigen der Auszubildenden können weiterhin Leistungen nach dem SGB II gewährt werden.
- 1. Auszubildende und Studierende mit einem Anspruch auf Förderung
- 2. Leistungen nach § 27 SGB II (Mehrbedarfe und einmalige Bedarfe)
- 3. Angehörige des von den Leistungen ausgeschlossenen Auszubildenden
- 4. Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft (Wohnkostenzuschuss)
- 5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
1. Auszubildende und Studierende mit einem Anspruch dem Grunde nach auf Förderung
a) Auszubildende und Studierende mit einem Anspruch nach dem BAföG
Dem Grunde nach förderungsfähig sind insbesondere Ausbildungen an weiterführenden Schulen, Berufsfachschulen, Fach- und Fachoberschulen, Abendgymnasien sowie Hochschulen, vgl. § 2 Abs. 1 Nrn. 1–6 BAföG. Entscheidend ist die Förderungsfähigkeit dem Grunde nach, nicht die tatsächliche Zahlung von BAföG im Einzelfall.
Auch wenn BAföG wegen Einkommen oder Vermögen der Eltern nicht gezahlt wird, greift der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II.
Ausnahmen von diesem Ausschluss sieht § 7 Abs. 6 SGB II u. a. für folgende Fälle vor:
- bei den Eltern wohnende Auszubildende nach § 2 Abs. 1a BAföG,
- bestimmte Übergangszeiten (z. B. vor Beginn oder nach Ende einer Ausbildung),
- spezielle Konstellationen, in denen der Bedarf nicht vollständig über Ausbildungsförderung gedeckt ist.
b) Auszubildende mit einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III
Auch Auszubildende, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach den Vorschriften des SGB III haben (insbesondere § 60 SGB III ff.), sind grundsätzlich vom Bürgergeld ausgeschlossen, § 7 Abs. 5 SGB II.
Auch hier gilt: Maßgeblich ist, ob die Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist – nicht, ob tatsächlich Leistungen gezahlt werden. Ausnahmen zu Gunsten bei den Eltern lebender Auszubildender regelt § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II mit Verweis auf § 64 Abs. 1 SGB III.
c) Noch nicht entschiedene BAföG-/BAB-Anträge
Wurde BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe rechtzeitig beantragt, ist aber noch keine Entscheidung ergangen, kann ein Anspruch auf Bürgergeld nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II bestehen. Hintergrund ist, dass während der Prüfungsphase keine ungedeckte Lücke in der Existenzsicherung entstehen soll.
Bei offenen oder verzögerten Entscheidungen sollten Auszubildende frühzeitig einen Antrag auf Bürgergeld stellen und den BAföG-/BAB-Antrag nachweisen (z. B. Kopie des Antrags, Eingangsbestätigung). Damit lässt sich eine Leistungslücke vermeiden.
2. Leistungen nach § 27 SGB II (Mehrbedarfe und einmalige Bedarfe)
Der Leistungsausschluss soll nur den ausbildungsbedingten Grundbedarf betreffen. Bestimmte zusätzliche Bedarfe können auch bei nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden und Studierenden übernommen werden. Dies regelt § 27 Abs. 2 SGB II.
Hierzu gehören insbesondere:
- Mehrbedarf für Schwangere, § 21 Abs. 2 SGB II,
- Mehrbedarf für Alleinerziehende, § 21 Abs. 3 SGB II,
- Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, § 21 Abs. 5 SGB II,
- Bedarfe für Erstausstattungen (Schwangerschaft/Geburt, Wohnung, Kleidung), § 24 Abs. 3 SGB II.
Diese Bedarfe können als Zuschuss gewährt werden, obwohl der laufende Lebensunterhalt über BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld zu decken ist.
Auch bei ausgeschlossenem Auszubildendenstatus lohnt sich ein Blick auf § 27 SGB II: Mehrbedarfe und einmalige Bedarfe sind ausdrücklich weiterhin möglich.
3. Angehörige des von den Leistungen ausgeschlossenen Auszubildenden
Lebt der von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Auszubildende mit Angehörigen in einer Bedarfsgemeinschaft, können diese Angehörigen weiterhin Bürgergeld erhalten.
Bei der Einkommensberechnung sind insbesondere folgende Punkte zu beachten:
- Kinderbetreuungszuschlag nach § 14 Abs. 2 BAföG sowie Zuschläge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 13a BAföG sind regelmäßig zweckbestimmt und dürfen nicht als Einkommen der Angehörigen angerechnet werden.
- Leistungen für Ausbildungsmaterial und Fahrkosten sind ebenfalls zweckbestimmt und nach § 11a Abs. 3 SGB II in der Regel nicht zu berücksichtigen.
Bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens aus BAföG kann regelmäßig ein Pauschalabzug von ca. 20 % sachgerecht sein, weil die Ausbildungsförderung nicht nur den Lebensunterhalt, sondern auch ausbildungsbezogene Aufwendungen abdecken soll, vgl. § 11 Abs. 1 2. Alt. BAföG.
4. Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung (Wohnkostenzuschuss)
Auch wenn Auszubildende und Studierende dem Grunde nach vom Bürgergeld ausgeschlossen sind, kann ein Darlehen/Zuschuss zu den Wohnkosten in Betracht kommen. Rechtsgrundlage ist § 27 Abs. 3 S. 1 SGB II und § 27 Abs. 3 S. 2 SGB II.
Voraussetzungen sind insbesondere:
- die Person ist nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Bürgergeld ausgeschlossen,
- sie erhält BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld oder wäre dem Grunde nach förderfähig,
- die Wohnkosten sind angemessen (Maßstab: Unterkunftsbedarf nach dem SGB II),
- der Unterkunftsbedarf wird durch BAföG/BAB/Ausbildungsgeld nicht vollständig gedeckt.
Der Zuschuss bemisst sich nach der Differenz zwischen dem angemessenen Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem Wohnkostenanteil, der bereits in der Ausbildungsförderung enthalten ist.
Details zur Berechnung des Wohnkostenzuschusses, zu aktuellen BAföG-Wohnpauschalen und zu Beispielsfällen findest du im Beitrag „Der Wohnkostenzuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II“.
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Wohnkostenzuschuss & Kosten der Unterkunft beim Bürgergeld sowie Einkommen & Vermögen:
§ 7 Abs. 5 SGB II · § 7 Abs. 6 SGB II · § 27 SGB II · § 2 BAföG · § 11 BAföG · § 13 a BAföG · § 14 BAföG · § 10 BEEG.



Neferteri says
Hallo!
Ich habe zwei Kinder (22 J; 18J) und beide gehen seit 2017 ihrer Ausbildung nach. Mein Sohn (22J) bezieht BAB mit 425 € mtl und meine Tochter knapp 750 € mtl.
Nun habe ich durch Ablauf des Bewilligungszeitraumes einen Weiterbewilligungsantrag gestellt und eine vorläufige Bewilligung erhalten, die mich sprachlos macht.
Das Jobcenter berechnete alles ein und somit beziehen wir nicht einmal mehr als Bedarfsgemeinschaft die komplette Mietzahlung. Wir erhalten nicht mehr einen Cent für Lebensmittel ausgezahlt.
Da das Jobcenter der Meinung ist, das meine Tochter für mich und ihre beiden Brüder aufkommen muss!!
Meine Frage an Sie wäre wie folgt:
Kann das Jobcenter uns ohne jegliche Gewährleistung einfach hängen lassen und nicht mal mehr die komplette Miete übernehmen ????
Darf ich meine beiden Erwachsenen Kinder aus der Bedarfsgemeinschaft herausschreiben lassen und diese als Mitbewohner anmelden ?
Ich danke Ihnen recht herzlich
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Neferteri,
Sie sollten sich ggf. einen Beratungshilfeschein besorgen und sich von einem Kollegen (oder gerne auch von mir) beraten lassen.
Ohne Vorlage der jeweiligen Bescheide zum BAB vermag ich zunächst schon nicht zu beurteilen, inwiefern Ihre Kinder damit bereits schon Leistungen zum Regelbedarf bzw. zu den Kosten der Unterkunft erhalten.
Auch ohne Vorlage der Berechnungen des Jobcenters vermag ich keine belastbaren Angaben zu treffen. Erhalten Sie und Ihre Kinder tatsächlich nur Leistungen zu den Kosten der Unterkunft?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt