
Zentrale Begriffe im Recht der Grundsicherung sind das „Einkommen“ und das „Vermögen“.
Dies gilt sowohl für die Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß dem SGB II als auch für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß dem SGB XII. Zahlreiche Fragestellungen ranken sich um die Begriffe des „Einkommens“ und des „Vermögens“. Die maßgeblichen einschlägigen Regelungen sind in § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. …
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(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 11 Abs. 1 SGB II und § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen
(1) Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
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(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 12 SGB II für die Leistungen nach dem Hartz IV sowie § 82 Begriff des Einkommens
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 82 SGB XII und § 90 Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 90 SGB XII für die Sozialhilfe enthalten.
Die beiden Begriffe „Einkommen“ und „Vermögen“ werde ich in diesem Beitrag kurz skizzieren:
I. Einkommen
1. Der Einkommensbegriff
Nach den Legaldefinitionen des § 11 Abs. 1 SGB II und in gleicher Weise des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind unter dem Einkommen im existenzsicherungsrechtlichen Sinne alle „Einnahmen in Geld oder Geldeswert“ zu verstehen.
Zum Einkommen zählen vor allem Einnahmen aus einer unselbständigen sowie auch aus einer selbständigen Beschäftigung, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer betrieblichen Altersversorgung, Zahlungen aus einer Lebensversicherung oder aus einem Ehrenamt, Kindergeld, Zinseinnahmen etc.
Selbst Geldgeschenke von Verwandten oder Freunden sind grundsätzlich Einkommen, das anzurechnen ist.
Zum Einkommen gehören gegebenenfalls auch Sachleistungen.
Auch ein kostenloses Essen kann zum Einkommen gehören.
2. Die Berücksichtigung von Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zur Grundsicherung
Grundsätzlich wird Einkommen auf die Grundsicherung angerechnet.
Zum Einkommen zählen die gesamten Einnahmen. Leistungsmindernd und bedarfsdeckend zu berücksichtigen sind allerdings nicht alle Einnahmen. Bestimmte Einnahmen dürfen nicht angerechnet oder abgezogen werden. Der Bedarf des Hilfesuchenden und das zu berücksichtigende Einkommen werden miteinander verglichen. Ist das zu berücksichtigende Einkommen höher als der Bedarf, kann der Hilfesuchende seinen Lebensunterhalt selbst sichern. Eventuell besteht dann ein Anspruch auf Wohngeld.
In Ausnahmefällen ist es möglich, dass einmalig Leistungen der Grundsicherung gewährt werden, wenn das Einkommen nur geringfügig über dem monatlichen Bedarf liegt. Liegt das Einkommen hingegen niedriger als der Bedarf, besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf laufende Grundsicherung, wenn nicht eventuell verwertbares Vermögen vorhanden ist.
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Zur Berechnung des anrechnungsfreien Hinzuverdienstes beim Hartz IV
neben dem Freibetrag von 100,00 € wird ein Betrag in Höhe von 20 % des über 100,00 € liegenden Einkommens sowie eine Pauschale in Höhe von 30,00 € gewährt| mehr
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Zur Berechnung des anrechnungsfreien Hinzuverdienstes bei der Grundsicherung im Alter
30 vom Hundert des Einkommens bleiben unberücksichtigt – höchstens jedoch … | 1. selbständige Tätigkeit … | 2. zusätzliche Altervorsorge …| mehr
II. Vermögen
Unter Vermögen versteht man Geld oder geldwerte Güter. Der Vermögensbegriff wird in den Gesetzen allerdings nicht näher definiert.
Zum Vermögen im Sinne des SGB II und SGB XII gehören Bargeld, Guthaben auf Konten, ein Auto, Schmuckstücke, Gemälde, Antiquitäten, eine Wohnung oder ein Haus und andere wertvolle Dinge. Zum Vermögen gehören auch auf Geld gerichtete Forderungen, Aktien, Gesellschaftsanteile und persönliche Rechte wie Nießbrauch und Urheberrechte.
Viele Gegenstände zählen aber nicht als verwertbares Vermögen. Viele Vermögensgegenstände sind „geschütztes Vermögen“ (Schonvermögen“) hierzu gehören zum Beispiel der angemessene Hausrat, Familien- und Erbstücke, Gegenstände die der Hilfesuchende für die Arbeit benötigt, eine zusätzliche private Altersvorsorge und Vermögen, mit dem bald eine angemessene Wohnung oder ein Haus gekauft werden soll.
Einzelne Beiträge mit Fragestellungen zu den Begriffen „Einkommen“ und „Vermögen“ habe ich hier in dem Internetauftritt in den folgenden Archiven zu §§ 11 und 12 SGB II sowie den §§ 82 und 90 SGB XII und zu dem Stichwort „Schonvermögen“ abgelegt:
- zum Begriff des Einkommens im Sinne des § 11 SGB II (14 Beiträge)
- zum Begriff des Vermögens im Sinne des § 12 SGB II (9 Beiträge)
- zum Begriff des Einkommens im Sinne des § 82 SGB XII (6 Beiträge)
- zum Begriff des Vermögens im Sinne des § 90 SGB XII (8 Beiträge)
- zum Begriff „Schonvermögen“ (10 Beiträge)
Splitthoff meint
Der Begriff Einkommen ist nicht klar abgegrenzt. Pauschal heißt es vorliegend nur, das zum Einkommen auch das Kindergeld zählt.
Gem. § 82 SGB XII jedoch wird das Kindergeld beim Kind angerechnet.
Daher keine Verunsicherung: Ich beziehe Grundsicherung für Ältere SGB XII und meine Tochter hat keinerlei Leistungen beantragt. Ich jedoch erhalte das Kindergeld für meine Tochter. Wird das Kindergeld nun bei mir angerechnet oder nicht?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Herr Splitthoff,
so ganz verstehe ich die Frage bzw. die Konsequenzen der Frage nicht.
§ 82 Abs. 1 S. 2 SGB XII regelt allerdings:
Im Ergebnis ergibt sich so eine Anrechnung des Kindergeldes. Die Anrechnung von Einkommen wirkt dann im Ergebnis leistungsmindernd. Dies gilt jedenfalls, wenn eine Haushaltsgemeinschaft bestehen sollte.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Heinz Peter Zmuda meint
Guten Tag,
ich stehe vor folgendem Problem: Ich beziehe seit 2 Jahren Arbeitslosengeld II. Nun tauchte plötzlich eine Lebensversicherung auf, von der ich dachte sie vor 30 Jahren gekündigt zu haben, die zur Auszahlung bereit ist (ca. 4000,- Euro). Meine Frage ist jetzt handelt es sich um Vermögen da die Versicherung schon bestand als ich meinen Hartz 4 Antrag stellte oder gilt die Auszahlung als Einkommen?
Ich würde mich sehr freuen wenn diese Frage beantwortet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Zmuda
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Herr Zmuda,
nach meiner ersten rechtlichen Einschätzung war Ihre Lebensversicherung zum Zeitpunkt der Antragsstellung vor zwei Jahren als „Vermögen“ zu betrachten.
Durch die Auszahlung kann Vermögen nicht zu Einkommen werden.
Sollten Sie allerdings zum Zeitpunkt der Antragstellung über zu hohes Vermögen oberhalb der in § 12 SGB II benannten Freibeträge verfügt haben („grobe“ Berechnung des Freibetrages: Lebensalter x 150,00 €), so müssen Sie ggf. mit einem Erstattungsbescheid des Jobcenters rechnen.
Grüße
Sönke Nippel
U. Henze meint
Hallo,
meine Mutter könnte Grundsicherung im Alter beantragen, hat aber ein Bankguthaben (Sparbuch und Konto) in Höhe von 3.500 €. Zusätzlich besitzt sie eine Kapitalversicherung auf den Todesfall (4.000 €), die nur beim Tod meiner Mutter ausgezahlt wird.
Kann sie trotzdem Grundsicherung beantragen und bleibt die Kapitalversicherung bestehen um irgendwann zur Beerdigung genutzt zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
U. Henze
Robert Dauwe meint
hallo,
ich habe seit 2015, vor Antragstellung Hartz 4, einen zivilrechtlichen Anspruch für damals durch mich getätigte Anschaffungen an meinen ehemaligen Lebensgefährten. Sollten jetzt im Bezugszeitraum die Zahlungen aus diesem Anspruch erfolgen, wäre das Geld dann als Vermögen oder als Einkommen zu werten?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo,
… Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als „bereites Mittel“ zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 46/09 R, JURIS Rdnr. 15 – vergleichen Sie dazu auch den Artikel „Darlehen als zu berücksichtigende Einnahme„).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Anja Minhöfer meint
Guten Tag,
ich betreue einen jungen Mann, der in einer stationären Einrichtung lebt und Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII vonseiten des überörtlichen Leistungsträgers erhält (LWV Hessen). Nun wurde ihm mitgeteilt, dass er Erbe geworden ist. Die Erbschaft beläuft sich auf 2.222,22 Euro. Der Erbe ist am 22.12.2015 verstorben. Handelt es sich bei der Erbschaft um Vermögen oder Einkommen. Mein Betreuter hätte einen aktuellen Schonbetrag in Höhe von 5000,- Euro, Rücklagen sind nicht vorhanden. Der LWV möchte, dass mein Betreuter die gesamte Erbschaft als Einkommen einsetzt. Demnach würde ihm kein Schonbetrag verbleiben. Ist der Anspruch berechtigt?
Herzliche Grüße
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Frau Minhöfer,
evtl. hilft Ihnen zum besseren Verständnis der Artikel „Erbschaft – Einkommen oder Vermögen im Sinne des SGB II“ weiter.
Im Bereich der Sozialhilfe nach dem SGB II gilt Ähnliches. Auch hier sind Erbschaften Einkommen, wenn sie im Bedarfszeitraum anfallen. Sie müssen auf einen angemessenen Zeitraum aufgeteilt werden. Hierzu wird dann auf die DVO zu § 82 SGB VII verwiesen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Daniel Dirks meint
Hallo,
ich beziehe seit knapp zwei Jahren Sozialhilfe. Mein Vater ist vor knapp vier Jahren verstorben und hat mir unter anderem einen Investmentfond hinterlassen. Dieser war zum Zeitpunkt des Erbes nur knapp 1000 Euro wert und ist kürzlich auf knapp 5000 Euro gestiegen, womit ich niemals gerechnet hätte. Bevor sein Wert möglicherweise wieder fällt, möchte ich ihn mir auszahlen lassen. Wird dies dann als Vermögen oder Einkommen gewertet? Geerbt habe ich den Fond ja lange Zeit VOR meiner Antragsstellung. (Als Inhaber des Fonds wird nach wie vor mein Vater geführt.)
Mit freundlichen Grüßen
Daniel
Tenore meint
Hallo, eine kurze Frage…. Ich arbeite in teilzeit und bekomme eine Aufstockung von dem jobcenter, jetzt zu meiner Frage : da der Job sonn/und feiertags Zuschläge beinhaltet in wie weit darf das jobcenter diese Zuschläge anrechnen Oder mit berechnen???
Liebe Grüße riccarda tenore
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Frau Tenore,
soweit ich informiert bin, wird Einkommen leistungsmindernd bei der Berechnung Ihres Anspruches berücksichtigt. Aus welchen Bestandteilen sich das Einkommen zusammensetzt, ist meines Erachtens unbeachtlich. Sonderregelungen für Feiertagszuschläge sind mir nicht bekannt.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Christine zu Klampen meint
Guten Tag, Herr Nippel,
1) Ihre Internetseite finde ich supergut! Inhaltlich aufschlussreich und auch der Aufbau ist logisch und übersichtlich. Danke!
2) Erinnere ich richtig?: Bezahlung für Ehrenamt wird auf die Grundsicherung angerechnet?
Wenn ja, dann gibt es wohl eine Neuerung. Folgen Sie doch mal dem nachfolgenden Link:
Link:
Freundliche Grüße von Christine zu Klampen, Laatzen
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Frau zu Klampen,
ja, danke für den Hinweis! Besprochen habe ich dieses Thema u. a. in dem Beitrag
Der erhöhte Grundfreibetrag bei ehrenamtlich Tätigen und im Ferienjob
Grüße
Sönke Nippel
REchtsanwalt
Pasche meint
Hallo,
ich ziehe zum 15.6.19 von Uelzen nach HH und benötige dort wie auch in Uelzen ergänzende Sozialhilfe (beziehe vorgezogene Altersrente für Schwerbehinderte).
Ende August werde ich für meine alte Whg. die Kaution zurück bekommen, die ich 2012 als Darlehen vom Jobcenter bekam und 17 Monate Monat für Monat mit 30 € von meinem Regelsatz abzahlte ….. seitdem ist es also mein Geld und gür mich insofern Vermögen. Das Sozialamt in HH ist der Meinung, es wäre bei der Auszahlung Einkommen und mir somit voll anzurechnen.
Es kann doch nicht sein, dass ich das Kautions-Darlehen müsehlig vom Regelsatz abzahle und mir die Kaution nun auch noch sozusagen weggenommen wird …. bitte helfen Sie mir!
Mit freundlichen Grüßen
Ch. Pasche
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo,
zu dem von Ihnen angesprochenen Thema gibt es – soweit ich mich erinnere – Urteile.
Die Kaution ist Vermögen. Die Rückzahlung der Kaution ist Vermögensumwandlung.
Sollte allerdings Ihr Vermögen (Barvermögen und sonstiges Vermögen zuzüglich der Kaution) über den Schongrenzen (für Sie wahrscheinlich 5.000 €) liegen, dann müssen Sie Ihr Vermögen auch einsetzen, bevor Sie Leistungen erhalten.
Das Sozialamt HH dürfte also falsch liegen, solange Sie kein Vermögen über 5.000 € haben.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt