Nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII können Vermögenswerte aus einem Bestattungsvorsorgevertrag als Schonvermögen gelten, wenn deren Verwertung eine unzumutbare Härte wäre.
Dies hat das BSG 18.03.2008 – B 8/9b SO 9/06 ausdrücklich bestätigt.
1. Härtefallregelung nach § 90 Abs. 3 SGB XII
Nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, wenn dies für die betroffene Person eine Härte bedeuten würde.
Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag kann deshalb als Schonvermögen geschützt sein, wenn es eindeutig und dauerhaft für Bestattung und Grabpflege bestimmt ist.
Die Schutzwirkung ist besonders stark, wenn der Vertrag eine unwiderrufliche Zweckbindung enthält (keine freie Auszahlung, keine anderweitige Verwendung) und die Mittel ausschließlich Bestattung/Grabpflege vorbehalten sind. Ergänzend kann § 74 SGB XII (Übernahme der Bestattungskosten) zu berücksichtigen sein.
2. Rechtsprechung zur Bestattungsvorsorge
Die Rechtsprechung erkennt den Schutz von zweckgebundenen Vorsorgeverträgen an.
Zentral ist das BSG 18.03.2008 – B 8/9b SO 9/06, das Vermögen aus Bestattungsvorsorgeverträgen als Schonvermögen nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII einordnet.
Bereits zuvor hatte das BVerwG den Vorsorgewillen für Bestattung und Grabpflege betont (vgl. BVerwG, 11. Dezember 2003 – 5 C 84/02).
[22] Insoweit hat bereits das BVerwG (Urteil vom 11. Dezember 2003 – 5 C 84.02 -, FEVS 56, 302 ff) dem Wunsch des Menschen, für die Zeit nach seinem Tod durch eine angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen, Rechnung getragen und Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowohl für eine angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelungen angesehen. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Für sie spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB XII sowie mit der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei (BT-Drucks 16/239, Art 3 Nr 4, S 10, 15 und 17).
3. Abgrenzung zur Todesfallversicherung
Nach dem SG Düsseldorf 17.04.2013 – S 17 SO 466/20 sind nur reine Sterbegeldversicherungen (bzw. Bestattungsvorsorge mit gesicherter Zweckbindung) als Schonvermögen geschützt.
Todesfallversicherungen sind regelmäßig kapitalbildende Lebensversicherungen und daher als Vermögen zu verwerten.
- Geschützt: Reine Sterbe-/Bestattungsvorsorge mit vertraglicher Zweckbindung, keine freie Verfügung zu Lebzeiten.
- Nicht geschützt: Kapitalbildende Todesfallversicherung mit Rückkaufswert und ohne eindeutige Bindung an Bestattung/Grabpflege.
Entscheidend ist, dass eine andere Zweckverwendung ausgeschlossen oder zumindest wesentlich erschwert ist. Fehlt diese Sicherung, liegt regelmäßig verwertbares Vermögen vor.
Als Schonvermögen wird die Bestattungsvorsorge vor allem dann anerkannt, wenn gegenüber dem Vertragspartner eine unwiderrufliche Zweckbindung für Bestattung und Grabpflege vereinbart wurde.
4. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Sterbegeldversicherung & Bestattungskosten, Schonvermögen und Berechnung des Bürgergeldes:



Sandra Kaiser says
Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Es ist gut zu wissen dass die Bestattungsvorsorge im Schonvermögen geschützt ist. So kann man auch besser vorsorgen.
Sonni says
Hallo,
ein Bekannter bekommt eine Erwerbsminderungsrente und aufstockende Grundsicherung. Er bekam aus 2020 voriges Jahr die zu viel gezahlten Betriebskosten vom Vermieter zurückerstattet. Die Summe wurde dem Sozialamt so gemeldet, das Amt forderte sie erst jetzt ein. Auf Grund der ganzen Teuerung hat er diesen Betrag mit verwendet für den Lebensunterhalt, er ist praktisch mittellos und hat keine Reserven. Jetzt fordert das Sozialamt die Summe ein mit 7 Raten a 50 Euro und die erste Rate soll bereits im Januar 2023 von seiner Grundsicherung abgehen.
Kann man hier einen Antrag auf Zurückstellung der Gesamtsumme stellen bzw. werden Raten mit nur 10 Euro akzeptiert?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
die Frage sollte eigentlich durch den Beitrag Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen des Sozialamtes beantwortet werden.
Im Ergebnis könnte das Sozialamt eine Aufrechnungsentscheidung gemäß § 44 b SGB XII treffen, die beinhaltet, dass 5 % des Regelbedarfes aufgerechnet werden können – bis Ende 2022 also 22,50 €, ab 2023 25,00 €.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Angelika Oberle says
Hallo,
ich habe gerade Ihre Beiträge bezüglich Schonvermögen und Vorsorgeaufwendungen für den Todesfall gelesen. Ich habe eine konkrete Frage dazu: Mein Bruder war Sozialhilfeempfänger und ist vor kurzem verstorben. Er war ledig und hatte keine Kinder. Meine Mutter ( 93 Jahre, im Pflegeheim) bezieht auch Sozialleistungen.
Alle Geschwister, die Mutter und Kinder der Geschwister lehnen das Erbe ab. Mutter hat mittlerweile wieder 1500 Euro gespart. Muss sie diesen Betrag oder die Geschwister einen Betrag für die Beerdigungskosten aufwenden? Mutter hat vor dem Einzug ins Heim ihre Bestattung geregelt und bereits bezahlt (Urnenbestattung Friedwald – Familienbaum mit 9 Urnenplätzen- Kosten: ca. 8500 Euro).
Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Oberle
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
schauen Sie sich doch einmal den Beitrag Kostentragungspflicht für eine Bestattung an.
Meines Erachtens kann Ihre Mutter gemäß § 74 SGB XII die erforderlichen Kosten einer Bestattung beantragen.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt