Die im Rahmen eines angesparten Bestattungsvorsorgevertrages angesparten Leistungen des Versicherten können nach § 90 Einzusetzendes Vermögen
…
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung sein. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde (vgl. Ausführungen des www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG in einem Urteil vom 18. März 2008 (B 8/9b SO 9/06):
[22] Insoweit hat bereits das BVerwG (Urteil vom 11. Dezember 2003 – 5 C 84.02 -, FEVS 56, 302 ff) dem Wunsch des Menschen, für die Zeit nach seinem Tod durch eine angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen, Rechnung getragen und Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowohl für eine angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelungen angesehen. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Für sie spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB XII sowie mit der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei (BT-Drucks 16/239, Art 3 Nr 4, S 10, 15 und 17).
Die Aufforderung des Sozialamtes, die Bestattungsvorsorge aufzulösen, kann sich also gemäß dem oben Ausgeführten als rechtswidrig darstellen.
Das SG Düsseldorf trifft zur Abgrenzung einer „Todesfallversicherung“ von einer „Sterbeversicherung“ in einem Urteil vom 17. April 2013 interessante Ausführungen www.sozialgerichtsbarkeit.de(S 17 SO 466/20). „Reine Sterbeversicherungen“ sind ggf. als geschütztes Vermögen im Sinne der Härtefallregelung anzusehen, „einfache“ Todesfallversicherungen sind hingegen als kapitalbildende Lebensversicherungen anzusehen, die als Vermögen zu verwerten sind:
…
Die Todesfallversicherung ist auch nicht über § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII von der Verwertung ausgeschlossen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dabei ist zum einen auf die Leitvorstellungen des Gesetzes für die Verschonungen zurückzugreifen, zum anderen sind auch Wertungen aus anderen Bestimmungen des SGB XII zu berücksichtigten. Es ist nämlich Sinn und Zweck des § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII, als Härtevorschrift für andere als die in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgeführten Verschonungsfälle zu dienen. In Ansehung dessen ist dem Wunsch der Menschen, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, in der Form Rechnung zu tragen, dass ihnen die Mittel für eine angemessene Bestattung und Grabpflege erhalten bleiben, die sie zu diesem Zweck zurückgelegt haben (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.03.2008 B 8/9 b SO 9/06 R, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.12.2003, 5 C 84/02). Hierfür spricht neben der Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines menschenwürdigendes Leben zu würdigen, nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB XII sowie der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sicher gestellt sei (vgl. BT-Drucksache 16/239, Art. 3 Nr. 4 S. 10, 15 und 17, Bundessozialgericht a.a.O.).
In Anwendung dieser Maßstäbe sind jedoch nur die reinen Sterbeversicherungen geschütztes Vermögen (ebenso LSG NRW, Urteil vom 19.03.2009, L 9 SO 5/07). Denn als Mindestvoraussetzung für die Bestattungsvorsorge, die durch Versicherungsverträge gewährleistet wird, ist zu verlangen, dass vertragliche Dispositionen getroffen worden sind, die sicherstellen, dass eine andere Zweckverwendung des Vermögens ausgeschlossen oder zumindest wesentliche erschwert ist (ebenso LSG NRW a.a.O.). Dies ist jedoch bei der Todesfallversicherung nicht der Fall, denn diese Versicherung ist letztlich von ihrem vertraglichen Zuschnitt her eine kapitalbildende Lebensversicherung, der eine besondere Zweckbestimmung in Richtung auf Bestattung und/oder Grabpflege nicht innewohnt (ebenso LSG NRW a.a.O.). Während nämlich bei reinen Sterbegeldversicherungen, auch wenn insoweit ebenfalls eine vorzeitige Kündigung und die Entgegennahme des Rückkaufwertes möglich ist, die auf die Zeit nach dem Tod gerichtete Zweckrichtung daraus hervorgeht, dass eine Fälligkeit zu Lebzeiten des Hilfebedürftigen bzw. seiner Ehefrau nicht eintreten kann, ist dies bei einer Todesfallversicherung gerade nicht mit der gebotenen Deutlichkeit erkennbar. Es ist in dem streitigen Zeitraum keineswegs ausgeschlossen gewesen, dass der Hilfebedürftige bzw. seine Ehefrau nach Eintreten der Fälligkeit der Todesfallversicherung die Versicherungssumme mangels bestehender Zweckbindung anderweitig zur Bestreitung seines bzw. ihres Lebensunterhalts verwendete. Im Ergebnis ist die Todesfallversicherung lediglich eine Variante der kapitalbildenden Lebensversicherung, die jedoch nicht die Notwendigkeit einer von der sonstigen Kapitallebensversicherung abweichenden rechtlichen Behandlung mit sich bringt (ebenso LSG NRW a.a.O.). Die den entsprechenden Verträgen von den Versicherungsnehmern möglicherweise subjektiv beigemessene Bestimmung zur Bestattungs- und Grabpflegevorsorge ist bei einer Todesfallversicherung nicht zu objektivieren (vgl. LSG NRW a.a.O.).
…
________________________
p. s.: bitte beachten Sie, dass das in einem Bestattungsvorsorgevertrag angesparte Vermögen noch eher als Schonvermögen anzusehen ist, wenn es gegenüber der Versicherung unwiderruflich von der vorherigen Verwertung ausgeschlossen wurde
Sandra Kaiser meint
Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Es ist gut zu wissen dass die Bestattungsvorsorge im Schonvermögen geschützt ist. So kann man auch besser vorsorgen.
Sonni meint
Hallo,
ein Bekannter bekommt eine Erwerbsminderungsrente und aufstockende Grundsicherung. Er bekam aus 2020 voriges Jahr die zu viel gezahlten Betriebskosten vom Vermieter zurückerstattet. Die Summe wurde dem Sozialamt so gemeldet, das Amt forderte sie erst jetzt ein. Auf Grund der ganzen Teuerung hat er diesen Betrag mit verwendet für den Lebensunterhalt, er ist praktisch mittellos und hat keine Reserven. Jetzt fordert das Sozialamt die Summe ein mit 7 Raten a 50 Euro und die erste Rate soll bereits im Januar 2023 von seiner Grundsicherung abgehen.
Kann man hier einen Antrag auf Zurückstellung der Gesamtsumme stellen bzw. werden Raten mit nur 10 Euro akzeptiert?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo,
die Frage sollte eigentlich durch den Beitrag Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen des Sozialamtes beantwortet werden.
Im Ergebnis könnte das Sozialamt eine Aufrechnungsentscheidung gemäß § 44 b SGB XII treffen, die beinhaltet, dass 5 % des Regelbedarfes aufgerechnet werden können – bis Ende 2022 also 22,50 €, ab 2023 25,00 €.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt