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von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Beschränkung der Minderjährigenhaftung

18.02.2019, aktualisiert am 18.11.2021

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VG Wort - ZählpixelErstattungsansprüchen des Jobcenters (und auch anderer Leistungsträger) kann eine Beschränkung der Minderjährigenhaftung gemäß § 1629a Beschränkung der Minderjährigenhaftung
 
(1) Die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht oder sonstige vertretungsberechtigte Personen…
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 1629 a BGB
entgegenstehen. Gemäß § 1629 a BGB haftet der „Volljähriggewordene“ für Verbindlichkeiten nur mit dem Vermögen, das zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit vorhanden ist.

Ist die Beschränkung der Minderjährigenhaftung auch beim Hartz 4 anwendbar?

§ 1629 a BGB ist auch im Rahmen der Rückforderung/Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II entsprechend anwendbar (vgl. Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.juris.bundessozialgericht.deBundessozialgericht vom 7. Juli 2011, B 14 AS 153/10R):

Urteil des BSG vom 7. Juli 2011, B 14 AS 153/10, Rdnrn. 41, 45, 49

[41] 1. Dem Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Revisionsklägerin gemäß § 50 Abs 1 S. 1 SGB X kann die Beschränkung der Minderjährigenhaftung entgegenstehen.
…

[45] 2. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann diese entsprechende Geltung der Haftungsbeschränkung gemäß § 1629 a BGB nicht erst im Verwaltungsvollstreckungsverfahren Anwendung finden. …
…

[49] 3. Der Haftungsbeschränkung der Klägerin steht vorliegend nicht entgegen, dass die Haftungsbeschränkung nicht für Rechtsgeschäfte aus der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse gilt (§ 1629 a Abs 2 Alt 2 BGB). Denn diese Regelung zielt entsprechend dem Begriff „persönliche Bedürfnisse“ nicht auf das durch das SGB II abgedeckte Existenzminimum, sondern auf Kleingeschäfte des täglichen Lebens seitens des Minderjährigen oder größere altersgerechte Anschaffungen wie ein Fahrrad oder einen Computer ab.

Die durch das Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz 1998 in Kraft getretene Vorschrift begrenzt die Auswirkungen der Vertretungsmacht der Sorgeberechtigten in der Weise, dass ein Volljähriger für Verpflichtungen aus Geschäften, die während seiner Minderjährigkeit eingegangen wurden, nur mit dem beim Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögen haftet.

Tipp:

Der Volljährige kann die Haftung für von seinen Eltern verantwortete Verbindlichkeiten auf das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen beschränken, indem er die Einrede gemäß § 1629 a Abs. 1 S. 2 BGB erhebt, sich also auf die Haftungsbeschränkung für Minderjährige beruft.

Die Haftungsbeschränkung muss durch Einrede im Verfahren geltend gemacht werden. Wenn feststeht, dass zum Zeitpunkt der Volljährigkeit kein vollstreckbares Vermögen vorliegt, hat die Geltendmachung der Einrede Aussicht auf Erfolg.

Auf welchen Zeitpunkt ist für die Frage, in welcher Höhe Vermögen vorliegt, abzustellen?

In einer weiteren Entscheidung vom 28. November 2018 nahm das Bundessozialgericht zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines noch nicht bestandskräftigen Erstattungsbescheides im Hinblick auf die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629 a BGB Stellung (Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.sozialgerichtsbarkeit.deB 4 AS 43/17 R):

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines noch nicht bestandskräftigen Erstattungsbescheides ist im Hinblick auf die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach dem BGB der Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit (vgl. z. B. Rdnr. 15 des Urteils). Trotz der Faustformel, dass es bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Entscheidung bei Anfechtungsklagen auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt, bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Minderjährigenhaftung letztlich nach materiellem Recht und nicht nach der Klageart (Rdnrn. 16 f. des Urteils).

 

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2 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. Angela meint

    30.08.2020

    Ein 18-Jähriger ist im Juni 2020 bei seiner Mutter ausgezogen und bekommt im August 2020 eine Rückforderung vom Jobcenter. Das Jobcenter fordert für sechs Monate (Dez. 2019 bis einschließlich Mai 2020) die Kosten der Unterkunft anteilig von ihm zurück.

    Die Person wurde am 12. März 2020 volljährig. Kann sich die Person auf die Beschränkung der Minderjährigenhaftung berufen? Für die Monate Dezember bis Februar müsste diese greifen. Was ist mit den Monaten März bis Mai? Zwar war er da schon volljährig, aber der Antrag wurde ja schließlich von seiner Mutter im Rahmen ihrer Vertretungsvollmacht vor dem 12. März 2020 gestellt.

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      03.09.2020

      Hallo Angela,

      so richtig verstehe ich Ihre Fragestellung nicht. Gemäß § 1629 a BGB haftet der „Volljähriggewordene“ für Verbindlichkeiten nur mit dem Vermögen, das zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit vorhanden ist.

      Das zum Zeitpunkt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen zählt – also das Vermögen, was am 12. März vorhanden war. Warum soll dieser Zeitpunkt vorverlegt werden? War die Vermögenslage bei Antragstellung von Dezember bis Februar grundlegend anders?

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
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