§ 155 SGB III regelt die Anrechnung von Nebeneinkommen, das zusätzlich zum Arbeitslosengeld erwirtschaftet wird.
1. Anrechnung gemäß § 155 Abs. 1 SGB III
Der Arbeitssuchende kann während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 138 Abs. 3 SGB III ausüben, § 155 Anrechnung von Nebeneinkommen
(1) Übt die oder der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihr oder ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 138 Absatz 3 aus, …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 155 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz SGB III. Das daraus erzielte Einkommen ist nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 € auf das Arbeitslosengeld anzurechnen, § 155 Anrechnung von Nebeneinkommen
(1) …, ist das daraus erzielte Einkommen nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrags in Höhe von 165 Euro in dem Kalendermonat der Ausübung anzurechnen. …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 155 Abs. 1 S. 1 letzter Halbsatz SGB III. Die Ausübung einer Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst, § 138 Arbeitslosigkeit
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(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; …
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(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 138 Abs. 3 SGB III.
Die Vorschrift gemäß § 155 Abs. 1 SGB III hat einen arbeitsmarktpolitischen Zweck und ist nicht Ausdruck eines Bedürftigkeitsprinzips. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Ausübung einer Nebentätigkeit durch den Arbeitslosen erwünscht ist, aber eine Anrechnung von Einkünften nicht völlig unterbleiben kann.
2. Keine Anrechnung gemäß § 155 Abs. 2 SGB III
Hat die oder der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruches auf Erhalt von Arbeitslosengeld I neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine Erwerbstätigkeit mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, so bleibt das Einkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer Erwerbstätigkeit durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages der sich nach Abs. 1 ergeben würden, § 155 Anrechnung von Nebeneinkommen
…
(2) Hat die oder der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine Erwerbstätigkeit (§ 138 Absatz 3) mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, so bleibt das Einkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer Erwerbstätigkeit (§ 138 Absatz 3) durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Absatz 1 ergeben würde. …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 155 Abs. 2 SGB III.
Durch § 155 Abs. 2 SGB III soll dem sozialpolitisch unbefriedigenden Ergebnis begegnet werden, dass das Entgelt aus einer bereits vor der Arbeitslosigkeit ausgeübten geringfügigen Nebenbeschäftigung, die aber schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit den Lebensstandard des Versicherten mitbestimmt hat, nicht an die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld einfließt, die Fortsetzung der Nebenbeschäftigung aber zu einer Anrechnung dieses Nebenverdienstes führen würde (vergleiche Bundesratsdrucksachen 120/89 Seite 229; Bundestagsdrucksache 14/873 Seite 14).
Der Bezug von Verletztengeld in den letzten 18 Monaten vor Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs ersetzt nicht die vom Gesetz geforderte Ausübung einer Erwerbstätigkeit gegen Entgelt für die Anerkennung eines höheren Freibetrags bei der Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld.
Das vom BSG zum Verletztengeld Ausgeführte beinhaltet, dass als Einkommen aus einer Nebentätigkeit nicht der in dem Verletztengeld enthaltene Anteil für die Nebentätigkeit berücksichtigt werden darf. Hat also der Arbeitslose die Nebentätigkeit nicht ausgeübt und nur Lohnersatzleistungen für die Nebentätigkeit erhalten, dann ist die Voraussetzung des § 155 Abs. 2 SGB III (damals § 142 Abs. 2 SGB III) „tatsächliche Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung“ nicht erfüllt (s. o. BSG Rdnr. 14). Das vom BSG Ausgeführte gilt sinngemäß auch für andere Lohnersatzleistungen wie das Krankengeld. Es genügt also nicht, wenn Einkünfte aus der Nebentätigkeit nur in Form von Lohnersatzleistungen fließen. Die Nebentätigkeit muss tatsächlich ausgeübt worden sein.
Leonie says
Guten Tag,
ich würde gerne wissen, ob die Privilegierung auch gilt, wenn man vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in Elternzeit (mit Beschäftigung bei der Nebentätigkeit ohne Gehalt, aber weiterhin angestellt) war, und DAVOR aber eine Nebentätigkeit tatsächlich ausgeführt hat. Denn beim ALG I ist der Bemessungszeitraum ja auch der vor der Elternzeit.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Leonie,
möglicherweise eine recht spezielle, ggf. auch berechtigte Frage, die ich allerdings nicht ganz verstehe. Was bedeutet „mit Beschäftigung bei der Nebentätigkeit ohne Gehalt“?
Die Höhe des ALG I wird nach der Elternzeit in der Regel auf Grundlage des versicherungspflichtigen Arbeitsentgelts vor der Elternzeit – meist mit 67 % vom letzten Netto-Verdienst gewährt. Dann sollte sich doch auch die Privilegierung im Hinblick auf die Nebentätigkeit auf diese Grundlage beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt