Ansprüche von Leistungsempfängern nach dem SGB II gegen Dritte können unter bestimmten Voraussetzungen auf das Jobcenter übergehen. Diese sogenannte Legalzession ist in § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II geregelt.
1. Übergangsfähige Ansprüche
Regelmäßig werden Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht von der Vorschrift des § 33 SGB II erfasst. Dabei kann das Jobcenter nur Ansprüche ab dem Zeitpunkt geltend machen, zu dem es den Verpflichteten schriftlich zur Leistung aufgefordert hat, § 33 Abs. 3 S. 1 SGB II.
Nach der Rechtsprechung umfasst § 33 SGB II aber auch weitere Ansprüche:
- Zahlungsansprüche als Ausgleich für die Nichtausübung eines Wohnrechts,
- Beihilfeansprüche,
- Erbauseinandersetzungsansprüche,
- Leibrenten,
- Ansprüche des verarmten Schenkers (§ 528 BGB),
- Pflichtteilsansprüche,
- Steuerrückerstattungsansprüche.
Auch Bereicherungsansprüche können erfasst sein, wie das Landgericht Hamburg entschieden hat (LG Hamburg, 31. Mai 2016 – 316 S 81/15):
Die Ansprüche der Mieter auf Erstattung überzahlter Miete und Rückzahlung überzahlter Mietsicherheiten sind nach § 33 SGB II auf das Jobcenter übergegangen. Der Anspruchsübergang umfasst auch Bereicherungsansprüche, da bei rechtzeitiger Leistung des Dritten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht hätten erbracht werden müssen.
2. Nicht übergangsfähige Ansprüche
Nicht übertragbar sind Ansprüche gegen den Arbeitgeber des Leistungsempfängers.
Gemäß § 33 Abs. 5 SGB II gelten hier die speziellen Vorschriften der §§ 115 ff. SGB X, sodass Forderungen gegen den Arbeitgeber bereits nach § 115 SGB X übergehen.
Ebenso nicht übertragbar sind Schmerzensgeldansprüche, da sie höchstpersönlicher Natur sind und somit nicht der Legalzession nach § 33 SGB II unterliegen.
3. Fragestellung
In einem aktuellen Verfahren stellt sich die Frage, ob Minderungsansprüche des Mieters gegen den Vermieter nach § 33 SGB II auf das Jobcenter übergehen.
„Kunde spricht heute vor und teilt mit, dass er sich einen Anwalt genommen hat zwecks Klärung seiner Mietverhältnisse.
Die Wohnung ist laut Mietvertrag 45 qm groß, tatsächlich aber nur 33,89 qm. Kunde möchte das Anliegen dem Jobcenter schildern, falls eine Mietveränderung oder Rückzahlungen erfolgen.“
Das Amtsgericht beabsichtigte, die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen. Nach erster rechtlicher Einschätzung spricht jedoch vieles für eine Rückübertragung im Sinne des § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II. Eine solche Erklärung würde die ursprüngliche Legalzession aufheben, sodass der Mieter selbst wieder aktivlegitimiert wäre.
Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass Minderungsansprüche nicht als Bereicherungsansprüche im Sinne des § 33 SGB II zu qualifizieren sind.
Die Vorschrift erfasst nur Ansprüche, die bei rechtzeitiger Leistung des Dritten den Leistungsbezug vermieden hätten. Eine bloß mangelhafte Leistung – wie die Vermietung einer zu kleinen Wohnung – erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Damit ist das Urteil des LG Hamburg auf solche Fälle nicht übertragbar, da dort Rückzahlungsansprüche wegen sittenwidrig überhöhter Miete betroffen waren, nicht aber Mietminderungsansprüche.
§ 33 SGB II betrifft nur Ansprüche gegenüber Dritten, nicht zwischen Sozialleistungsträgern.
Für den Anspruchsübergang unter Leistungsträgern gelten die §§ 102–114 SGB X.
Vergleichbare Regelungen finden sich auch in den §§ 93 ff. SGB XII für die Grundsicherung im Alter.
4. Häufige Fragen
Wann geht ein Anspruch auf das Jobcenter über?
Immer dann, wenn das Jobcenter Leistungen erbracht hat, die der Dritte bei rechtzeitiger Zahlung hätte decken müssen (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB II).
Kann ich meine Ansprüche trotzdem selbst geltend machen?
Nur, wenn das Jobcenter die Ansprüche nach § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II ausdrücklich zurücküberträgt. Ohne Rückübertragung ist das Jobcenter allein anspruchsberechtigt.
Was passiert bei Mietminderung oder Rückzahlung der Miete?
Mietminderungsansprüche gelten regelmäßig nicht als übergangsfähige Ansprüche. Rückzahlungsansprüche wegen überhöhter Miete können dagegen auf das Jobcenter übergehen.
Gelten Schmerzensgeld- oder Arbeitgeberansprüche auch?
Nein. Diese Ansprüche sind entweder höchstpersönlich (Schmerzensgeld) oder bereits durch § 115 SGB X geregelt. Sie fallen nicht unter § 33 SGB II.
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Unterhaltsansprüchen und zur Berechnung des Bürgergeldes:
§ 33 SGB II · § 33 Abs. 3 S. 1 SGB II · § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II · §§ 115 ff. SGB X · § 528 BGB



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