Doppelmieten, die im Zuge eines notwendigen Umzugs entstehen, können unter bestimmten Voraussetzungen als **ersatzfähige Unterkunftskosten** anerkannt werden. Maßgeblich ist, ob die Kosten **unvermeidbar** waren und ob sie als **Kosten der Unterkunft** nach § 22 Abs. 1 SGB II gelten können – oder ob sie zu den **Wohnungsbeschaffungskosten** nach § 22 Abs. 6 SGB II zählen.
1. Doppelmieten als Kosten der Unterkunft
Umzugsbedingt anfallende Doppelmieten können nicht nur Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne von § 22 Abs. 6 SGB II, sondern auch Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II darstellen.
Das BSG, 30. Oktober 2019 – B 14 AS 2/19 R hat klargestellt, dass beide Mieten im Monat des Umzugs als Unterkunftsbedarf anerkannt werden können, wenn die doppelte Belastung unvermeidbar war:
… Zu Recht hat das LSG einen Anspruch der Kläger auf Anerkennung sowohl der Aufwendungen für die alte wie auch für die neue Wohnung im Monat des Umzugs nach § 22 Abs 1 SGB II als möglich angesehen. …
Damit können Doppelmieten auch ohne vorherige Zusicherung des Jobcenters (§ 22 Abs. 6 SGB II) erstattungsfähig sein.
2. Anforderungen an die Erstattungsfähigkeit
Die Abgrenzung zwischen Kosten der Unterkunft und Wohnungsbeschaffungskosten ist entscheidend, weil nur letztere eine vorherige Zusicherung des Jobcenters erfordern.
Sind Doppelmieten jedoch nicht vermeidbar (z. B. wegen Kündigungsfrist oder Renovierung), gelten sie als notwendige Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 SGB II.
[23] Wenn gestützt auf entsprechende Tatsachenfeststellungen die entstandenen Aufwendungen für beide tatsächlich im Umzugsmonat genutzten Wohnungen als nicht vermeidbar gewertet werden können, besteht ein Anspruch der Kläger auf die Anerkennung dieser Bedarfe nach § 22 Abs 1 S. 1 SGB II, die nach den Feststellungen des LSG jeweils abstrakt angemessen waren. Kommt das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren dagegen aufgrund der zu treffenden Tatsachenfeststellungen zu dem Ergebnis, dass die „Doppelmiete“ im Umzugsmonat vermeidbar war, scheidet ein Anspruch der Kläger auf höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S. 1 SGB II im Juli 2014 aus.
Beispiel:
Eine Familie kann die neue Wohnung nur zum 1. August beziehen, muss die alte aber erst zum 31. August kündigen.
Da die Überschneidung wegen der Kündigungsfrist unvermeidbar war, sind beide Mieten im August als Bedarf anzuerkennen.
3. Überschneidungskosten in der Sozialhilfe
Auch in der Sozialhilfe werden Doppelmieten als angemessene Unterkunftskosten anerkannt, wenn der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig war und eine Überschneidung wegen Kündigungsfristen oder anderer objektiver Gründe nicht vermeidbar war.
Das SG Aachen, 24. Februar 2015 – S 20 SO 6/08 führte dazu aus:
… Im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung hatte der Kläger gem. §§ 41, 42 S. 1 Nr. 4 SGB XII Anspruch auf die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 35 SGB XII. Als Unterkunftskosten in diesem Sinne sind ausnahmsweise auch doppelte Mietaufwendungen als sozialhilferechtlicher Bedarf zu übernehmen, wenn der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig war und deswegen die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfrist nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden konnten (sog. Überschneidungskosten). Die Unterkunftskosten für die alte Wohnung sind neben den Kosten für die neue Unterkunft dann zu übernehmen, wenn es notwendig gewesen ist, dass der Hilfeempfänger die neue Wohnung zu diesem Zeitpunkt gemietet und bezogen hat. …
4. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Kosten der Unterkunft, Umzug und Kündigung:



Julia says
Doppelmieten sind fast immer unvermeidbar. Wenn das Amt mich zum Umzug auffordert, weil meine Wohnung zu teuer ist und ich darüber hinaus auch noch ein kleines Kind habe … Fast alle Wohnungen, die angeboten werden, werden ab sofort oder ab dem nächsten Monat angeboten.
Und dann muss man auch noch das Glück haben als Frührentnerin mit Sozialhilfe und Kind eine Wohnung zu bekommen, und das kann viele Monate oder sogar Jahre dauern. Die meisten Vermieter wollen keine Kinder im Haus und keine Sozialhilfeempfänger. Ich kann daher nicht einfach meine Wohnung kündigen und hoffen, dass ich innerhalb der 3-Monats-Kündigungsfrist eine neue Wohnung finde, sonst stehe ich am Ende mit meinem Kind auf der Straße. Das wäre verantwortungslos. Ich kann daher erst meine alte Wohnung kündigen, wenn ich eine neue habe, sodass in den meisten Fällen sogar zwei oder drei Doppelmieten anfallen. Ist ja nicht so, dass jemand in diesem Fall sich eine Wohnung aussuchen kann. Meistens hat man nur diese eine Chance.