Zu der Frage, ob „vermögenswirksame Leistungen“ Einkommen im Sinne des SGB II sind, nahm das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/7b AS 32/06 R) Stellung (Rdnr. 52):
d) Die Klägerin zu 2 kann allerdings mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen, die von ihr erbrachte Eigenleistung im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen sei vom Einkommen abzusetzen. Ob der Arbeitgeberzuschuss zu den vermögenswirksamen Leistungen von der Beklagten zu Recht als privilegiertes Einkommen anerkannt worden ist, kann dahinstehen. Jedenfalls kann die von den Klägern behauptete weitere Eigenleistung in Höhe von 39,88 Euro nicht gemäß § 11 Abs 2 SGB II vom Einkommen abgesetzt werden. Die Eigenleistungen zu vermögenswirksamen Leistungen sind in den dort aufgezählten Privilegierungstatbeständen nicht genannt. Ebenso wenig enthält die Alg II-V in der hier maßgebenden Fassung eine zusätzliche Privilegierung dieser Eigenleistungen. Dies erscheint auch konsequent, weil es grundsätzlich nicht Sinn und Zweck des SGB II ist, zum Vermögensaufbau beizutragen. Ein solcher Aufbau von Geldvermögen wird nur dann privilegiert, wenn das Vermögen ausdrücklich zur Altersvorsorge dient (vgl § 11 Abs 2 Nr 3 Buchst a und b sowie § 11 Abs 2 Nr. 4 SGB II).
Aus diesen Ausführungen folgt meines Erachtens, dass zumindest der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen – im Gegensatz zum Arbeitnehmeranteil – voll absetzbar ist (also vom Nettoeinkommen abgezogen werden muss). Denn dieser Anteil stellt eine zweckgebundene Leistung dar (so jedenfalls das Link: www.mjv.rlp.deLSG Rheinland-Pfalz in einer Entscheidung vom 25. November 2008 (L 3 AS 118/07):
Aber auch der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 30,00 € monatlich sowie die Zahlungen des Arbeitgebers an die Pensionskasse in Höhe von 197,00 € monatlich nach Gehaltsumwandlung stellen kein zu berücksichtigendes Einkommen dar, da sie zweckgebunden sind. Vermögenswirksame Leistungen sind soweit der Arbeitgeberanteil betroffen ist definitionsgemäß Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer in bestimmten Anlageformen anlegt (vgl § 2 Abs 1 des Fünften Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer Fünftes Vermögensbildungsgesetz ). Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung unmittelbar an ihn zur freien Verfügung besteht nicht. Anders als der normale Lohn oder das übliche Gehalt sind vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers nicht dazu bestimmt, dem allgemeinen Lebensunterhalt zu dienen, sondern der Schaffung von Vermögen (vgl. auch BSG, Urteil vom 23.10.1985 – Az.: 7 RAr 37/84, SozR 4100 § 138 Nr. 13 noch zum Arbeitsförderungsgesetz; offen gelassen in BSG, Urteil vom 27.02.2008 Az.: B 14/7b AS 32/06 R, vgl dort auch zu Eigenleistungen des Arbeitnehmers im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen, welche als Einkommen zu berücksichtigen sind).
Hallo,
bekomme seit 3 Jahren Alg 2 und jetzt werden vermögenswirksame Leistungen angerechnet,seit Sept. 2013, obwohl der Arbeitgeber den vollen Anteil (40€) zahlt. Vorher war es wohl ein Versehen vom Amt aus. Kann ich Einspruch einlegen?
Grüße Ines S.
Hallo Ines,
legen Sie doch einfach Widerspruch ein. Die Angelegenheit muss dann geprüft werden.
Sie können auch bei dem für Sie zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein beantragen. Dann sollten Sie möglichst einen in Ihrer nähe befindlichen Rechtsanwalt aufsuchen und sich beraten lassen. Gerne würde auch ich Ihnen helfen.
Grüße
Hallo, wie ist es jetzt mit den VL? Ich erhalte von meinem AG 40euro VL monatlich in einen Bausparvertrag. In den ersten zwei Monaten wurden diese vom Jobcenter nicht als Einkommen angerechnet, danach allerdings schon. Gibt es mittlerweile eine Rechsprechung dazu? Liebe Grüße
Hallo Michele,
neue Erkenntnisse habe ich bisher nicht. Auch eine jetzige kurze Recherche brachte keine neuen Ergebnisse.
Als Einkommen kann meines Erachtens nur die tatsächlich zugeflossene Leistung betrachtet werden. Wenn Sie also von Ihrem Arbeitgeber Geld erhalten und dies auch einzahlen, dann dürfte es bei der oben genannten Rechtsprechung des BSG und des LSG Rheinland-Pfalz bleiben. Der Arbeitgeberanteil ist nicht als Einkommen zu betrachten. Ihr eigener Anteil an den VL dürfte aber als Einkommen zu betrachten sein, mit dem Sie Vermögen bilden. Ihr „eigener Anteil“ darf dann leistungsmindernd berücksichtigt werden.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt