Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

  • Startseite
  • Kontakt

vermögenswirksame Leistungen – anrechenbares Einkommen im Sinne des SGB II?

15. März 2011, aktualisiert am 23. Januar 2021 | 4 Kommentare

blaue Würfel mit Paragrafenzeichen

vermögenswirksame Leistungen - anrechenbares Einkommen im Sinne des SGB II? 1Zu der Frage, ob „vermögenswirksame Leistungen“ Einkommen im Sinne des SGB II sind, nahm das Bundessozialgericht in Urteilen vom 27. Februar 2008 (B 14/7b AS 32/06 R) und Bild: zum Urteilwww.rechtsprechung-im-internet.de19. Juni 2012 (B 4 AS 163/11 R) Stellung:

Urteil des BSG vom 19. Juni 2012, B 4 AS 163/11 R, Rdnr. 16

[16] a) Keine Einwände ergäben sich zunächst gegen die Auffassung des LSG, dass die von der Klägerin erbrachten Eigenleistungen im Rahmen von vermögenswirksamen Leistungen nicht vom Einkommen abzusetzen seien (vgl schon BSG Urteil vom 27. 2. 2008 – B 14/7b AS 32/06 R, BSGE 100, 83 = SozR 4—4200 § 20 Nr 6, RdNr 50). Die Eigenleistungen zu vermögenswirksamen Leistungen werden nicht in den in § 11 Abs 2 SGB II aufgeführten Privilegierungstatbeständen genannt. Dies ist mit Rücksicht darauf nicht zu beanstanden, dass der Vermögensaufbau nicht zu den Zielen des SGB II rechnet.

Aus diesen Ausführungen folgt meines Erachtens, dass zumindest der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen – im Gegensatz zum Arbeitnehmeranteil – voll absetzbar ist (also vom Nettoeinkommen abgezogen werden muss). Denn dieser Anteil stellt eine zweckgebundene Leistung dar (so jedenfalls das Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.landesrecht.rlp.deLSG Rheinland-Pfalz in einer Entscheidung vom 25. November 2008 (L 3 AS 118/07):

Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 25. November 2008, L 3 AS 118/07, Rdnr. 31

[31] Aber auch der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 30,00 € monatlich sowie die Zahlungen des Arbeitgebers an die Pensionskasse in Höhe von 197,00 € monatlich nach Gehaltsumwandlung stellen kein zu berücksichtigendes Einkommen dar, da sie zweckgebunden sind. Vermögenswirksame Leistungen sind soweit der Arbeitgeberanteil betroffen ist definitionsgemäß Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer in bestimmten Anlageformen anlegt (vgl § 2 Abs 1 des Fünften Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer Fünftes Vermögensbildungsgesetz ). Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung unmittelbar an ihn zur freien Verfügung besteht nicht. Anders als der normale Lohn oder das übliche Gehalt sind vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers nicht dazu bestimmt, dem allgemeinen Lebensunterhalt zu dienen, sondern der Schaffung von Vermögen (vgl. auch BSG, Urteil vom 23.10.1985 – Az.: 7 RAr 37/84, SozR 4100 § 138 Nr. 13 noch zum Arbeitsförderungsgesetz; offen gelassen in BSG, Urteil vom 27.02.2008 Az.: B 14/7b AS 32/06 R, vgl dort auch zu Eigenleistungen des Arbeitnehmers im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen, welche als Einkommen zu berücksichtigen sind).

In ihren fachlichen Anweisungen zu den §§ 11 bis § 11 b SGB II hat die Agentur für Arbeit diese Auffassung auch bestätigt (Seite 8, oben):

(7) Nicht zu berücksichtigen ist der Arbeitgeberanteil der vermögenswirksamen Leistungen, da er nicht als bereites Mittel zur Verfügung steht.

 

mehr zum Thema:


Weitere Beiträge zum Hartz 4 liste ich auf der folgenden Übersichtsseite auf:
  • Hartz 4 in Stichworten
    Hartz 4 - Übersicht

    1. Grundlagen, Statistik, Datenschutz     4. ...
    2. Regelbedarf
    3. Kosten der Unterkunft | mehr


Die folgenden Beiträge beschäftigen sich mit weiterführenden Themen zum Hartz 4:
  • roter Paragraf vor Geldbündel
    Erbschaft – Einkommen oder Vermögen im …

    Zur Frage \“Erbschaft – Vermögen oder Einkommen im Sinne des SGB II?\“ führt das BSG … | mehr

  • Geldscheine auf Antrag auf Kindergeld
    Anrechnungsfreies Elterngeld gemäß § 11 Abs. …

    § 11 Abs. 3 a SGB II bestimmte bis 2011 für alle Empfänger von Leistungen … | mehr

  • gelbes Schild mit Aufschrift Hartz IV
    Darlehen als zu berücksichtigende Einnahme im …

    § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen  (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich … | mehr


Über das Stichwortverzeichnis finden Sie weitere Beiträge zu sozialrechtlichen Fragestellungen:
  • Sozialrecht in Stichworten
    Stichwortverzeichnis - Sozialrecht in Stichworten

    Mit einem Klick auf das Stichwort oder den Paragrafen gelangen Sie zu einer Übersicht der Beiträge die das Stichwort enthalten ... | mehr


 

4 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. Ines S meint

    24. Oktober 2013

    Hallo,
    bekomme seit 3 Jahren Alg 2 und jetzt werden vermögenswirksame Leistungen angerechnet,seit Sept. 2013, obwohl der Arbeitgeber den vollen Anteil (40€) zahlt. Vorher war es wohl ein Versehen vom Amt aus. Kann ich Einspruch einlegen?
    Grüße Ines S.

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      13. November 2013

      Hallo Ines,

      legen Sie doch einfach Widerspruch ein. Die Angelegenheit muss dann geprüft werden.

      Sie können auch bei dem für Sie zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein beantragen. Dann sollten Sie möglichst einen in Ihrer nähe befindlichen Rechtsanwalt aufsuchen und sich beraten lassen. Gerne würde auch ich Ihnen helfen.

      Grüße

      antworten
  2. Michele meint

    20. April 2017

    Hallo, wie ist es jetzt mit den VL? Ich erhalte von meinem AG 40euro VL monatlich in einen Bausparvertrag. In den ersten zwei Monaten wurden diese vom Jobcenter nicht als Einkommen angerechnet, danach allerdings schon. Gibt es mittlerweile eine Rechsprechung dazu? Liebe Grüße

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      3. Mai 2017

      Hallo Michele,

      neue Erkenntnisse habe ich bisher nicht. Auch eine jetzige kurze Recherche brachte keine neuen Ergebnisse.

      Als Einkommen kann meines Erachtens nur die tatsächlich zugeflossene Leistung betrachtet werden. Wenn Sie also von Ihrem Arbeitgeber Geld erhalten und dies auch einzahlen, dann dürfte es bei der oben genannten Rechtsprechung des BSG und des LSG Rheinland-Pfalz bleiben. Der Arbeitgeberanteil ist nicht als Einkommen zu betrachten. Ihr eigener Anteil an den VL dürfte aber als Einkommen zu betrachten sein, mit dem Sie Vermögen bilden. Ihr „eigener Anteil“ darf dann leistungsmindernd berücksichtigt werden.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
Frage

Schreiben Sie einen Kommentar,
fragen/antworten Sie! Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse veröffentliche und nutze ich nicht. Die Angabe der E-Mail-Adresse dient nur der Vermeidung von Spam. Nutzen Sie einen "Spitznamen", wenn Ihr Name nicht genannt werden soll. Erforderliche Felder sind nur der (Spitz-)name und die E-Mail-Adresse.
 
Bitte stellen Sie eine Frage in dem richtigen Zusammenhang! Bitte verschaffen Sie sich durch die Übersichtsseiten und das Stichwortverzeichnis einen Überblick, zu welchem Beitrag die Frage passt. Ich werde nicht alle Fragen beantworten können.
 


p.s.: Ich bin leider gezwungen, eine Frage bzw. einen Kommentar manuell freizuschalten. Dies kann einige Tage dauern. Andernfalls würden die Beiträge „in Spam versinken“.

blaue Würfel mit Paragrafenzeichen

Rechtsanwalt Sönke Nippel
Kippdorfstraße 6-24
42857 Remscheid
 
Telefon: 0 21 91 / 46 00 876

ZUM IMPRESSUM
 
ZUR DATENSCHUTZERKLÄRUNG

Link zum Beitrag Einleitung

▲