Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

  • Startseite
  • Kontakt

Erbschaft – Einkommen oder Vermögen im Sinne des SGB II?

21. Februar 2011, aktualisiert am 23. Januar 2021 | 1 Kommentar

roter Paragraf vor Geldbündel

Erbschaft – Einkommen oder Vermögen im Sinne des SGB II? 1Zur Frage „Erbschaft – Vermögen oder Einkommen im Sinne des SGB II?“ führt das BSG in einer Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.sozialgerichtsbarkeit.deEntscheidung vom 28. Oktober 2009 (B 14 AS 62/08 R) aus:

Urteil des BSG vom 28. Oktober 2009, B 14 AS 62/08 R, Rdnr. 21

[21] Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG bereits entschieden haben, ist Einkommen im Sinne des § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen
 
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge…
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 11 Abs. 1 SGB II
grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung.

Die Problematik der obigen Feststellungen liegt auf der Hand:

Durch die Wahl des Zeitpunkts der Antragstellung liegt es in der Hand des Antragstellers, ob eine Erbschaft Vermögen oder Einkommen ist. Durch die zeitliche Verschiebung des Antrags könnte – wird den Ausführungen gefolgt – Vermögen „gerettet“ werden.

in diesem Beitrag:
1. Anwendbarkeit des § 11 SGB II auf die Erbschaft2. Zeitpunkt des Zuflusses der Erbschaft

1. Anwendbarkeit des § 11 SGB II auf die Erbschaft

Tritt der Erbfall erst während des Leistungsbezugs nach dem SGB II ein, handelt es sich um einen Wert, der dem SGB II-Leistungsberechtigten erst nach Antragstellung zuwächst. Er ist als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II zu qualifizieren (so zuletzt ausdrücklich: Bild: in neuem Tab öffnen - zum Urteilwww.juris.bundessozialgericht.deBSG, Urteil vom 29. April 2015, B 14 AS 10/14 R).

Der zugeflossene Betrag ist – bereinigt um die hieraus zu bestreitenden Nachlassverbindlichkeiten – als einmalige Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen. Zunächst ist daher die komplette Erbschaft als Einkommen nach der geltenden Rechtslage zu bewerten.

Die Erbschaft kann dann – würde sie zu einem kompletten Wegfall des Leistungsanspruchs in dem Zuflussmonat führen – gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II auf einen Zeitraum von 6 Monaten aufgeteilt und mit einem entsprechenden Teilbetrag berücksichtigt werden. Nach Ablauf des sechsmonatigen Verteilzeitraums ist die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme als Einkommen nicht mehr möglich. Ggf. noch vorhandene Restsummen sind dann als Vermögen anzusehen – es kann Schonvermögen entstehen.

2. Zeitpunkt des Zuflusses der Erbschaft

Das Einkommen aus der Erbschaft ist erst mit dem tatsächlichen Zufluss zu berücksichtigen (s. o. BSG vom 29. April 2015).

Urteil des BSG vom 29. April 2015, Rndr. 30

d) Das Einkommen ist indes erst mit dem tatsächlichen Zufluss am 27.6.2011 zu berücksichtigen. Auch wenn, wie vorliegend aufgrund von § 1922 BGB, normativ ein anderer als der tatsächliche Zufluss maßgeblich für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ist, ist die Erbschaft dem Bedarf als Einkommen erst in dem Zeitpunkt gegenüberzustellen, in dem sie den Klägern tatsächlich als bereites Mittel zur Deckung ihres Bedarfs zur Verfügung stand (vgl BSG vom 25.1.2012 – B 14 AS 101/11 R – SozR 4-4200 § 11 Nr 47 RdNr 22; BSG Urteil vom 17.2.2015 – B 14 KG 1/14 R – vorgesehen für SozR 4 RdNr 18). Dies ist vorliegend am 27.6.2011 der Fall, als die Zahlung aus dem Erbe in Höhe von 8000 Euro dem Konto des Klägers gutgeschrieben wurde.

Auch wenn normativ gemäß § 1922 BGB ein anderer als der tatsächliche Zufluss maßgeblich für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ist, ist die Erbschaft dem Bedarf als Einkommen erst in dem Zeitpunkt gegenüberzustellen, in dem sie den Leistungsempfängern tatsächlich als „bereites Mittel“ zur Deckung ihres Bedarfs zur Verfügung steht.

 

mehr zum Thema:


Weitere Beiträge zum Hartz 4 liste ich auf der folgenden Übersichtsseite auf:
  • Hartz 4 in Stichworten
    Hartz 4 - Übersicht

    1. Grundlagen, Statistik, Datenschutz     4. ...
    2. Regelbedarf
    3. Kosten der Unterkunft | mehr


Die folgenden Beiträge beschäftigen sich mit weiterführenden Themen zum Hartz 4:
  • Geldscheine auf Antrag auf Kindergeld
    Anrechnungsfreies Elterngeld gemäß § 11 Abs. …

    § 11 Abs. 3 a SGB II bestimmte bis 2011 für alle Empfänger von Leistungen … | mehr

  • blaue Würfel mit Paragrafenzeichen
    vermögenswirksame Leistungen – anrechenbares Einkommen im …

    Zu der Frage, ob \“vermögenswirksame Leistungen\“ Einkommen im Sinne des SGB II sind, nahm das … | mehr

  • gelbes Schild mit Aufschrift Hartz IV
    Darlehen als zu berücksichtigende Einnahme im …

    § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen  (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich … | mehr


Über das Stichwortverzeichnis finden Sie weitere Beiträge zu sozialrechtlichen Fragestellungen:
  • Sozialrecht in Stichworten
    Stichwortverzeichnis - Sozialrecht in Stichworten

    Mit einem Klick auf das Stichwort oder den Paragrafen gelangen Sie zu einer Übersicht der Beiträge die das Stichwort enthalten ... | mehr


 

1 Kommentar (Frage/Antwort)

  1. Sven Bucher meint

    12. November 2019

    Ich plane derzeit meine Erbschaft und setzte in Beratung mein Testament auf. Ich frage mich derzeit ob das Erbe dann als Einkommen oder Vermögen deklariert wird. Das dieses über den Zeitpunkt des Zuflusses definiert ist, macht für mich Sinn. Ich werde dies mit meinem beratendem Anwalt besprechen, vielen Dank.

    antworten
Frage

Schreiben Sie einen Kommentar,
fragen/antworten Sie! Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse veröffentliche und nutze ich nicht. Die Angabe der E-Mail-Adresse dient nur der Vermeidung von Spam. Nutzen Sie einen "Spitznamen", wenn Ihr Name nicht genannt werden soll. Erforderliche Felder sind nur der (Spitz-)name und die E-Mail-Adresse.
 
Bitte stellen Sie eine Frage in dem richtigen Zusammenhang! Bitte verschaffen Sie sich durch die Übersichtsseiten und das Stichwortverzeichnis einen Überblick, zu welchem Beitrag die Frage passt. Ich werde nicht alle Fragen beantworten können.
 


p.s.: Ich bin leider gezwungen, eine Frage bzw. einen Kommentar manuell freizuschalten. Dies kann einige Tage dauern. Andernfalls würden die Beiträge „in Spam versinken“.

roter Paragraf vor Geldbündel

Rechtsanwalt Sönke Nippel
Kippdorfstraße 6-24
42857 Remscheid
 
Telefon: 0 21 91 / 46 00 876

ZUM IMPRESSUM
 
ZUR DATENSCHUTZERKLÄRUNG
▲