In erster Linie orientiert sich die Unterhaltspflicht zum Elternunterhalt an dem Nettoinkommen des Unterhaltschuldners. Aufwendungen zur zulässigen Altersvorsorge schmälern das zum Elternunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen. Neben dem Einsatz seines Einkommens kann der Unterhaltsschuldner aber auch zum Einsatz seines Vermögens verpflichtet sein.
Die zur Berechnung des Elternunterhalts zulässige Altersvorsorge ist stets individuell zu bestimmen. In der Regel erfolgt die Berechnung anhand des letzten Bruttoeinkommens. Die bisherige Rechtsprechung lässt den Abzug einer Altersvorsorge vom Bruttoeinkommen in Höhe des Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung (ca. 20 %) sowie eines zusätzlichen Betrages in Höhe von 5 % des Bruttoeinkommens zu.
- Primäre Altersvorsorge – Altersvorsorgeschonvermögen
Das in der Rentenversicherung gebundene Altersvorsorgekapital des gesetzlich rentenversicherten Unterhaltsschuldners ist stets unangreifbar. Es stellt „Altersvorsorgeschonvermögen“ dar. Das hier gebundene Kapital kann eine erhebliche Höhe erreichen. Die Beitragskosten für 1 Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung betragen zurzeit für die alten Bundesländer jährlich ca. 7.200,00 € (Stand: 2019). Aufgezinst ergibt sich nach längerer Beitragsdauer ein erheblicher gebundener Barwert.
Die für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden Grundsätze müssen sinngemäß auch für andere Anlageformen Anwendung finden.
- zusätzliche Altersvorsorge – zusätzliches Altersvorsorgeschonvermögen
Über ca. 20 % des Bruttoeinkommens hinaus kann sowohl der nichtselbstständige als auch der selbstständige Unterhaltsschuldner, der nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist, eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben. Diese zusätzliche Altersversorgung kann zur Berechnung des Elternunterhalts vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abgezogen werden. Die Rechtsprechung lässt in der Regel einen Betrag von ca. 5 % des Bruttoeinkommens zu. Der Unterhaltsschuldner kann mit diesem „Einkommen“ Vermögen anhäufen, um eine „angemessene Altersvorsorge“ zu sichern. Diese zusätzlich mögliche Altersvorsorge soll es ermöglichen, künftige Versorgungslücken zu schließen. Dieses Vermögen steht dann zum Elternunterhalt nicht mehr zur Verfügung.
Zur Berechnung des Altersvorsorgeschonvermögens eines unterhaltspflichtigen 51-jährigen Nichtselbstständigen, der über ein Vermögen in Lebensversicherungen, Wertpapieren und Gold in Höhe von ca. 113.000,00 € verfügte, entschied der BGH mit einer grundlegenden www.juris.bundesgerichtshof.deEntscheidung vom 30. August 2006 (XII ZR 98/04), dass der Unterhaltspflichtige dieses Vermögen nicht einsetzen muss:
[Rdnr. 43] … Danach ist der Unterhaltsschuldner berechtigt, neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rente bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens für eine zusätzliche private Altersversorgung aufzuwenden. Dann muss das aus diesen Beiträgen gewonnene Kapital aber auch für die Alterssicherung des Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehen und ist damit dem Elternunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB entzogen. Das Bruttoeinkommen des ledigen Beklagten beläuft sich ausweislich der vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnung auf monatlich 2.143,85 €; für die private Altersvorsorge durfte er davon nach der Rechtsprechung des Senats also monatlich 107,19 € (= 5 %) zurücklegen. Eine monatliche Sparrate in dieser Höhe erbringt während eines Berufslebens von 35 Jahren bei einer Rendite von 4 % aber schon ein Kapital von annähernd 100.000 €….
Interessant ist an der Entscheidung des BGH, dass bei dem Unterhaltsschuldner vorhandenes Vermögen auch „rückwirkend“ bzw. „in die Vergangenheit“ noch mit einer monatlichen Rendite in Höhe von 4 % „verzinst“ werden kann, sodass ggf. erhebliches Vermögen als „Altersvorsorgeschonvermögen“ nicht zum Elternunterhalt verwendet werden muss. Allerdings ist auch die Einschränkung der zusätzlichen Altersvorsorge mit dem Hinweis auf nicht vorhandenes Immobilieneigentum zu beachten (s. o., BGH Rdnr. 43 am Ende):
… Jedenfalls in diesem Umfang ist dem Beklagten als Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rente eine zusätzliche Altersvorsorge zu belassen, wobei zu berücksichtigen ist, dass außer den Lebensversicherungen keine weitere Altersvorsorge, insbesondere kein Immobilieneigentum vorhanden war.
Luis says
Wie wird die Unterhaltspflicht von Kindern berechnet für die im Heim lebende Mutter. Können Kinder, die noch Schulden haben, zb. wegen Erwerb eines Eigenheims, trotzdem in die Unterhaltspflicht genommen werden und in welcher Höhe?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Luis,
in den Artikeln
„Zur Berechnung des Elternunterhalts“
und
„Zur Berechnung des Elternunterhalts beim verheirateten unterhaltspflichtigen Kind“
bin ich auf Ihre Fragestellung eingegangen.
Grüße
Gärtner says
Frage:
Über wie viel ungebundenes Kapital, über das Altersvorsorgeschonvermögen +
zusätzliches Altersvorsorgeschonvermögen hinaus, darf man im Hinblick
auf den Elternunterhalt verfügen?
MfG
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Gärtner,
grundsätzlich ist ein Unterhaltspflichtiger gehalten, zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nur die Vermögenserträge, sondern auch den Stamm seines Vermögens einzusetzen. Schonvermögen wird aber für folgende Bereiche anerkannt (vgl. dazu Jörn Hauß, Elternunterhalt: Grundlagen und Strategien, Rdnr. 464):
– Altervorsorgevermögen,
– Vorsorgevermögen (z. B. für Instandsetzungen bei Immobilien),
– Notgroschen (für fällige Reparaturen und Ersatzbeschaffungen),
– Ausbildungsvermögen (zur Ausbildung von Kindern).
Hier müssen Sie dem Sozialleistungsträger ggf. darstellen, inwiefern vorhandenes Vermögen als Schonvermögen anzusehen ist.
Grüße
Elenor says
Sehr geehrter Herr oder Frau Nippel,
ich würde gern verstehen wie sie bei Beispiel 1 auf den Selbstbehalt des 67 jährigen Rentners von 1800 kommen. Das kann ich der Düsseldorfer Tabelle so leider nicht entnehmen. Ich frage bezüglich des Unterhalts an ein finanziell bereits selbstständig gewesenes Kind.
Die Antwort ist sehr wichtig für mich. Vielen Dank für die Mühe.
Elenor