Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind, § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
Die „Angemessenheit“ der Unterkunftskosten im Sinne des letzten Halbsatzes von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ist ein sogenannten „unbestimmter Rechtsbegriff„, welcher der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Folglich gibt es zu der Frage der Angemessenheit auch zahlreiche Streitigkeiten und in der Folge Urteile, die jeweils konkret und individuell prüfen, ob die Kosten des Wohnraums angemessen sind.
Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht um die Frage der Angemessenheit des Wohnraums, sondern um die Angemessenheit der Aufwendungen des Wohnraums geht. Maßstäbe der konkreten Angemessenheit sind Wohnungsgröße und -standard, Wohnumfeld und Referenzgruppe.
Ständig gibt es Auseinandersetzungen im Hinblick auf die Wohnungsgröße.
Das Bundessozialgericht (BSG) vertritt die Auffassung, dass zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen die Flächenwerte gemäß den Ausführungsbestimmungen der Bundesländer zum sozialen Wohnungsbau (Wohnungsförderungsrecht) heranzuziehen sind.
Regelungen zu Wohnraumgrößen sind in Nordrhein-Westfalen in den gesetzlichen Regelungen zur Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins enthalten. Der Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr – IV.5-619-1665/09 vom 12. Dezember 2009 enthält in 8.2 zur Erteilung des Wohnberechtigungsscheins folgende Regelungen:
8.2
Zu Abs. 2:
Angemessen im Sinne des § 18 Abs. 2 sind in der Regel folgende Wohnungsgrößen:a) für eine allein stehende Person:
50 qm Wohnfläche;
b) für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen:
2 Wohnräume oder 65 qm Wohnfläche.
Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die Wohnfläche um einen Raum oder 15 qm Wohnfläche. …
Stefan Schreiber says
Sehr geehrter Herr Nippel,
das Jobcenter hat mir seit Anfang 2012, trotz Vorlage der Kostennachweise, fast keine Kosten der Unterkunft erstattet (Bescheid, Widerspruch, Widerspruchsbescheid – Klage läuft -dauerte hier min. 3 Jahre).
Die Rechnungen/Kosten für z. B. für Wasser/Abwasser u. a. konnte ich nicht bezahlen ( wie auch mit 20 Euro für die KdU). Jetzt für den neuen Bescheid verlangt das Jobcenter den Nachweis über die Zahlungen als Voraussetzung für die Zahlung der Kosten der Unterkunft. Also erst erhalte ich kein Geld für die (nachgewiesenen) Kosten der Unterkunft, kann nicht zahlen, und dann wird die Leistung verwehrt, weil ich nicht gezahlt habe. Da beißt sich doch die Katze in den …? Auf diese Art und Weise könnten sich die Jobcenter ja leicht von der Pflicht der Übernahme der Kosten der Unterkunft entledigen. Wozu brauchen wir dann noch den § 22 SGB 2?
MIt freundlichen Grüßen
Stefan Schreiber
Andree Skonietzki says
Hallo Herrr Nippel!
Ist diese Seite noch aktiv, um eventuelle Fragen beantwortet zu bekommen?
Ich bin Baujahr 1958, seit 2022 Schwerbehindertenrentner mit GdB50 Merkzeichen G, und bekomme seit 6 Monaten „Grundsicherung im Alter“ zur Rente, habe seit 8 Jahren eine 52,5 qm Wohnung alleinstehend, benötige morgens einen Rollator, um in die Tagesbeweglichkeit zu kommen und soll mir jetzt eine angemessene Bruttokaltmiete Wohnung suchen, (erlaubt sind 472 €, ich zahle 531 € bei 103 € Nebenkosten.
Können Sie mir vielleicht mit Argumenten helfen, wie ich dieser Aufforderung zum Umzug/Geldabzug, … mit denen ich das abwenden kann?
Mit freundlichen Grüßen
A. S.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Skonietzki,
eine Antwort fällt schwer: 59 € (Differenz zwischen der jetzigen Miete und den „angemessenen Kosten“) sind bei Leistungen in Höhe von 556 € schwer zu stemmen. Aber: derjenige, der Leistungen erhält, soll auch nur „angemessenen“ Wohnraum bewohnen dürfen. Daran zu „rütteln“ ist insbesondere im Rahmen der zurzeit geführten politischen Diskussionen nicht einfach. Der Geldazug kommt in voller Höhe nach meiner Einschätzung nur dann nicht in Frage, wenn die „erlaubten“ 472 € z. B. im Rahmen eines „schlüssigen Konzeptes“ fehlerhaft ermittelt wurden (vgl. dazu den Beitrag Mietspiegel in der Rechtsprechung – schlüssige Konzepte).
Wenn Sie zumindest eine nahezu den Grundbedarf deckende Miete erzielen, käme evtl. auch Wohngeld in Betracht.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt