Ein Kombinationsarzneimittel mit Hustenmitteln ist zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung nach Anlage III Stand (letzte Änderung in Kraft getreten am): 25. Oktober 2016
Übersicht über Verordnungseinschränkungen
und –ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittel-Richtlinie und aufgrund anderer Vorschriften (§ 34 Abs. 1 S. 6 und Abs. 3 SGB V), …
(Link: www.g-ba.de)Anlage III Nr. 31 AM RL nicht verordnungsfähig, weil grundsätzlich die Verordnung von Monopräparaten eines Hustenmittels (Antitussiva, Expektoranzien oder Mukolytika) untereinander und in Kombination mit einem anderen Wirkstoff wirtschaftlicher ist (www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG vom 14. Dezember 2011, B 6 KA 29/10/R).
Der medizinische Grund, Arzneimittel mit fixen Kombinationen von hustenhemmenden Antitussiva einerseits und andererseits auswurffördernden und schleimlösenden Expektorantien für nicht verordnungsfähig zu erklären, liege darin, dass entgegengesetzte Wirkstoffe sich unter Umständen gegenseitig behindern bzw. in ihrer Wirkung neutralisieren können, sodass kein voller Nutzeffekt aller Wirkstoffe zu verzeichnen sei (s. o. BSG, Rdnr. 39). Die „fixe“ Kombination könne auch in den Ausnahmefällen, in denen die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Wirkungen doch einen gewissen Sinn macht, problematisch sein; denn deren Zusammenspiel könne dann nicht je nach dem konkreten Krankheitsstadium und der individuellen Befindlichkeit variiert werden, weil die Mengen der verschiedenen Wirkstoffe im Verhältnis zueinander in unveränderlicher Weise feststehen (s. o. BSG, Rdnr. 39). … Zwar sei nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen die Verabreichung einander entgegengesetzter Wirkstoffe medizinisch indiziert sein könne (s. o. BSG, Rdnr. 39). Solchen Fällen sei dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass generell bestimmt sei, dass der Vertragsarzt in medizinisch begründeten Einzelfällen derartige Arzneimittel ausnahmsweise mit Begründung gemäß § 31 Abs. 1 S. 4 SGB Vverordnen dürfe (s. o. BSG, Rdnr. 40).
Allerdings greift auch bei der Annahme eines medizinisch begründeten Einzelfalles gemäß § 31 Abs. 1 S. 4 SGB V eine weitere Hürde für den Vertragsarzt: die medizinisch begründete Notwendigkeit muss – im Einzelfall – nachgewiesen werden. Die AM-RL wiederholt diese Vorgabe in § 16 Abs. 5, ohne dies weiter zu präzisieren. Ein „medizinisch begründeter Einzelfall“ muss also nicht nur objektiv gegeben sein, sondern er muss auch dokumentiert sein (s. www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG vom 2. Juli 2014, B 6 KA 26/13 zu Rdnr. 25)!
Zwar ist ein Ausnahmefall nach § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 31 Abs 1 S. 4 SGB V bzw § 16 Abs 5 AM-RL nur in „medizinisch begründeten Einzelfällen“ gegeben. Nach § 10 Abs 2 S. 2 AM-RL genügt zur Begründung jedoch im Regelfall die Angabe der Indikation und gegebenenfalls die Benennung der Ausschlusskriterien für die Anwendung wirtschaftlicher Therapiealternativen. Auch wenn der genannte § 10 AM-RL allein die „Dokumentation“ der Leistung betrifft, kann für die „Argumentation“ (die Begründung des Ausnahmefalls) nichts anderes gelten als für die „Dokumentation“: Ein „medizinisch begründeter Einzelfall“ muss nicht nur objektiv gegeben sein, sondern er muss auch dokumentiert sein. Dies verdeutlicht § 10 Abs 1 S. 2 AM-RL. Dort heißt es: „Soweit die Verordnung von Arzneimitteln … aufgrund der jeweils genannten Ausnahmetatbestände zulässig ist, ist die Therapieentscheidung nach den Vorgaben der Übersicht nach § 16 Abs. 3 zu dokumentieren.“ Dem schließt sich Abs 2 an, der Vorgaben zur Dokumentation enthält. § 10 AM-RL betrifft mithin nicht allgemeine Dokumentationspflichten des Vertragsarztes, sondern regelt speziell die Dokumentation in den hier in Rede stehenden Ausnahmefällen.
§ 16 Abs. 5 S. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung
…
(Link: www.g-ba.de)Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) sieht heute die zuvor genannte Dokumentations- und Begründungspflicht des Arztes entsprechend § 10 Abs. 1 S. 3 AM-RL ausdrücklich vor. Nur ausnahmsweise darf die Dokumentation „nachgeschoben“ werden (vgl. dazu z. B. www.sozialgerichtsbarkeit.deUrteil des SG Dresden vom 25. November 2015, S 18 KA 210/11, zu 1.):
Im Ergebnis kann dem Arzt durch den Regress gemäß §§ 106 i. V. m. 92 SGB V ein erheblicher Schaden entstehen: Die Krankenkasse muss die Verordnung insgesamt nicht ausgleichen – auch wenn bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären (vgl. dazu z. B. www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG vom 13. August 2014, B 6 KA 38/13; Rdnr. 36):
Das LSG hat schließlich zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei einem Arzneimittelregress nicht darauf ankommt, ob als Folge der Verordnungen des Arztes der Krankenkasse des Versicherten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wird der durch eine unrechtmäßige ärztliche Verordnung eingetretene Schaden nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Krankenkasse des Versicherten bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären. Diese Rechtsprechung berücksichtigt, dass es auf die Beachtung der für die vertragsarztrechtliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme, wenn die Kosten, die hypothetisch bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, schadensmindernd berücksichtigt würden …
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