Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Die Berechnung des Wohngeldes

4. Januar 2021, aktualisiert am 6. Januar 2021 | Kommentar schreiben

Rechner mit Paragraf

Insbesondere § 19 Höhe des Wohngeldes
 
(1) Das ungerundete monatliche Wohngeld für bis zu zwölf zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder beträgt
1,15 · (M – (a + b · M + c · Y) ·Y) Euro.
„M“ ist …
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 19 WoGG
enthält die maßgeblichen Vorschriften zur Berechnung des Wohngeldes. Allerdings ist die in § 19 Abs. 1 WoGG enthaltene Wohngeldformel zunächst kaum verständlich und erschließt sich auch bei näherer Betrachtung kaum. Deshalb empfiehlt es sich, einfach einen Wohngeldrechner (z. B. den Wohngeldrechner des Bundesministeriums des Innern) zu nutzen. Das Bundesministerium des Innern stellt in seinem Internetauftritt auch Wohngeldtabellen für verschiedene Haushaltsgrößen bereit, aus denen die Werte für das Wohngeld entsprechend der Miethöhe und dem jeweiligen Gesamteinkommen abgelesen werden können.

Wenn Sie das Wohngeld selbst berechnen wollen, müssen Sie die Werte in der Formel aus § 19 Abs. 1 WoGG entsprechend dem unten aufgezeigten Beispiel und die dort genannten Formeln entsprechend den unten auszugsweise abgedruckten Anlagen zum WoGG einsetzen und „abarbeiten“:

Das ungerundete monatliche Wohngeld für bis zu zwölf zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder beträgt
1,15 · (M – (a + b · M + c · Y) ·Y) Euro

Inhaltsübersicht:
1. Einkommen und Vermögen2. Plausibilitätsprüfung3. Beispiel4. Anlage 1 zum WoGG5. Anlage 2 zum WoGG6. Anlage 3 zum WoGG

1. Einkommen und Vermögen

Wie bei anderen Sozialleistungen muss erzieltes Einkommen auch bei der Berechnung des Wohngeldes anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Die im Hinblick auf das erzielte Einkommen maßgeblichen Vorschriften zur Berücksichtigung des Einkommens enthalten die §§ 15 ff. WoGG. Zunächst ist das Jahreseinkommen gemäß § 15 Ermittlung des Jahreseinkommens
 
(1) Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens ist das Einkommen zu Grunde zu legen, das im Zeitpunkt der Antragstellung im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist. Hierzu können die Verhältnisse vor dem Zeitpunkt der Antragstellung herangezogen werden; § 24 Abs. 2 bleibt unberührt.
…
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 15 WoGG
zu ermitteln. Davon können dann die Abzugsbeträge und Freibeträge gemäß §§ 16, 17 und § 18 Abzugsbeträge für Unterhaltsleistungen
 
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden zu erwartenden Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen abzuziehen:
1. bis zu 3 000 Euro jährlich für …
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
18
WoGG abgezogen werden.

Anders als zum Beispiel bei Leistung zum Hartz 4 oder auch zur Grundsicherung im Alter gemäß dem SGB XII ist bei der Berechnung des Wohngeldes nur erhebliches Vermögen gemäß § 21 Sonstige Gründe
 
Ein Wohngeldanspruch besteht nicht,
…
3. soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre, insbesondere wegen erheblichen Vermögens.
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 21 Nr. 3 WoGG
zu berücksichtigen. In der Regel wird für einen Einpersonenhaushalt zumindest ein Freibetrag in Höhe von zumindest 60.000 € berücksichtigt. Für einen Zweipersonenhaushalt werden zumindest 90.000 € berücksichtigt.

2. Plausibilitätsprüfung

Anders als im Bereich des SGB II und des SGB XII kann der wohngeldbeziehende Hilfeempfänger eines Einpersonenhaushalts durchaus über ein nennenswertes Vermögen in Höhe von bis zu 60.000 € verfügen (siehe oben zu 1.). Das Vermögen darf nur nicht erheblich sein, s. o., § 21 Nr. 3 WoGG.

Vorhandenes Vermögen unter der „Erheblichkeitsschwelle“ kann im Rahmen der sogenannten „Plausibilitätsprüfung“ sogar für den Antragsteller interessant sein und von dem Antragsteller genutzt werden, der tatsächlich nur ein geringes Einkommen erzielt, der seinen Lebensunterhalt aber durch den Einsatz der Ersparnisse (seines Vermögens) trotz des geringen Einkommens selbst bestreiten kann. Dieser Antragsteller muss nämlich nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt auf Dauer selbst bestreiten kann. Ansonsten würde er von der Wohngeldstelle auf Leistungen zum Hartz 4 bzw. zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verwiesen. Dort bekäme der Antragsteller aber „Probleme“, da das zulässige Schonvermögen viel niedriger liegt. Dieser Antragsteller würde darauf verwiesen, erst sein Vermögen oberhalb des Schonvermögens einzusetzen, bevor er Leistungen gemäß dem SGB II und XII beziehen kann.

3. Beispiel

Beispiel:

2 Haushaltsmitglieder haben ein Haushaltseinkommen in Höhe von 900,00 €. Die Miete beträgt 480,00 €. Das Mietniveau der Region liegt in Mietenstufe 3 gemäß § 12 WoGG.

Eine Bereinigung der Kosten der Unterkunft gemäß Anlage 1 ist nicht erforderlich, da der Höchstmietpreis gemäß Anlage 1 in Mietstufe 3 bei zwei Haushaltsmitgliedern 516 Euro beträgt und nicht überschritten wird.

Aus Anlage 2 zum WoGG ergeben sich folgende Tabellenwerte:

A = 3,000 E-2, also a = 0,03
B = 4,050 E-4, also b = 0,0004050
C = 8,800 E-5, also c = 0,000088

E-2, E-4 und E-5 bedeuten: geteilt durch 100, 10 000 und 100 000

Aus Anlage 3 ergeben sich die folgenden Rechenschritte:

Ein „Ersetzen“ der Mietkosten oder des Gesamteinkommens gemäß Anlage 3 zu 1. ist nicht erforderlich, da sowohl die Mietkosten M als auch das Einkommen Y nicht die zu 1. genannten Werte (64 und 357 für zwei Haushaltsmitglieder) unterschreiten. Die Miete M beträgt 480 €. Das Gesamteinkommen Y beträgt 900 €.

Berechnung der Dezimalzahlen gemäß Anlage 3 zu 2.:
z1 = a + b · M + c ∙ Y,
z2 = z1 ∙ Y,
z3 = M – z2,
z4 = 1,15 ∙ z3.

z1 = a + b · M + c · Y
z1 = 0,03 + 0,000405 · 480 + 0,000088 · 900 = 0,03 + 0,1944 + 0,0792
z1 = 0,3036

z2 = z1 · Y
z2 = 2,0532 · 900 = 273,24

z3 = M – z2 = 480 – 273,24
z3 = 206,76

z4 = 1,15 · z3 = 1,15 · 206,76 = 237,77
z4 = 238

Der Wohngeldanspruch beträgt also 238 € (Aufrundung gemäß Anlage 3 zu 3.).

Die Wohngeldformel stellt eine Beziehung zwischen der Miete bzw. den Lasten des Wohneigentums (M), dem monatlichen Gesamteinkommen (Y) und der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (a, b + c) her.

Die Werte für a, b und c ergeben sich aus der nachfolgend auszugsweise abgedruckten Tabelle in Anlage 2 des WoGG. In Anlage 3 werden die Rechenschritte zur Berechnung der Höhe des Wohngeldes genau beschrieben.

4. Anlage 1 zum Wohngeldgesetz (WoGG)

Anlage 1 zum Wohngeldgesetz nennt die Mietenstufen mit den höchzulässigen Mieten bzw. Lasten M.

Aus § 12 WoGG und der Anlage 1 zum WoGG ergeben sich die Mietenstufen mit den Höchstbeträgen, die in die Formel zur Berechnung des Wohngeldes eingesetzt werden können.

Anzahl
der zu berücksichtigenden
Haushaltsmitglieder
Mietenstufe Höchstbetrag
in Euro
1 I
II
III
IV
V
VI
VII
338
381
426
478
525
575
633
2 I
II
III
IV
V
VI
VII
409
461
516
579
636
697
767
3 I
II
III
IV
V
VI
VII
487
549
614
689
757
830
912
4 … …

 

5. Anlage 2 zum Wohngeldgesetz (WoGG)

Anlage 2 nennt die Rechengrößen zur Differenzierung zwischen Haushalten mit verschiedener Anzahl der Haushaltsmitglieder.

Anlage 2 zum WoGG

1 Haushaltsmitglied 2 Haushaltsmitglieder 3 Haushaltsmitglieder 4 …
a 4,000 E-2 3,000 E-2 2,000 E-2 …
b 5,800 E-4 4,050 E-4 3,500 E-4 …
c 1,180 E-4 8,800 E-5 7,090 E-5 …

Hierbei bedeuten:
E-1 geteilt durch 10,
E-2 geteilt durch 100,
E-4 geteilt durch 10 000,
E-5 geteilt durch 100 000.

 

6. Anlage 3 zum Wohngeldgesetz (WoGG)

Anlage 3 bezeichnet die einzuleitenden Rechenschritte:

Anlage 3 zum WoGG

Rechenschritte und Rundungen

  1. Werte für „M“ und „Y“, die unterhalb der folgenden Tabellenwerte liegen, werden durch diese ersetzt:

    1 Haushaltsmitglied 2 Haushaltsmitglieder 3 Haushaltsmitglieder 4 …
    M 52 64 76 …
    Y 275 357 414 …
  2. Das ungerundete monatliche Wohngeld ergibt sich durch Einsetzen der Werte für „a“, „b“, „c“ (Anlage 2) und für „M“ und „Y“ in die Formel nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und durch Ausführen der vier folgenden Rechenschritte:

    Berechnung der Dezimalzahlen
    z1 = a + b · M + c ∙ Y,
    z2 = z1 ∙ Y,
    z3 = M – z2,
    z4 = 1,15 ∙ z3.
    Hierbei sind die Dezimalzahlen als Festkommazahlen mit zehn Nachkommastellen zu berechnen.
  3. Dieses ungerundete monatliche Wohngeld ist bis unter 0,50 Euro auf den nächsten vollen Euro-Betrag abzurunden sowie von 0,50 Euro an auf den nächsten vollen Euro-Betrag aufzurunden.
 

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