- Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, sind bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
- An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können.
So lauten die Leitsätze des am www.sozialgerichtsbarkeit.de7. Juni 2010 verkündeten Urteils des 14. Senates des Bundessozialgerichts (B 14 AS 46/09).
Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen im Sinne des § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. …
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 11 Abs. 1 SGB II dar, auch wenn es als „bereites Mittel“ zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (s. o. BSG, Rdnr. 16).
[21]… Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sogenannten Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden. …
[22] Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. …
Der Nachweis der Tilgung des Darlehens kann für sich genommen ein wesentlicher Prüfungspunkt sein, ob tatsächlich ein Darlehensvertrag verabredet wurde (s. o. BSG, Rdnr. 32). Ein mündlicher Darlehensvertrag mit einer unbestimmten Rückzahlungsverpflichtung ist unüblich (s. o., BSG Rdnr. 33 am Ende).
§ 11 Zu berücksichtigendes Einkommen
(1) … Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. …
…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 11 Abs. 1 S. 3 SGB II stellt ausdrücklich klar, dass auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen Einnahmen sind. Dies bedeutet umgekehrt, dass andere darlehensweise erzielte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, sie wurden nur vorübergehend zur Verfügung gestellt.
Seiler says
Ich beziehe Grundsicherung nach SGB II und habe mit einer Bekannten (Darlehensgeber) einen Kredit mit festgeschriebener Rückzahlungspflicht und Zinsen erhalten. Das Darlehen wird hauptsächlich für eine Firmenauflösung (Steuerberater, Rechtsanwalt, Gebühren) sowie die monatlichen Tilgungen eines Hauskredits verwendet, welche verständlicherweise nicht mit den SGB II Leistungen bezahlt werden können. Die Zinsen des Hauskredits werden vom Jobcenter übernommen.
Das Jobcenter möchte nun wissen, für was ich das Geld aus dem Kreditvertrag ausgebe, und fordert Kopien von den Rechnungen des Steuerberaters, Rechtsanwaltes etc. an. Ist diese Rechnungsanforderung rechtens, muss ich nachweisen, für was ich das Geld aus dem Kreditvertrag verwende?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo,
Ihre Frage kann ich gut nachvollziehen. Ich gehe davon aus, dass es sich um ein bereits gewährtes Darlehen handelt.
Nach einer ersten kurzen rechtlichen Prüfung und mangels genauer Kenntnis des Sachverhalts gebe ich zu bedenken, dass möglicherweise das Jobcenter erst prüft (bzw. dies zumindest so darstellt), ob die Darlehensgewährung nicht als private Zuwendung zu qualifizieren ist. Dann könnten sich Zahlungseingänge aus der Darlehensgewährung als Einkommen darstellen. Fragen zur Verwendung des Darlehens könnten dann durchaus erlaubt sein.
In dem vorbenannten Zusammenhang würde ich jedenfalls äußerst vorsichtig sein und möglichst nicht riskieren, dass Mitwirkungspflichten mit der Folge einer Versagung/Entziehung verletzt werden. Bei Zahlungseingängen – insbesondere bei privaten Darlehen – soll durchaus geprüft werden, ob sich der Zahlungseingang als Darlehen oder als Zuwendung bzw. als einkommensgleiche Unterhaltsunterstützung oder Schenkung darstellt. Je nach Bewertung des Zahlungseingangs erfolgt dann eine Berücksichtigung als Einkommen bzw. eine Nichtberücksichtigung, wenn der Zahlungseingang nicht als Einkommen zu bewerten.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
MB says
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
ich möchte mit einem Freund einen Darlehensvertrag für den Kauf einer Immobilie abschließen. Den Kaufpreis für die Wohnung würde ich von ihm erhalten. Im Gegenzug würden wir vereinbaren, dass das Darlehen in unregelmäßigen Abständen in unbestimmter Höhe nach Belieben zurückbezahlt werden soll. Auch soll der Freund die Wohnung mit mir gemeinsam bewohnen und nutzen dürfen ohne Miete entrichten zu müssen.
Ich habe nun gelesen, dass es sinnvoll ist in einem privaten Darlehensvertrag die Zinsen schriftlich mit anzugeben, damit im Nachhinein die Zinsen nicht später vom Finanzamt (evtl. überhöht) bestimmt und dann als Einkommenssteuer versteuert werden.
Besteht denn die Möglichkeit Zinsen in Form einer Nutzungsüberlassung zu vereinbaren oder muss es sich bei dem Zinsgegenstand um „Geld“ handeln?
Würde der beschriebene Fall als Schenkung oder Darlehen eingeordnet werden?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
M. Bächerle
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo MB,
der von Ihnen beschriebene Sachverhalt ist für mich kaum verständlich – was hat das mit Leistungen zum Bürgergeld zu tun?
Wenn nur „nach Belieben“ zurückgezahlt werden muss – auch wenn Sie sich zerstritten haben – dann würde ich bei einer „natürlichen Betrachtung“ eher zu einer Schenkung kommen als zu einem Darlehen. Aber was wollen Sie im Ergebnis erreichen? Sollen Kosten der Unterkunft bzw. Kosten des Darlehens durch das Jobcenter ersetzt werden?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt