Der Einwilligungsvorbehalt ist eine der einschneidendsten Maßnahmen im Betreuungsrecht und bedeutet für Betroffene einen erheblichen Eingriff in ihre Geschäftsfähigkeit. Doch wann genau darf das Betreuungsgericht ihn anordnen, welche Rechtsgeschäfte sind betroffen und welche bleiben erlaubt? Dieser Artikel erklärt Ihnen die genauen Voraussetzungen, die Folgen und die Ausnahmen des Einwilligungsvorbehalts nach § 1825 BGB.
1. Was ist ein Einwilligungsvorbehalt?
Der Einwilligungsvorbehalt dient der Vermeidung einer erheblichen Gefahr für das Vermögen oder die Person des Betreuten, § 1825 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BGB. Der Einwilligungsvorbehalt muss vom Betreuungsgericht angeordnet werden, § 1825 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB. Dann bedarf der Betreute zu einer Willenserklärung der Einwilligung des Betreuers, § 1825 Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz BGB.
Der Einwilligungsvorbehalt kann den Bereich der Vermögenssorge, aber zum Beispiel auch die Bereiche der Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfragen betreffen. Nicht erfasst werden Willenserklärungen, die auf die Eingehung einer Ehe gerichtet sind, Verfügungen von Todes wegen, Anfechtung eines Erbvertrages, …, § 1825 Abs. 2 BGB.
2. Voraussetzungen: Wann wird ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet?
Für den Einwilligungsvorbehalt gilt der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeits- und Erforderlichkeitsgrundsatz. Der Einwilligungsvorbehalt ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Allein Gefahren für Dritte rechtfertigen einen Einwilligungsvorbehalt nicht. Der Einwilligungsvorbehalt kann nur angeordnet werden, wenn der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer relevanten Behinderung seinen Willen nicht mehr frei bestimmen kann. Der Staat ist aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, dem Betreuten eine Besserungsmaßnahme aufzudrängen. Dies gilt auch dann, wenn der Betreute damit gehindert werden soll, sich selbst zu schädigen. Die Gefahr der Vermögensschädigung für den Betreuten muss erheblich sein. Die Erheblichkeit betrifft sowohl den Umfang des drohenden Schadens als auch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts. Die Frage der Geschäftsfähigkeit bzw. der Geschäftsunfähigkeit spielt beim Einwilligungsvorbehalt keine Rolle.
3. Folgen: Wie wirkt sich der Einwilligungsvorbehalt aus?
Aus § 1825 Abs. 1 S. 1 BGB geht schon hervor, dass der Einwilligungsvorbehalt nur im Zusammenhang mit der Betreuung angeordnet werden kann. Der Einwilligungsvorbehalt bewirkt, dass der Betreute zur Rechtswirksamkeit einer Willenserklärung der Einwilligung des Betreuers bedarf. Dies entspricht grundsätzlich der beschränken Geschäftsfähigkeit gemäß § 108 BGB.
4. Welche Ausnahmen gibt es?
Ausgenommen von dem Einwilligungsvorbehalt sind bei Erwachsenen nur rechtlich vorteilhafte Geschäfte und geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens. Geschäfte des täglichen Lebens betreffen unter anderem den Einkauf von Lebensmitteln. Das „geringfügige Geschäft“ gemäß § 1825 Abs. 3 S. 2 BGB wird vom persönlichen Lebensstil des Betroffenen bestimmt.
5. Musterschriftsatz: Anregung eines Einwilligungsvorbehaltes
Wenn Sie für einen Betreuten die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes anregen möchten, können Sie sich an folgendem Muster orientieren:
An das Amtsgericht
– Betreuungsgericht –
betr.: Betreuung für Herrn/Frau …
Gerichtliches Aktenzeichen: …
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit rege ich an anzuordnen, dass Willenserklärung des/der Betroffenen, die den Aufgabenkreis der Vermögenssorge betreffen, der Einwilligung des/der Betreuers (in) bedürfen.
Die/der Betroffene leidet an … . …
Es besteht die Gefahr … . …
Ich halte die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes im Bereich der Vermögenssorge für erforderlich, weil ….
Mit freundlichen Grüßen
6. Aufhebung und Rechtsmittel: Wie kann man sich wehren?
- Beschwerde einlegen: Gegen den Beschluss des Betreuungsgerichts ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig. Frist: ein Monat nach Bekanntgabe (bei einstweiliger Anordnung oft nur 14 Tage).
- Persönliche Anhörung: Fordern Sie eine erneute persönliche Anhörung durch das Beschwerdegericht. Ihr Wille ist entscheidend, wenn er frei gebildet ist.
- Sachverständigengutachten: Bestreiten Sie die Notwendigkeit. Der Einwilligungsvorbehalt setzt eine erhebliche Gefahr für Person/Vermögen voraus. Ein neues Sachverständigengutachten kann erforderlich sein, wenn das letzte älter als sechs Monate ist oder die Umstände sich geändert haben.
- Begründung: Argumentieren Sie, dass die erhebliche Gefahr nicht (mehr) besteht oder der Vorbehalt nicht erforderlich ist, weil Sie die Tragweite Ihrer Handlungen einschätzen können.
7. Häufige Fragen zum Einwilligungsvorbehalt
Wann darf das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen?
Nur, wenn für den Betreuten eine erhebliche Gefahr für sein Vermögen oder seine Person besteht und mildere Mittel nicht ausreichen. Der Einwilligungsvorbehalt darf nicht allein zur „Besserung“ oder als Erziehungsmaßnahme angeordnet werden, sondern ausschließlich zum Schutz des Betreuten (§ 1825 Abs. 1 BGB).
Ist man mit Einwilligungsvorbehalt geschäftsunfähig?
Nein. Der Betreute bleibt grundsätzlich geschäftsfähig, seine Erklärungen werden aber nur wirksam, wenn der Betreuer einwilligt. Das entspricht der beschränkten Geschäftsfähigkeit nach § 108 BGB.
Welche Geschäfte bleiben auch mit Einwilligungsvorbehalt erlaubt?
Rechtlich vorteilhafte Geschäfte und geringfügige Geschäfte des täglichen Lebens bleiben möglich (§ 1825 Abs. 3 S. 2 BGB). Dazu zählen etwa Einkäufe für den täglichen Bedarf oder einfache Verträge des Alltags.
Wie kann man sich gegen einen Einwilligungsvorbehalt wehren?
Betroffene können Beschwerde gegen den Beschluss des Betreuungsgerichts einlegen (§ 58 FamFG) oder die Aufhebung beantragen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr bestehen (§ 1871 BGB).
Wann wird der Einwilligungsvorbehalt aufgehoben?
Sobald keine erhebliche Gefährdung mehr besteht oder der Betreute seine Angelegenheiten wieder selbständig regeln kann. Das Gericht prüft regelmäßig, ob die Maßnahme noch erforderlich ist (§ 294 FamFG).
8. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zur Erforderlichkeit der Betreuung, den Aufgabenkreisen eines Betreuers, der Postkontrolle und der Haftung des Betreuers:

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