Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Startseite  Betreuungsverfahren - Übersicht  2. gerichtliche Betreuungsverfahren

Aufgabenkreise des Betreuers und Genehmigungspflichten

01.12.2016, aktualisiert am 19.01.2023

VG Wort - ZählpixelIn seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich, § 1902 Vertretung des Betreuten
 
In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich.
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 1902 BGB
. Die Vertretungsbefugnis des Betreuers beschränkt sich also auf den ihm übertragenen Aufgabenkreis bzw. auf die ihm übertragenen Aufgabenkreise.
 
Die Aufgabenkreise ergeben sich aus der dem Betreuer ausgestellten Bestellungsurkunde. Dabei darf der Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, § 1896 Voraussetzungen
 
(1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB
. Eine Betreuung ist insbesondere dann nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können, § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB. Im Ergebnis ist es nicht einfach, zu klären, ob eine konkrete Angelegenheit von dem übertragenen Aufgabenkreis erfasst wird.
 
Selbst wenn der Betreuer in seinem Aufgabenkreis tätig wird, so sind immer noch vielfältige Genehmigungspflichten zu beachten.

1. Standard-Aufgabenkreise2. Genehmigungspflichten

1. „Standard-Aufgabenkreise“

Unter anderem folgende „Standard-Aufgabenkreise“ wurden von der Praxis entwickelt:

a) Vermögenssorge

Der Begriff der Vermögenssorge umfasst die unterschiedlichsten Bereiche.

Es werden alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen eingeschlossen, die darauf gerichtet sind, das Vermögen des Betreuten zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren.

Der Begriff der Vermögenssorge umfasst also Bereiche wie arbeitsrechtliche Ansprüche, Forderungen von und gegen Banken/ Sparkassen/ Versicherern/ Rententrägern/ Krankenkassen und anderen Gläubigern. Die Vermögenssorge umfasst auch die Verwaltung und Verwertung von Vermögensgegenständen sowie die Schuldenregulierung. Strittig ist, ob die Vermögenssorge auch die Beantragung sozialrechtlichere Leistungen umfasst. So entschied zum Beispiel das Landgericht Köln in einem Urteil vom 14. Mai 1997 (13 S 17/97, abgedruckt in Familienrechtszeitung 1998, 919), dass die Beantragung von Sozialleistungen für den Betreuten nicht in den Bereich der Vermögenssorge falle. Dies gehöre zur „Personensorge“. Demgegenüber gehört allerdings auch die Beantragung von Sozialleistungen zum Aufgabenkreis „Vermögenssorge“, wenn dieser Begriff weit ausgelegt wird.

b) Gesundheitsfürsorge

Der Begriff Gesundheitsfürsorge umfasst die medizinische und medikative Versorgung für jede Art von Erkrankung oder Vorsorge. Davon wird sowohl die psychiatrische Behandlung erfasst als auch zum Beispiel die turnusmäßige zahnärztliche Behandlung. Um die Verantwortung des Betreuers nicht ausufern zu lassen ist hier allerdings die Beschränkung zu beachten, dass die Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge dann nicht von dem Betreuer wahrgenommen werden müssen, wenn der Betreute über eine natürliche Einsichts-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit verfügt.

c) Aufenthaltsbestimmung

Der Aufgabenkreis „Aufenthaltsbestimmung“ umfasst sowohl die Vertretung des Betroffenen bei der Aufrechterhaltung oder dem Wechsel des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsortes sowie auch den Abschluss oder die Kündigung von hiermit im Zusammenhang stehender Verträge. Auch hier ist die Bestellung eines Betreuers für diesen Aufgabenkreis nur erforderlich, wenn der Betroffene nicht über die natürliche Einsichts-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit verfügt.

d) Wohnungsangelegenheiten

Der Begriff „Wohnungsangelegenheiten“ umfasst zum Beispiel die Kündigung des Wohnraums des Betreuten mit Räumungsverfahren, die Auflösung des Mietverhältnisses, die Regelung der Miethöhe oder auch zum Beispiel die Entrümpelung einer Wohnung.

e) Alle Angelegenheiten

Die Bestellung eines Betreuers für „alle Angelegenheiten“ beeinträchtigt die Freiheitsrechte des Betroffenen erheblich. Eine derartige Betreuung für alle Angelegenheiten darf daher in der Regel nicht erfolgen. Eine Betreuung für alle Angelegenheiten kommt nur in Betracht, wenn der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung oder Behinderung keine seiner Angelegenheiten mehr selbst besorgen kann.

f) Fernmeldeverkehr und Post

Schließlich regelt § 1896 Abs. 4 BGB, dass die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betroffenen vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst wird, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. Ist der Betreuer also für „alle Angelegenheiten“ bestellt, ohne dass eine ausdrückliche Anordnung auch für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs sowie der Entgegennahme und das Öffnen der Post erfolgte, so erstreckt sich der Aufgabenbereich des Betreuers nicht auf den Aufgabenkreis „Fernmeldeverkehr und Post“. Eine derartige Anordnung darf nur getroffen werden, wenn der Betreuer seine Aufgaben ansonsten nicht in der gebotenen Weise erfüllen könnte und hierdurch wesentliche Rechtsgüter des Betroffenen erheblich gefährdet oder beeinträchtigt würden.

2. Genehmigungspflichten

Bei zahlreichen Rechtsgeschäften ist die Wirksamkeit des Handelns des Betreuers – auch wenn er in seinem Aufgabenkreis tätig wird – von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängig, vgl. §§ 1904-1908 BGB. Für die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung gelten die §§ 1828 ff. BGB entsprechend. Das Gericht prüft die Gesetzmäßigkeit und Wirksamkeit der beabsichtigten oder auch der durchgeführten Maßnahmen.

Ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft, das vom Betreuer ohne die Genehmigung des Betreuungsgerichts abgeschlossen worden ist, wird erst mit der Genehmigung des Familiengerichts wirksam, § 1829 Nachträgliche Genehmigung
 
(1) Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Familiengerichts, so …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 1829 Abs. 1 S. 1 BGB
.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, dass der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des Familiengerichts vornimmt, ist unwirksam, § 1831 S. 1 BGB. Hat der Vormund den anderen Teil gegenüber der Wahrheit zuwider die Genehmigung des Familiengerichts behauptet, so ist der andere Teil bis zur Mitteilung der nachträglichen Genehmigung des Familiengerichts zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass ihm das Fehlen der Genehmigung bei dem Abschluss des Vertrages bekannt war, § 1830 Widerrufsrecht des Geschäftspartners
 
Hat der Vormund dem anderen Teil gegenüber der Wahrheit zuwider die Genehmigung …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 1830 BGB
.

mehr zum Thema:


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    ... unter Postkontrolle sind die Entgegennahme und das Öffnen eingehender Post sowie das Anhalten ausgehender Post des Betroffenen zu verstehen ... ... | mehr

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5 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. Hans von der Heydt meint

    04.03.2020

    Guten Tag!

    Ich habe nur eine einzige Frage:

    Eine ältere Seniorenheimbewohnerin, die aufgrund ihrer Blindheit auch ein recht ansehnliches Blindengeld bezieht und eine gesetzlich verfügte Betreuerin hat, möchte im Rahmen der wohl gegebenen Vermögensfürsorge trotzdem über zumindest einen Teil dieser Bezüge verfügen können. Sie ist vollkommen geschäftsfähig …

    Für eine diebezügliche Information wäre ich Ihnen sehr dankbar.

    Mit freundlichen Güssen
    von der Heydt

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      05.03.2020

      Hallo Herr von der Heydt,

      eine Betreute, für den ein Betreuer (auch) im Bereich der Vermögensfürsorge bestellt ist, kann „eigentlich“ über ihr Vermögen frei verfügen. Durch die Betreuung wird die Betreute nicht geschäftsunfähig, sie wird also nicht gehindert, auch weiterhin selbst über ihr Vermögen zu verfügen. Nur in besonderen Fällen ist ein Betreuter (bzw. eine Betreute) nicht mehr in der Lage, über Vermögen frei zu verfügen.

      Die Betreute scheint doch geschäftsfähig zu sein. Sie kann also alle Rechtsgeschäfte abschließen, die ein Geschäftsfähiger abschließen kann. Wenn sie z. B. etwas kaufen oder verkaufen möchte, muss sie ihren Betreuer nicht um Erlaubnis fragen … Sie sollte sich also an den Betreuer mit der Bitte wenden, Ihr entsprechend „freie Hand zu lassen“ (bzw. einfach entsprechend handeln …).

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  2. Beyer meint

    06.09.2022

    Guten Tag,

    Ich habe mal eine Frage : seit kurzem habe ich mir selber einen gesetzlichen Betreuer beantragt. Nun steht im Beschluss „Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung“.

    Was genau bedeutet das?

    Er meinte beim Erstgespräch, er könne z. B. meine Autos gegen meinen Willen verkaufen. Stimmt das?

    Ich hatte beim Beratungsgespräch eigentlich damals explizit darauf hingewiesen, dass ich soetwas nicht möchte und es hieß, dass soetwas nicht passieren wird. Daraufhin habe ich den Betreuer ja auch beantragt und fühle mich nun irgendwo hintergangen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Beyer

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      14.09.2022

      Hallo Herr/Frau Beyer,

      soweit ich dies überblicke würde es sich anbieten, ein Auto (Autos) zur Begrenzung Ihrer Schulden bzw. zur Anschaffung notwendiger Anschaffungen zu verkaufen. Dafür dürfte dann auch keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich sein …

      Gegen Handlungen des Betreuers können Sie ggf. Betreuungsgericht anrufen … Sie können ggf. auch die Aufhebung beantragen, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung des Betreuers weggefallen sind …

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      Mit freundlichen Grüßen
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  3. Lutz Fehling meint

    03.11.2022

    Die Betreuerbestellung ist, es sei denn, dass sich das mittlerweile geändert hätte, „eine Katastrophe“, was Sie spätestens dann „lernen“, wenn es Sie erwischt.

    Verschlimmbessern trifft es ganz gut.

    Niederreißen, was Sie aufgebaut/sich erwirtschaftet haben und vieles mehr.

    Herausgerissen werden aus dem Alltag; Sie sind immer der Meinung, nichts nicht Vertretbares gemacht zu haben — mit dieser latenten Bedrohung muss jede/r BürgerIn leben, was unzumutbar ist.

    Nachher unter Betreuung, was, im Verein mit Pflegedienstpersonal und zust. (Anstalts-)psychiater Ausmaße bis zu Leibeigenschaft annehmen kann, beinhaltend Zwangsarbeit, von Knast nicht zu unterscheidende Unterbringung bzw. Wohnen.

    Der EuGH hat indessen das Aufenthaltsbwstimmungsrecht gekippt:

    „Der Mensch lebt in freier Selbstbestimmung und entscheidet über seinen Aufenthaltsort selbst“.

    Denn damit war die „Einrichtung“ begründet, die wiederum den Automatismus „Zwangsarbeit“ bedeutete.

    200.000, vor 10, 20 Jahren 50-60.000 von dem Kommunen-Wohnen, das es nach UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr geben darf!, betroffen, was Milliarden verschlingt.

    Weiteres:

    instagram.com/declared_mad

    instagram.com/silica_gel_h2o

    instagram.com/b12_deficiency__

    instagram.com/cryptopyrrolury

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