Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Startseite  Betreuungsverfahren - Übersicht  2. gerichtliche Betreuungsverfahren

Zur Erforderlichkeit der Betreuung

26.09.2014, aktualisiert am 19.01.2023

VG Wort - ZählpixelEin Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, § 1896 Voraussetzungen
 
(1) …
(2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB
. Das Gesetz sagt aber nicht, wann dies der Fall ist, sondern nur, wann nicht:

Die Betreuung ist nicht erforderlich, wenn die Angelegenheit

  • durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 BGB bezeichneten Personen gehört, oder
  • durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird,

ebenso gut wie durch ein Betreuer besorgt werden können, § 1896 Voraussetzungen
 
(1) …
(2) … Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB
.

Die Regelungen des § 1896 f. BGB enthalten damit den Grundsatz der Subsidiarität der Betreuung gegenüber

  • gewillkürter rechtlicher Hilfe aufgrund Vollmacht, insbesondere Vorsorgevollmacht bzw.
  • anderweitiger tatsächlicher Hilfe (beispielsweise durch Angehörige, Nachbarn, Wohlfahrtsverbände usw.).

Die Aufgabenkreise des Betreuers sind auch eng zu fassen und auf die konkreten Belange des Betroffenen abzustimmen. Das Bayerische Oberlandesgericht entschied dazu in einem Beschluss vom 22. September 2000 (3 Z BR 220/00) zu den Aufgabenkreisen der Gesundheitsfürsorge, der Aufenthaltsbestimmung und der Vermögenssorge:

Beschluss des BayOLG Beschluss vom 22. September 2000, 3 Z BR 220/00, Leitsatz

Die Bestellung eines Betreuers für den Aufgabenkreis Vermögenssorge kann geboten sein, wenn die Schulden eines vermögenslosen Betroffenen zurückgeführt werden sollen.

In dem vom bayerischen Oberlandesgericht entschiedenen Fall war ein Betreuer für die Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge bestellt worden. Das bayerische Oberlandesgericht prüfte jeweils bei jedem der genannten Aufgabenkreise, ob die Entscheidungen des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung in vollem Umfang standhalten. Hinsichtlich der Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge beanstandete das bayerische Oberlandesgericht an den Feststellungen des Landgerichts nichts. Das Gericht stellte gemäß dem oben genannten Leitsatz fest, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Bestellung eines Betreuers für den Aufgabenkreis Vermögenssorge auch dann erforderlich sein könne, wenn die weitere Verschuldung eines vermögenslosen Betroffenen verhindert werden soll. Hinsichtlich des Aufgabenkreises der Gesundheitsfürsorge konnte die vom Oberlandesgericht zu überprüfende Entscheidung des Landgerichts allerdings nicht in vollem Umfang Bestand haben. Diesbezüglich habe nur im psychiatrischen Bereich eine Betreuung angeordnet werden dürfen. Der Aufgabenkreis „Gesundheitsfürsorge“ sei vom Landgericht zu weit formuliert worden.

Das Oberlandesgericht Köln stellte hinsichtlich des bei der Betreuung eng zu fassenden Aufgabenkreises der Gesundheitsfürsorge in einer Entscheidung vom 16. April 1999 (16 Wx 44/99) fest:

Urteil des OLG KÖln vom 16. April 1999, 16 Wx 44/99, Leitsatz und Rdnrn. 6 und 12

Auch bei unheilbar psychisch Kranken kommt eine vorsorgliche Betreuerbestellung „auf Vorrat“ für den Fall, dass sie in kritischen Situationen nicht mehr handlungsfähig sein sollten, nicht in Betracht, wenn ein aktuelles Betreuungsbedürfnis derzeit nicht besteht und der Gefahreneintritt ( unbeherrschbare kritische Situation ) ungewiss ist.
…
[Rdnr. 6] Der Aufgabenkreis „medizinische Behandlung“ einschließlich etwa notwendiger Aufenthaltsbestimmung ist zu weitgehend, denn in allen Bereichen der Medizin ist bei dem Betroffenen eine Betreuung nicht erforderlich.
…
[Rdnr. 12] Soweit der Beteiligte zu 2) gleichwohl meint, dass die Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge aufrechterhalten bleiben solle, „um Handlungsfähigkeit in kritischen Situationen zu sichern“, weil die Erkrankung nach wie vor Anlass zur Sorge gebe, dass in schwierigen Situationen die Handlungsfähigkeit des Betroffenen überfordert sei, kann das die Betreuungsanordnung nicht rechtfertigen. Voraussetzung einer Betreuung von Amts wegen ist stets, dass der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung nicht (mehr) imstande ist, den seiner konkreten Lebenssituation entsprechenden Bereich zu beherrschen und zu gestalten, und dafür auch ein aktuelles Betreuungsbedürfnis, d. h. Handlungsbedarf besteht ( Senat NJW-FER 98, 25o; BayObLG NJW-RR 97,967). Ein entsprechender Handlungsbedarf für den Bereich der Vermögenssorge besteht indes derzeit nicht, weil der Betroffene die erforderliche medizinische Behandlung, wenn auch unter dem Druck der angeordneten Betreuung, wahrnimmt und er deshalb trotz seiner fortbestehenden Erkrankung seine finanziellen Angelegenheiten selbst regeln kann und auch durchweg beanstandungsfrei regelt.
…

mehr zum Thema:


Den Beitrag oben liste ich mit ca. 15 weiteren Beiträgen auf der folgenden Übersichtsseite auf:
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  • Gerichtshammer silbern Zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht

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2 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. Geiserich meint

    23.07.2019

    Darf ein Betreuer dem Betreuten das Telefonieren verbieten und darf er Besuche von Freunden verhindern bzw. wenn er nicht selbst im Haus ist von anderen verbieten lassen?

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      26.07.2019

      Hallo Geiserich,

      ohne genaue Kenntnis des genauen Sachverhaltes wage ich keine verbindliche Antwort. Aber: „eigentlich“ erscheint ein derartiges Verbot unzulässig und möglicherweise genehmigungspflichtig.

      Eventuell sollten Sie sich bei dem Betreuungsgericht melden und dort zu der Meinungsverschiedenheit vortragen.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
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