Pflegen Kinder ihre Eltern ohne Bezahlung, steht ihnen später eventuell ein höherer Anteil des Erbes bzw. ein zusätzlicher Ausgleichsanspruch gemäß § 2057a Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings
(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 2057 a Abs. 1 S. 1 BGB zu. Eine im Rahmen der Erbrechtsreform zunächst geplante Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten über die Kinder hinaus auf alle gesetzlichen Erben wurde hingegen nicht umgesetzt. § 2057 a BGB gilt also nur zugunsten der Abkömmlinge.
Nach § 2057 a BGB ist die Ausgleichung so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht. Hierbei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Nachlass erhalten wurde, und in welchem Umfang der Berechtigte auf eigenes Einkommen verzichtet hat. Andererseits müssen auch die Vermögensinteressen der weiteren Erben sowie die Höhe des gesamten Nachlasses berücksichtigt werden.
Das LG Konstanz hat dazu in einem Urteil vom 18. Dezember 2009 (5 O 249/08 E) ausgeführt:
[16] Bei der Erbauseinandersetzung der Parteien ist nach § 2057 a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 BGB ein Ausgleichungsbetrag zugunsten der Klägerin in Höhe von 30.000,00 € zu berücksichtigen.
[17] 1. Die Klägerin hat durch Mitarbeit im Haushalt in besonderem Maße dazu beigetragen, dass das Vermögen der Erblasserin erhalten wurde. Abzüglich des Pflegegelds Stufe 3 wurden bei der Pflege der Erblasserin zuhause 1.250,00 € monatlich aufgewendet.
[18] Dem hätte ein monatlicher Aufwand von ca. 2.000,00 € bei einer Heimpflege der Erblasserin gegenüber gestanden. Auf diesen Betrag schätzt das Gericht den entsprechenden Eigenanteil der Erblasserin, der sich bei monatlichen Heimunterbringungskosten von ca. 3.300,00 € bis 3.500,00 € abzüglich der Leistungen bei Pflegestufe 3 bei Heimunterbringung in Höhe von 1.300,00 € bis 1.450,00 € ergeben hätte.
[19] Der geschätzte monatliche Vorteil beläuft sich somit auf 750,00 €, für den Zeitraum ab dem Schlaganfall bis zum Tod der Erblasserin somit auf 43.500,00 €.
[20] Damit sind die Voraussetzungen des § 2057 a Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt.
[21] 2. Gleiches gilt für die Voraussetzungen des § 2057 a Abs. 1 S. 2 BGB. Dass die Klägerin die Erblasserin während längerer Zeit gepflegt hat, steht unstreitig fest.
[22] Dies erfolgte auch unter Verzicht auf eigenes Einkommen. Selbst wenn die Klägerin aufgrund einer Kündigung des Arbeitgebers ihre letzte Arbeitsstelle verloren hätte, ist davon auszugehen, dass sie in der Lage gewesen wäre, eine neue Arbeitsstelle mit ähnlichem Lohnniveau zu finden. Es begegnet daher keinen Bedenken, von einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 1.104,00 € entsprechend der Darlegung der Klägerin auszugehen.
[23] …
[24] 3. § 2057 a Abs. 2 BGB steht einer Ausgleichung nicht entgegen. Die Beträge, die der Klägerin tatsächlich verblieben, stellen kein angemessenes Entgelt für die geleisteten Pflegeleistungen dar. Welcher Betrag hier letztlich angemessen wäre, kann offen bleiben, 733,00 € monatlich sind es jedenfalls nicht.
[25] Auch eine etwaige außergerichtliche mündliche Vereinbarung über einen Kauf des Erbteils für 20.000,00 € steht einer Ausgleichung nicht entgegen, da eine entsprechende Vereinbarung nach den §§ 125, 2371 BGB unwirksam wäre.
[26] 4. Nach § 2057 a Abs. 3 ist die Ausgleichung so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht. Hierbei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Nachlass erhalten wurde und in welchem Umfang die Klägerin auf eigenes Einkommen verzichtet hat. Andererseits müssen auch die Vermögensinteressen der weiteren Erben sowie die Höhe des gesamten Nachlasses berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält das Gericht einen Ausgleichungsbetrag von 30.000,00 € für angemessen.
Das OLG Nürnberg führte in einem Urteil – ebenfalls zu § 2057 a BGB – bereits am 25. Februar 1992 (1 U 3542/1991) aus:
[30] Die Beklagte hat durch Mitarbeit im Haushalt und Geschäft des Erblassers während eines Zeitraums von mehr als 21 Jahren in besonderem Maße dazu beigetragen, das Vermögen des Erblassers zu erhalten und zu vermehren (§ 2057 a Abs. 1 S. 1 BGB). Die Voraussetzungen für eine Anrechnung der in den letzten Jahren erforderlichen Pflege des Erblassers liegen hingegen nicht vor, weil diese nicht unter Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen geschah (§ 2057 a Abs. 1 S. 2 BGB). Zu berücksichtigen sind neben den übrigen Umständen in erster Linie Dauer und Umfang der Leistungen sowie der Wert des Nachlasses (§ 2057 a Abs. 3 BGB), wobei auf eine Nachrechnung jeder Einzelheit verzichtet werden und statt dessen eine pauschale Schätzung vorgenommen werden kann (vgl. z.B. Staudinger-Werner, BGB, 12. Aufl., Rdz. 1 zu § 2057 a).
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