Der Gläubiger einer Forderung gegen den Betreuten wird eine Forderung in der Regel nur gegenüber dem Betreuten geltend machen können. Ausnahmsweise kommt auch eine Eigenhaftung des Betreuers in Betracht. Darüber hinaus kommt eine Haftung des Betreuers z. B. bei Überschreiten der gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß allgemeinen Grundsätzen in Betracht. Ferner kann der Gläubiger gegenüber dem Betreuer im Wege der Pfändung und Überweisung einer ggf. vorhandenen Forderung des Betreuten gegenüber dem Betreuer vorgehen.
1. Haftung des Betreuers gegenüber dem Betreuten
Gegenüber dem Betreuten haftet der Betreuer für Schäden, die aus der schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen der Amtsführung resultieren, § 1826 Haftung des Betreuers
(1) Der Betreuer ist dem Betreuten für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn der Betreuer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 1826 Abs. 1 BGB. § 1826 BGB erfasst nicht die Haftung des Betreuers gegenüber Dritten.
Grundlage der Haftung des Betreuers gegenüber dem Betreuten ist eine Kausalität der Pflichtverletzung für den entstehenden Schaden. Die Haftung des § 1826 Abs. 1 BGB gründet sich auf ein gesetzliches Schuldverhältnis familienrechtlicher Art, das zwischen Betreuer und Betreutem besteht, und beginnt mit der Bestellung des Betreuers.
2. Haftung des Betreuers gegenüber Dritten – Eigenhaftung
Der Betreuer ist aufgrund § 1823 Vertretung des Betreuten
In seinem Aufgabenkreis kann der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 1823 BGB der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Grundsätzlich haftet Dritten gegenüber also nur der Betreute, nicht der Betreuer.
Nach der ständigen Rechtsprechung treffen Verpflichtungen aus einem Schuldverhältnis grundsätzlich den Vertretenen und nur ausnahmsweise unter besonderen Umständen auch den Vertreter. Die Ausnahmefälle, in denen die Eigenhaftung des Vertreters eintreten kann, werden üblicherweise dahin umschrieben, dass der Vertreter ein besonderes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Vertrages oder dass er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat (vgl. z. B. OLG Düsseldorf vom 26. August 2008, I-15 U 26/09):
… Für eine unmittelbare Eigenhaftung des Vertreters bzw. Betreuers für Handlungen des Betreuten besteht im Falle des Fehlens einer besonderen Sachwaltereigenschaft auch kein schützenswertes Bedürfnis. Einem geschädigten Vertragspartner steht für den Fall einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters vor oder während des Vertragsschlusses gegen den unmittelbaren Vertragspartner ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Einer weiteren haftenden Person bedarf es unter allgemeinen Interessengesichtspunkten nicht. …
Darüber hinaus kommt eine Haftung des Betreuers z. B. bei Überschreiten der gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß allgemeinen Grundsätzen in Betracht.
3. Deliktische Haftung des Betreuers
Soweit der Betreute einem von ihm geschädigten Dritten nicht im Rahmen eines Rechtsgeschäftes, sondern z. B. aus Delikt selbst haftet, kann ein interner Regressanspruch des Betreuten gegenüber dem Betreuer begründet sein, wenn die Drittschädigung auf der mangelhaften Amtsführung beruhte.
Anders kann es sein, wenn das deliktische Verhalten des schuldfähigen Betreuten das Verhalten des Betreuers überlagert. Hat der Betreuer es in seinem Aufgabengebiet pflichtwidrig unterlassen, Gefahrenquellen für Dritte zu beseitigen, kommt ein solcher Regressanspruch wegen des Verschuldens des Betreuten nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Peter Forsberg says
Was würden Sie sagen, wenn der Gläubiger eine deliktische Forderung (Eingehungsbetrug) gegen die betreute Person hat, diese nachträglich anmelden musste, da kein außergerichtlicher Einigungsversuch seitens des Betreuers unternommen worden ist. Beim Insolvenzantrag wird der geschädigte Gläubiger verschwiegen. Der Insolvenzantrag wurde nur vom Betreuer unterschrieben, der die Geldstrafe nach dem Insolvenzantrag abschließend noch vier Monate bediente? Der BGH hat in mehreren Entscheidungen eine sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB angenommen, wenn ein Gläubiger verschwiegen worden ist. Allerdings war hier in den meisten Fällen das Insolvenzverfahren bereits abgeschlossen.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Forsberg,
Ihre Frage verstehe ich nicht wirklich – während der Dauer des Insolvenzverfahrens sind jedenfalls Vollstreckungsversuche unzulässig. Dies gilt sowohl für Ansprüche, die „ganz normal“ zur Tabelle anzumelden sind als auch für Ansprüche aus unerlaubter vorsätzlicher Handlung.
Bei Ansprüchen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gilt zusätzlich noch, dass diese nicht an der Restschuldbefreiung teilnehmen – das heißt: ist der deliktische Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung richtigerweise nicht angemeldet worden und wird er nach Ablauf der Restschuldbefreiung geltend gemacht, so muss der Schuldner den Anspruch auch bedienen.
Im Ergebnis verliert der Gläubiger also seinen Anspruch gegen den Schuldner (betreute Person) nicht.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Gisela Meier says
Als Betreuerin für eine nahestehende Person habe ich einige Rechnungen beglichen. Nach einiger Zeit stellte ich jedoch fest, dass das Vermögen nicht mehr ausreicht. Die betreute Person ist kurz darauf verstorben, sodass der Staatserbe ein Nachlassinsolvenz beantragt und auch dieses eröffnet wurde. Jetzt möchte mich der Insolvenzverwalter in Haftung nehmen, weil ich einer Antragspflicht nicht nachgekommen bin und so bestimmte Gläubiger vorzugswürdig behandelt habe. Gibt es eine derartige Pflicht, wenn nicht (wovon ich stark ausgehe) gab es schon ähnliche Fälle, wo der Betreuer in Haftung genommen worden ist, weil er eine Gläubigerbevorzugung bewirkt hat.
Danke im Voraus!
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Meier,
der Insolvenzverwalter ist gehalten, bestimmte Verfügungen, die z. B. kurz vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, auf eine Gläubigerbenachteiligung hin zu untersuchen. Die Frage der Haftung für Rechtsgeschäfte ist dann keine sozialrechtliche Fragestellung.
Sind Sie Berufsbetreuer oder „ehrenamtlich“ tätig? Als „ehrenamtlich“ tätiger Betreuer besteht ein Versicherung. Diese Versicherung könnte ggf. vor einer Inanspruchnahme schützen. Melden Sie den Vorgang bei der Versicherung. Erkundigen Sie sich nach der Versicherung. Als Berufsbetreuer sollten Sie ohnehin eine Berufshaftpflichtversicherung haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Egon Fleißig says
Haftet ein Berufsbetreuer für die Sauberkeit in einer Wohnung und auch den Gebrauch?
Ein Berufsbetreuer hat eine Wohnung und auch die Betreute völlig verwahrlosen lassen und auch nichts dagegen unternommen dass z.B. die Heizung in dieser Wohnung auch während des Krankenhausaufenthaltes seiner Betreuten nicht auf ein Minimum geschaltet wurde. Die anschließende Hausgeldabrechnung betrug ein vielfaches der normalen Abrechnung. Da die Betreute Person gestorben ist bleibt der Wohnungseigentümer auf der Nachforderung des Hausverwalters sitzen. Ist der Betreuer hier nicht für eine normale Haushaltsführung verantwortlich?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hall Herr Fleißig,
eine Antwort auf die Fragen ist nicht ganz einfach und erfordert zumindest die Kenntnis, für welche Aufgabenkreise der Betreuer auch tatsächlich bestellt wurde … (vgl. zu den Aufgabenkreisen den Artikel „Aufgabenkreise des Betreuers und Genehmigungspflichten„).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Dagobert says
Was ist im folgenden Szenario?
Ein älterer Mensch erhält seine Miete (oder eine Aufstockung dazu) von einem Sozialhilfeträger. Nach einem Schlaganfall ordnet das Amtsgericht einen Betreuer an. Da der Betreute auf Grund der Erkrankung in ein Pflegeheim muss, kündigt der Betreuer die Wohnung. Gegenüber dem Vermieter erfüllt der Betreuer keinen einzigen Punkt des Mietvertrages: Entrümpelung, Auszugsrenovierung, Beseitigung der Schäden, etc. Auch weigert er sich, die Gelder dafür beim zuständigen Amt zu beantragen.
Was kann der Vermieter nun gegenüber dem Betreuer unternehmen, damit dieser den Schaden für den Vermieter gering hält.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Dagobert,
der Betreuer ist nicht selber verpflichtet, selbst „Hand anzulegen“. Er muss also nicht „Möbel schleppen“ und renovieren.
Aber: Jedenfalls muss der Betreuer Leistungen bei dem zuständigen Sozialhilfeträger beantragen, wenn die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung vorliegen.
Entsteht durch das Unterlassen des Betreuers bei dem Betreuten ein Schaden, so kommt durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass der Betreuer dafür auch haftet. Haftet der Betreuer, kann er den entstandenen Schaden ggf. gegenüber seiner Berufshaftpflichtversicherung (oder bei „ehrenamtlichen“ Betreuern gegenüber der gesetzlichen Haftpflichtversicherung) geltend machen kann.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Daisy says
Wie sieht es in einem ähnlich gelagerten Fall aus:
Der Betreuer zahlt ab Heimaufnahme nicht, die betreuungsgerichtliche Genehmigung wird ordnungsgemäß beantragt und dem Vermieter Kenntnis gegeben, dass die Wohnung in Kürze gekündigt wird. Auf eine weitere Anfrage des Vermieters bzgl.der Mietzahlung wird aus Versehen nicht reagiert, woraufhin der Vermieter sofort einen Anwalt einschaltet. Auf Vorschlag des Vermieters soll nun der Mietrückstand vollumfänglich über das Vermieterpfandrecht abgegolten werden, wenn der Betreuer die Anwaltskosten übernimmt. Die Wohnung ist in einem guten Zustand und soll nun verkauft werden (Käufer steht bereit). Ist es rechtens, die Anwaltskosten zu verlangen?? In voller Höhe oder nur bis zur Klärung der Sachlage??
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Daisy,
welche Kosten (welchen Schaden) macht der Vermieter genau geltend? Den Verzugsschaden, der ihm aus der Tätigkeit des Rechtsanwaltes in Form der Rechtsanwaltsgebühren entstanden ist?
Tatsächlich darf jedenfalls ein rechtsunkundiger Vermieter einen Rechtsanwalt beauftragen, wenn die Miete nicht rechtzeitig gezahlt wird. Die durch die Beauftragung des Rechtsanwaltes entstandenen Kosten sind dann ggf. als Verzugsschaden vom Mieter zu ersetzen. Worüber der Ersatz des Verzugsschadens (über eine Kaution oder über ein Pfandrecht) dann abgerechnet bzw. „verrechnet“ wird, ist eine zweitrangige Frage (allerdings dürfte eine „Verrechnung“ einer Geldforderung mit einem Pfandrecht nicht so ohne Weiteres möglich sein).
Hat der Betreuer den Verzugsschaden des Vermieters schuldhaft verursacht, könnte ein Ersatzanspruch des Betreuten gegenüber dem Betreuer in Betracht kommen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Katharina Lorang says
Hallo
Ich werde aktuell betreut in allen Angelegenheiten außer Aufenthalt und habe keinen Einwilligungsvorbehalt.
Seit einem Jahr hatte ich keine Post mehr bekommen – weder Krankengeldbescheid noch …, die an dass Jobcenter weitergeleitet werden mussten.
Ich habe durch eine Überprüfung auf meinem Konto gesehen, dass ich seit Monaten viel Geld auf mein Empfänger Konto habe …
Ich habe mich beim Jobcenter gemeldet und nachgefragt, ob mein gesetzlicher Betreuer den Krankengeldbescheid geschickt hatte – die sagten nein.
Ich habe denen gesagt, das ich Krankengeld bekomme – mehr als vom Jobcenter …
Die haben das aufgenommen … ich habe meine gesetzliche Betreuung angerufen, weil ich kein Aufhebungsbescheid bekommen habe – weder der Bescheid vom Krankengeld kam …
Das Jobcenter hatte nichts erhalten vom Bescheid der Krankenkasse …
Ich hatte Angst gehabt, weil ich die Überziehung selber zurück zahlen muss – jetzt in 5 Jahren … in Rantenzahlung …
Aus diesem Grund musste ich den Betreuer wechseln …
Jetzt muss ich das ganze ausbaden, was mein ehemaliger Gezlicher Betreuer veranstaltet hatte …
Ja weil das auf meinen Name läuft und ich ja dafür hafte – jetzt muss ich erfahren, dass ich keine Haftpflicht habe …
Rechtsanwalt S. Nippel says
Ja …
Das ist sehr ärgerlich. … wollen Sie gegen den Betreuer vorgehen?
Dann ist allerdings zu beachten, dass ein Schaden kaum zu begründen ist: Sie haben mehr Leistungen erhalten als Ihnen zustanden.
Schadenersatzansprüche dürften deshalb kaum durchsetzbar sein …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Uwe says
Wenn eine Betreute in einem Seniorenheim einen Schaden verursacht, haftet dann die Betreuerin (Tochter)?
Eine Haftpflichtversicherung für die Betreute wurde nicht rechtzeitig abgeschlossen.
Rigo says
Habe ich als Vermieter das Recht, den EU-Rentenbescheid, Bewilligung der Grundsicherung und Übernahme der Mietkosten mir von dem Betreuer zeigen zu lassen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Rigo,
gemäß § 535 Abs. 2 BGB haben Sie gegen den Mieter einen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses.
Vor Abschluss des Mietvertrages können Sie die Bonität Ihres Mieters prüfen.
Nach Abschluss des Mietvertrages haben Sie keine weitergehenden Ansprüche mehr … auch nicht gegenüber dem Betreuer …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt