Hat der Unterhaltsberechtigte Vermögen verschenkt und wird er selbst schließlich bedürftig, kommt eine Rückforderung gemäß den § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers
(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten …
Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt§ 528 BGB in Betracht. Die Rückforderung des Unterhaltsberechtigten kann gemäß § 529 Ausschluss des Rückforderungsanspruchs
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn … zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 529 BGB ausgeschlossen sein.
Der Schenkungsrückübertragungsanspruch gemäß § 528 BGB kann nicht nur vom Unterhaltsberechtigten selbst, sondern ggf. auch vom Sozialleistungsträger (zumeist das Sozialamt) geltend gemacht werden. Der Rückforderungsanspruch kann gemäß § 93 Übergang von Ansprüchen
(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, i…
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 93 SGB XII auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden.
1. Der Rückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB
Nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB kann derjenige, der einem anderen aus seinem Vermögen unentgeltlich etwas zugewendet hat, von dem Beschenkten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung die Herausgabe des Geschenkes oder Wertersatz verlangen, soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen.
2. Der Ausschluss des Rückforderungsanspruches gemäß § 529 BGB
§ 529 BGB benennt drei Tatbestände, bei deren Vorliegen eine Rückforderung der Schenkung ausgeschlossen ist:
- Verstreichen der Zehnjahresfrist, § 529 Abs. 1 2. Alt. BGB
Das Rückforderungsrecht des verarmten Schenkers besteht nicht, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit der Schenkers seit Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind, § 529 Abs. 1 2. Alt. BGB.Maßgeblich dürfte der Tag sein, an dem das „Schonvermögen“ aufgebraucht ist.
Die Frist beginnt, wenn die Schenkung vollzogen wurde (§ 518 BGB). Maßgeblich ist also nicht der Tag des Abschlusses des notariellen Schenkungsvertrages, sondern der Tag, an dem das Schenkungsversprechen vollzogen wurde.
- Selbst herbeigeführte Verarmung des Schenkers, § 529 Abs. 1 1. Alt. BGB
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist darüber hinaus ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Armut vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, § 529 Abs. 1 1. Alt. BGB. - Notbedarfseinrede des Beschenkten, § 529 Abs. 2 BGB
Der Rückforderungsanspruch ist auch ausgeschlossen, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird, § 529 Abs. 2 BGB.
3. Überleitung des Rückforderungsanspruches auf das Sozialamt gemäß § 93 SGB XII
Der Sozialleistungsträger kann ggf. Ansprüche des Leistungsberechtigten auf Rückgabe des Geschenkten gemäß § 528 BGB nach § 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf sich überleiten und gegenüber dem Beschenkten geltend machen. Nach dem Gläubigerwechsel ist die leistungsberechtigte Person nicht mehr befugt, die auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Ansprüche gegenüber dem Schuldner geltend zu machen.
Voraussetzungen für die Überleitung auf den Sozialhilfeträger (zumeist das Sozialamt) sind:
- Die Gewährung der Sozialhilfe muss rechtmäßig sein.
- Es darf nicht offensichtlich sein, dass der überzuleitende Anspruch nicht besteht (sogenannte negative Evidenz).
- Es muss Zeitgleichheit zwischen der Leistungspflicht des Dritten und dem Bewilligungszeitraum der Sozialhilfeleistungen bestehen.
- Das aufgrund der Überleitung Verlangte darf nicht zum „Schonvermögen“ gehören.
- Der übergeleitete Anspruch ist auf die Höhe der gewährten Sozialhilfeleistungen beschränkt.
- Der Sozialhilfeträger muss sein Ermessen ermessensfehlerfrei ausüben.
- Die Überleitung muss formal rechtmäßig sein.
4. Rechtsweg gegenüber Entscheidungen des Sozialleistungsträgers
- Rechtsschutz gegenüber der Überleitung
Die Überleitungsanzeige ist ein Verwaltungsakt, so dass nach gefestigter Rechtsprechung Widerspruch und Anfechtungsklage vor dem Sozialgericht oder ggf. vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden kann.Widerspruch und Klage gegen die Überleitung haben jedoch keine aufschiebende Wirkung, § 93 Abs. 3 SGB XII.
- Rechtsschutz gegenüber dem Zahlungsbegehren nach bestandskräftiger Überleitung
Leistet der Schuldner nach erfolgter bestandskräftiger Überleitung nicht, so muss der Sozialleistungsträger die übergeleiteten Ansprüche vor den Zivilgerichten klageweise geltend machen. Die Zivilgerichte prüfen dann, ob der geltend gemachte Anspruch gemäß § 528 BGB besteht oder ob der Schuldner z. B. die Einwendungen gemäß § 529 BGB geltend machen kann.
Sozialrecht Bielefeld meint
Sehr interessant! Ich habe bis heute noch nichts von diesem Recht gewusst,
wobei ich mir sicher bin, dass es recht wenige Menschen gibt, die eine Schenkung zurückfordern.
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Sozialrecht Bielefeld,
jedenfalls der Sozialhilfeträger leitet oft die Rückforderungsansprüche auf sich über – hier liegt dann das Anwendungsgebiet für die Vorschriften zur Rückforderung von Schenkungen.
Grüße
TA meint
Sehr interessante und verständliche Darstellung! Entspricht die Möglichkeit, gegen die Überleitung des Anspruchs per Widerspruch und Klage vorzugehen der aktuellen Rechtslage? In einem einschlägigen Fall hat das Jobcenter argumentiert, die Überleitung erfolge per Gesetz?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo TA,
hier sollte ich den von Ihnen benannten „einschlägigen Fall“ sehen, um eine nachvollziehbare Antwort geben zu können.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Greta Garbo meint
Sehr geehrter Herr Nippel,
eine Frage zum Elternunterhalt, speziell zum „Verstreichen der Zehnjahresfrist, § 529 Abs. 1 2. Alt. BGB“:
Wenn seit der Schenkung eines EFH von Mutter an Tochter 12 Jahre vergangen sind, Mutter seit 4 Jahren nach der Schenkung im Pflegeheim ist und Tochter seither Differenz zwischen Heimentgelt und Rente bestreitet, greift dann ab Jahr 11 nach Schenkung auch der Ausschluss des Rückforderungsanspruches, in diesem Falle für den Sozialhilfeträger, wenn Mutter Antrag auf Sozialhilfe stellt?
Oder anders ausgedrückt: Wenn im Jahr 12 nach der Schenkung ein Antrag auf Sozialhilfe für die Differenz zwischen Heimentgelt und Rente gestellt wird, muss die Sozialhilfe dann gewährt werden – ohne Rückgriff des Sozialamtes auf die Schenkung?
Schon jetzt herzlichen Dank für Ihre geschätzte Antwort!
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Greta,
gemäß § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers
(1) … Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. …
Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt§ 528 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Beschenkte die Herausgabe des Geschenkes durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abwenden. …
Die Frage, ob die Umsetzung der Regelung des § 528 Abs. 1 S. 2 BGB seitens des Beschenkten zu einer „Verlängerung“ der Zehnjahresfrist des § 529 Ausschluss des Rückforderungsanspruchs
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn … zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 529 Abs. 1 BGB führt bzw. ob durch eine Zahlung des Beschenkten die Zehnjahresfrist für den Beginn der Einrede gemäß § 529 Abs. 1 BGB unberührt bleibt, vermag ich „auf die Schnelle“ nicht zu beantworten. Die Beantwortung der Frage hängt möglicherweise auch von den Umständen des Einzelfalles ab.
Für eine „Unterbrechung“ könnte sprechen, dass der Schenker (oder das Sozialamt, auf das der Anspruch übergeleitet wurde) in seinem Vertrauen auf die dauernde Übernahme des für den Unterhalt erforderlichen Betrages „ausgetrickst“ und „übertölpelt“ werden könnte, wenn der Beschenkte nach längerer Zahlung des Unterhalts einfach die Zahlung des Unterhalts gemäß § 528 Abs. 1 S. 2 BGB durch Geltendmachung der Einrede des § 529 Abs. 1 BGB einstellen könnte. Der Ablauf der Zehnjahresfrist zur Geltendmachung der Einrede könnte durch eine Abwendung der Rückzahlung gemäß § 528 Abs. 1 S. 2 BGB „unterbrochen“ werden. Anderseits würde das Risiko der Rückforderung ohne eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schenker und Beschenktem möglicherweise unzulässig einseitig auf den Beschenkten verlagert, wenn dem Beschenkten die Möglichkeit genommen würde, sich auf die Einrede nach der Zehnjahresfrist nach einer Abwendung der Rückgabe des Geschenkes zu berufen.
Jedenfalls würde ich einem Schenker bzw. dem Sozialamt anraten, ausdrücklich zu vereinbaren, dass die Abwendung der Herausgabe des Geschenkes durch Zahlung des Unterhaltes die Zehnjahresfrist zur Geltendmachung der Einwendung gemäß § 529 Abs. 1 BGB verlängert. Den Beschenkten würde ich auf das große Risiko aufmerksam machen, dass die Geltendmachung der Einwendung gemäß § 529 Abs. 1 BGB möglicherweise ausgeschlossen ist bzw. dass die Zehnjahresfrist verlängert wird, wenn gemäß § 528 Abs. 1 S. 2 BGB die Rückgabe abgewendet wurde.
Mehr vermag ich „auf die Schnelle“ nicht herauszufinden. …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt