Der Nachrang der Sozialhilfe besteht nur dann, wenn durch vorrangige Leistungen Anderer die Leistung nicht oder nicht in einem entsprechenden Umfang bestanden hätte.
1. Beschränkung der Überleitung gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII
Gemäß § 93 Übergang von Ansprüchen
(1) … Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII darf der Übergang des Anspruches nur insoweit besorgt werden, als bei rechtzeitiger Hilfe des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII und des § 92 Abs. 1 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten gewesen wäre.
Beispiel:
Hat eine leistungsberechtigte Person kein realisierbares Vermögen bzw. nur einen Schenkungsrückforderungsanspruch unterhalb des Schonbetrages gemäß § 90 Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, so dürfte nach § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII das Sozialamt nicht berechtigt sein, den Schenkungsrückforderungsanspruch auf sich überzuleiten. Durch die Bestimmung des § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII soll nämlich verhindert werden, dass der Träger der Sozialhilfe durch die Überleitung eine bessere Position erhält, als er hätte, wenn der Dritte rechtzeitig an die leistungsberechtigte Person geleistet hätte. Diese Auffassung vertrat auch das OVG Münster in einem Urteil vom 27. April 1987 (8 A 1750/85):
Die Überleitung eines derartigen Anspruchs ist rechtswidrig, wenn die Sozialhilfe bei rechtzeitiger Herausgabe des Geschenkes nicht von dessen vollständigem Einsatz oder dessen vollständiger Verwertung hätte abhängig gemacht werden dürfen und wenn in der Überleitungsanzeige nicht zum Ausdruck gebracht worden ist, dass die Überleitung nur insoweit besorgt werde, als bei rechtzeitiger Herausgabe die Hilfe nicht gewährt worden wäre.
Demgegenüber hat allerdings das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bei einer Schenkung grundsätzlich die Schongrenzen des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (bzw. des § 88 Abs. 2 BSHG) unbeachtlich seien (vergleiche Bundesverwaltungsgericht vom 25. Juni 1992, 5 C 37.88, 2. Leitsatz, S. 2). Allerdings hat hier das Bundesverwaltungsgericht zusätzlich noch folgende Grenzen gezogen (s. o. BVerwG, 1. Leitsatz):
1. Der Sozialhilfeträger kann aufgrund von § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers
(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 528 BGB nur einen zur Bedarfsdeckung erforderlichen Teil der Schenkung herausverlangen, bei wiederkehrendem Bedarf also eine wiederkehrende Leistung in der dem Bedarf entsprechenden Höhe.
2. Die nach § 528 BGB an den Schenker zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zurückfließenden Geldbeträge sind Einkommen im Sinne von Abschnitt 4 Unterabschnitte 1 und 2 BSHG. Dem Beschenkten kommen, wenn er nicht zum Personenkreis des § 91 BSHG gehört, die durch § 91 Abs. 1 S. 2 BSHG in Bezug genommenen Vorschriften über das Schonvermögen nicht zugute.
2. Beschränkung der Überleitung bis zur Höhe der Aufwendungen gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII
Die Überleitung ist in ihrem Umfang maximal auf die Höhe der von dem Sozialhilfeträger gemachten Aufwendungen beschränkt. Der Träger der Sozialhilfe darf deshalb wegen einer Schenkung lediglich den Betrag zurückfordern, den er auch an die leistungsberechtigte Person ausgekehrt hat.
3. Überleitung auch für weitere Ansprüche
Darüber hinaus ist dem Träger der Sozialhilfe durch § 93 Abs. 1 S. 2 SGB XII die Möglichkeit gegeben, den Übergang auch wegen Aufwendungen für Personen zu bewirken, die der Träger der Sozialhilfe gleichzeitig für den Ehegatten oder Lebenspartner des Leistungsberechtigten erbringt.
Grille meint
Meine Mutter ist seit September 2012 in einem Pflegeheim! Das Geldvermögen ist seit Juli 2015 aufgebraucht! Die Betreuung für meine Mutter hat mein Bruder, der auch die Heimunterbringung ohne mich zu fragen veranlasst hat! In 2010 haben meine Eltern mir mein Elternhaus übertragen! Auf Grund dieser Übertragung soll ich nun monatlich 990 € monatlich bezahlen! Mein Bruder geht hierbei leer aus! Auch ist eine Verständigung für ein günstigeres Pflegeheim nicht möglich! Unserem Einkommen, das meiner Frau und meine Rente 1550 € + 1880 € Gehalt + 1050 € Mieteinahmen stehen monatliche Ausgaben von 2600 € gegenüber (Versicherung/Darlehensverträge/Gemeindeabgaben usw)! Bei dieser Belastung ist es kaum möglich den restlichen Lebensunterhalt zu bestreiten! Meine Frage wäre, was für Möglichkeiten gibt es in dieser Situation ?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Grille,
eine Antwort ist hier so ohne Weiteres nicht möglich …
Tatsächlich dürfte ein Schenkungsrückforderungsanspruch Ihrer Eltern Ihnen gegenüber in Betracht kommen, der eventuell auf das Sozialamt übergeleitet wurde …
Zur Vermeidung der Rückforderung zahlen Sie möglicherweise die 990,00 € monatlich …
Solange noch Vermögen vorhanden ist (der Schenkungsrückforderungsanspruch), ist Ihr Bruder nicht (eltern)unterhaltspflichtig …
Sie müssen aufpassen, dass Sie Ihre jetzigen Ausgaben (monatlich 990,00 €) beim Tod Ihrer Eltern gegenüber Ihrem Bruder „absetzen“ … Ihre Eltern haben Ihnen vermutlich das Haus als vorzeitige Schenkung auf die Erbschaft übertragen … Dies muss auf das Erbe angerechnet werden … dann müssen aber auch Ihre jetzigen Zahlungen auf das Erbe angerechnet werden …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Grille meint
Die Übernahme meines Elternhauses war eine Schenkung in der vorweg genommenen Erbfolge in 2010! Mein Vater ist im November 2011 bereits gestorben! Meine Eltern sind Anfang 2011aus Ihrem Alterswohnsitz ausgezogen! Nach dem Tod meines Vaters wurde meine Mutter in ein Pflegeheim gebracht worauf ich keinen Einfluss geltend machen konnte! Danach habe ich mein Elterhaus für ca. 70000 € entkernt und umgebaut um die Einsitzwohnung vermieten zu können! Die Miete ist laut Schenkungsvertrag Dritten nicht übertragbar! Was müsste von mir bei Lage der Dinge beachtet werden um nicht selbst zum sozialfall zu werden??In Ihrem letzten Antwortschreiben weisen Sie auf das mir entgangene Erbe hin! Was müsste ich da tun um das entgangene Erbe einzufordern?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
War Ihr Vater alleiniger Eigentümer des Hauses?
Hat Ihr Bruder seinen Pflichtteil erhalten?
Welchen Wert hatte die Schenkung?
Sie sollten sich ggf. beraten lassen … Ohne Vorlage aller Unterlagen und ohne ein umfangreiches Informationsgespräch sind hier in diesem Rahmen seriöse Aussagen kaum möglich …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Lulou meint
Meine Eltern wollen mir und meinen Brüdern das Elternhaus übertragen.
Bruder 1 erhält das Haus
Bruder 2 erhält .., … €
ich erhalte die gleiche Summe wie Bruder 2.
Ich möchte vermeiden, dass ich das Geld innerhalb der 10 Jahresfrist zurückzahlen muss, falls meine Eltern pflegebedürftig werden sollten.
Kann eine Klausel, wenn ja, welche, in den Übergabevertrag der Immobilie aufgenommen werden? Die Anwältin meiner Eltern kann dies nicht beantworten.
Und was ist mit Bruder 1, falls die Eltern pflegebedürftig werden? Geht dann das Sozialamt an das Haus?
Oder soll ich besser die Übertragung des Hauses ablehnen und meine Eltern bitten, lieber ein Testament zu machen, in dem sie alles regeln?
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Lulou,
die angesprochene Beratung würde den hiesigen Rahmen bei weitem sprengen. Der Sachverhalt ist auch noch nicht wirklich klar ersichtlich (z. B.: Ziehen die Eltern aus dem Elternhaus aus? Wird ein Wohnrecht gewährt?).
Grundsätzlich ist allerdings bei einer Schenkung zu beachten, dass – wird der Schenker bedürftig – eine Schenkung zugunsten des Schenkers zurückgefordert werden kann.
Ein Testament kann im Ergebnis auch nicht verhindern, dass – werden die Eltern bedürftig – berechtigte Ansprüche des Sozialamtes verhindert bzw. umgangen werden können.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt