Grundsätzlich können neurologische Erkrankungen – auch die Parkinson`sche Krankheit – dazu führen, dass ein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) besteht (vgl. www.sozialgerichtsbarkeut.deBSG, Urteil vom 16. März 2016, B 9 SB 1/15 R):
Die hier allein in Betracht zu ziehenden Gleichstellungsfälle „auch aufgrund von Erkrankungen“ erfassen danach die Parkinson’sche Krankheit, auch wenn die AnlVersMedV ausdrücklich nur Herzerkrankungen und Krankheiten der Atmungsorgane nennt und die Ergänzung des gleichzustellenden Personenkreises aufgrund von Erkrankungen klarstellen soll, dass schwerbehinderte Menschen mit „inneren Leiden“ in den Genuss des Merkzeichens aG kommen können. Damit ist indes keine Festlegung auf Erkrankungen aus dem internistischen Formenkreis unter Ausschluss neurologischer Erkrankungen verbunden, sondern lediglich eine Zusammenfassung der Gesundheitsstörungen beabsichtigt, die nicht in erster Linie dem orthopädischen Fachgebiet zuzuordnen sind. Verdeutlicht werden soll, dass bei der Gleichstellung nicht auf die Art, sondern auf die Auswirkungen der bestehenden Behinderungen abzustellen ist. Auch neurologische Erkrankungen können die gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen aG begründen. Hiervon ist das BSG bisher stets ausgegangen. …
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Eine Gleichstellung aufgrund von Parkinson ist demnach vorzunehmen, wenn sich der schwerbehinderte Mensch wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen kann. …
Allerdings sind an den Kreis der Begünstigten hohe Ansprüche zu stellen, die anhand einer Gesamtwürdigung aufgrund versorgungsärztlicher Feststellungen zu treffen sind, die sich auf alle Beweismittel wie Befundberichte der behandelnden Ärzte, Sachverständigengutachten etc. stützen sollen. Die Anerkennung des Merkzeichens aG soll nur bei stark eingeschränkter Gehfähigkeit durch Verkürzung der Wege mit Hilfe der Parkerleichterungen ausgeglichen werden. Der Kreis der Begünstigten soll kleingehalten werden (www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG, Urteil vom 11. August 2015, B 9 SB 2/14):
Das BSG hat die Regelung über die Anerkennung der Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ ihrem Zweck entsprechend schon immer eng ausgelegt. Grundlage für die Einrichtung dieses Merkzeichens war und ist der Umstand, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zurückzulegen. Das Merkzeichen „aG“ soll die stark eingeschränkte Gehfähigkeit durch Verkürzung der Wege infolge der gewährten Parkerleichterungen ausgleichen. Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten. Dies gilt erst recht, weil nach Abschnitt I Nr 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO noch weitere umfangreiche Parkerleichterungen, wie zB die Ausnahme vom eingeschränkten Haltverbot, gewährt werden und sich der Kreis der berechtigten Personengruppen über das Merkzeichen „aG“ hinaus zunehmend auf andere Personengruppen erweitert.
Linus says
Hallo!
Habe das Problem , dass ich keine Möglichkeit habe irgendwo hinzukommen. Da ich inzwischen kein Auto mehr fahren kann und darf habe Lähmungen in beiden Beinen und Spastik, habe eine Myelopathie des Rückenmarks und Fibromyalgie chron. Schmerzsyndrom.
Ich muss zweimal die Woche ins Krankenhaus zur Infusion, das sind jedes mal 25 km – einen Transportschein bekomme ich nicht, habe mehrfach bei der KKH versucht einen Schein zubekommen sogar das Krankenhaus war mir dabei behilflich.
Wohne auf dem Land bei uns gibt es noch nicht einmal einen Bäcker. Mein Mann fährt wo er kann, aber er arbeitet in einen drei Schichtsystem und meine Schwester fährt auch, meine Nachbarin muss ich auch öfters fragen, alle sind noch berufstätig . Ich fühle mich dabei so etwas von hilflos.
Ich bin inzwischen berentet und habe einen GdB von 60% auf Dauer mit den Buchstaben G – ich kann nur ein paar Schritte gehen das mit meinem Rollator oder zwei Gehilfen – ich bin sowas von eingeschränkt.
Wie kann es sein, dass es Menschen gibt, die mit einem aG Berg rauf und Berg runter gehen und auf Laufbänder laufen???
Ich kann vor lauter Schmerzen nur minimale Schritteinheiten gehen.
Inge Walther says
Hallo LInus,
ich nehme an, dass Du beim Versorgungsamt einen Antrag auf Neufeststellung des Behinderungsgrades mit dem Begehren auf Kennzeichen aG gestellt hast, das Kennzeichen aG wurde abgelehnt. Hast Du Widerspruch eingelegt?
Also, ich stehe vor dem selben Problem. Ich habe Widerspruch eingelegt, Akteneinsicht gefordert und gehe das Problem jetzt mit anwaltlicher Hilfe an.Ich werde es jetzt auch auf ein Sozialgerichtsverfahren ankommen lassen (Anspruch auf Gleichstellung von neurologischen Erkrankungen).
Ich würde mich freuen, von Dir Nachricht zu bekommen. Es interessiert mich, wie es bei Dir weitergegangen ist. Vielleicht kann ich Dir mit dem Verlauf meiner Geschichte weiterhelfen.
Viele Grüße Inge
Butschkowski Angelika says
Ich habe durch Zufall Ihren Bericht gelesen. Vielleicht sind für Sie die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 12 SGB V interessant. Hier besonders § 8 Ausnahmen für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung.
Die Krankenkassen genehmigen verordnete Fahrten zur ambulanten Behandlung von Versicherten, die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen, wenn diese von einer der Kriterien von Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen.
Wichtig:Es ist jedoch immer so, dass eine entsprechende Verordnung für den Transport vom Arzt ausgestellt wird. Oftmals ist es jedoch so, dass die Ärzte mangels Wissen diese Verordnung nicht ausstellen. Dann sollte er sich bei der kassenärztlichen Vereinigung Hilfe suchen.
Vielleicht hat sich ja auch in der Zwischenzeit alles zum Positiven gewandelt. Ich hatte jetzt erst gesehen, dass Ihr Bericht vom 23.10.2017 ist. LG Angelika