Die Voraussetzungen und die Folgen der Gewährung des Merkzeichens G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) werden in § 229 Persönliche Voraussetzungen
(1) In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 229 SGB IX und § 228 Unentgeltliche Beförderung, Anspruch auf Erstattung der Fahrgeldausfälle
(1) Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 228 SGB IX benannt:
- (1) In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Der Nachweis der erheblichen Beeinträchtigung in …
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- (1) Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 230 Abs. 1 unentgeltlich befördert; die unentgeltliche Beförderung verpflichtet zur Zahlung eines tarifmäßigen Zuschlages bei der Benutzung zuschlagpflichtiger Züge des Nahverkehrs. Voraussetzung ist, dass der Ausweis …
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (im folgenden: BSG) beträgt die gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 SGB IX üblicherweise noch zu Fuß zurückzulegenden Wegstrecke im Ortsverkehr 2 km bzw. 30 Gehminuten. Hierbei ist stets das Gehvermögens auf ebenen Wegen oder mit nur wenigen leichten Steigungen oder Gefällstrecken zugrunde zu legen.
Durch den Nachteilausgleich „G“ sollen besonders schwer Behinderte von den finanziellen Belastungen frei gestellt werden, die ihnen durch die Behinderung bedingte Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln entstehen.
In der Anlage zu § 2
der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008
Teil A: Allgemeine Grundsätze
1. Schädigungsfolgen
2. Grad der Schädigungsfolgen (GdS), Grad der Behinderung (GdB)…
(Link: www.gesetze-im-internet.de vom Bundesministerium der Justiz)Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 wird der Begriff der “erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr” unter Teil D zu 1. näher definiert:
Teil D: Merkzeichen
1. erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G)
a) Nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ist zu beurteilen, ob ein behinderter Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Hilflose und Gehörlose haben stets einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr.
b) In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein – d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen – noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
c) Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
d) Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z. B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z. B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen.
e) Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdS von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.
f) Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.
Neben dem Mehrbedarf bei Bezug von Eingliederungshilfeleistungen erhalten Sozialgeldbezieher einen Mehrbedarf in Höhe von 17 % der für sie geltenden Regelbedarfe, wenn sie nach § 23 Nr. 4 SGB II
– voll erwerbsgemindert im Sinne des §§ 43 Abs. 2 SGB VI sind,
– einen Schwerbehindertenausweis nach dem SGB IX haben, in dem mindestens das Merkzeichen G eingetragen ist und
– kein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 23 Nr. 2 und 3 SGB II besteht.
Den Anspruch auf Mehrbedarf bei Gehbehinderung haben auch Leistungsberechtigte im Rechtskreis des SGB XII. Nach § 30 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder die die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 2 SGB VI sind, ebenfalls einen Mehrbedarf von 17 % des für sie maßgeblichen Regelbedarfs.
(vergleiche zu dem Thema Mehrbedarf auch den folgenden Beitrag:
Edith Delf says
Darf ich mit meinen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ erheblich gehbehindert einen Behindertenparkplatz z.B. vor öffentlichen Gebäuden benutzen? Der Bescheid ist etwas unverständlich formuliert.
Danke!
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Delf,
ich gehe zunächst davon aus, dass nur die Feststellung der „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ (Merkzeichen aG) die Gewährung von Parkerleichterungen gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO nach sich zieht (vgl. dazu den Artikel „Schwerbehindertenrecht – Merkzeichen aG (Außergewöhnliche Gehbehinderung)„.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Birgit Voelkl says
Kann ich mit einer Lungenfunktion von leider nur noch 57% eine Erweiterung meines Schwerbehindertenausweises beantragen? Momentan habe ich einen Ausweis über 30% wegen meiner Osteoporose. Würde dann das Merkzeichen „G“ für mich in Frage kommen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Voelkl,
schauen Sie einmal in die Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil B (GdS-Tabelle), 8. und zu Teil D (Merkzeichen), 1 d):
Sollte bei Ihnen eine Einschränkung mittleren Grades (s. o. Teil B zu 8.3) vorliegen, dann ist jedenfalls ein GdS von zumindest 50 gegeben. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens G könnten vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Luck says
Bin voriges Jahr überfallen worden, habe seit dem Angst alleine raus zu gehen. Nach sechs Jahren Rente hat mich der Gutachter als gesund, beschrieben. Habe 50% G, wollte eine Begleitung mitbringen wegen meiner Angst, der Gutachter sagte, nein.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Luck,
soll der Bescheid zur Festsetzung des GdB von 50 aufgehoben werden?
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Danny says
Guten Tag,
zählen denn zu dem inneren Leiden auch psychische Krankheiten, wie Depressionen, extreme Angst- und Panikattacken, die sich u.a. aufs Gehvermögen auswirken ?
Danke für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
D.
Renate Reichert says
Ich habe einen Schwerbehindertenausweis – 50 % G –
Darf ich nach Zahlung von € 2,00 den P und R Parkplatz nutzen, wenn ich eine Kopie des Schwerbehindertenausweises und Kopie der Wertmarke an die Frontscheibe lege?
Irina Maus says
Hallo Frau Sönke Nippel,
ich habe den Antrag gestellt auf „Orangenen “ Parkausweis gestellt und am Samstag 22.07.2023
Ablehnung bekommen haben mit der Begründung : „Dass die Voraussetzungen gem. Erlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes NRW von 02.07.2009 nicht erfüllt sind.
und bei mir seit 2007 habe ich 100% „G“-Behinderung / und noch weitere zusätzliche Krankheiten… Diabetes Typ II.
Wie ist ihre Meinung ist das richtig, oder nicht?
Gruß Frau I.M.
Bitte um den Antwort !
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Frau Maus,
schauen Sie sich doch einmal den Beitrag „aG – light – der orange Parkausweis“ an. Dort scheint mir neben dem Merkzeichen G das Merkzeichen B für eine „automatische Berücksichtigung“ von Bedeutung zu sein. Das haben Sie nicht. Der Hinweis auf den Erlass von 2009 dürfte korrekt sein.
Ob allerdings bei Ihnen die Voraussetzungen für das Vorliegen des Merkzeichens aG vorliegen, ist für mich aus der Ferne nur schwer zu beurteilen. Soweit ich dies überblicke, gibt es keinen „Automatismus“, dass bei einem GdB von 100 und Merkzeichen G Merkzeichen die Voraussetzungen des Vorliegens von Merkzeichen aG gegeben sind (vgl. Sie zu dem Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens aG den Beitrag „Merkzeichen aG: außergewöhnliche Gehbehinderung„).
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Hermann says
Hallo!
Es ist schön, dass man einen kostenfreien Beförderungsanspruch hat. Nur nutzt dieser nichts, wenn kein Bus (u.a.) in der Nähe hält. Gibt es ein einklagbares Recht? Hier ist der nächste Bushalt 3,5 km entfernt. Er könnte genausogut auf dem Mond sein! Beides unerreichbar.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Hermann,
Ihr Recht müsste sich aus einer öffentlichen Pflicht herleiten lassen. Aus Bundes- und Landesgesetzen kann ich eine derartige Pflicht allenfalls aus den Gemeindeordnungen, z. B. aus § 8 GO NRW herleiten – die Gemeinden schaffen innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen.
In der Bestimmung deutet sich allerdings u. a. aus dem Tatbestandsmerkmal „innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit“ schon eine erste Problematik im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit an.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Nippel
Rechtsanwalt