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von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Sozialleistungsbetrug durch Unterlassen von Mitteilungen bei Bezug von Sozialleistungen

14. Mai 2012, aktualisiert am 23. Januar 2021 | 2 Kommentare

Männchen in Handschellen

Sozialleistungsbetrug durch Unterlassen von Mitteilungen bei Bezug von Sozialleistungen 1Eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme eines Betruges gemäß § 263 – Betrug
 
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
…
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 263 StGB
ist die Täuschung. Wie aber ist zu verfahren, wenn gar nicht aktiv getäuscht wurde? Kann auch durch „Unterlassen“ getäuscht werden?

Eine Täuschung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn eine Garantenpflicht zur Aufklärung besteht, § 13 Begehen durch Unterlassen
 
(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.
…
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 13 StGB
. Im Bereich der Sozialleistungen bestimmt § 60 Angabe von Tatsachen
 
(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 60 SGB I
Mitwirkungspflichten des Leistungsempfängers:

Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, (hat der Leistungsempfänger) unverzüglich mitzuteilen, § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I.

Die Änderung in den Verhältnissen muss erheblich sein. Es müssen demzufolge alle Veränderungen in den Verhältnissen angegegeben werden, die für die Leistung und ihre Gewährung bedeutsam sind. Erfasst werden davon nicht nur die finanziellen, sondern z. B. auch die persönlichen und gesundheitlichen Verhältnisse. Nicht einheitlich beantwortet wird in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, ob der Leistungsempfänger sich erkundigen muss, ob eine „Leistungserheblichkeit“ der Änderungen und damit eine Mitteilungspflicht besteht. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Täuschung auch vom Vorsatz umfasst werden muss, kann es den Leistungsempfänger durchaus entlasten, wenn er nicht wissen konnte, dass die „Veränderungen in seinen Verhältnissen“ von Bedeutung sein konnten.

Demzufolge hat z. B. der Empfänger von Sozialleistungen, insbesondere von Arbeitslosengeld I oder II anzuzeigen, dass er bezahlte Arbeit gefunden hat. Die Pflicht des Empfängers von Sozialleistungen zur Mitteilung von Änderungen nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I ist erst erfüllt, wenn die Mitteilung den für die Leistungsbewilligung zuständigen Sachbearbeiter des Leistungsträgers erreicht hat (so z. B. OLG Hamburg: Beschluss vom 11.11.2003 – II-104/03). Deshalb ist eine in Lauf gesetzte Mitteilung gegebenenfalls zu wiederholen, wenn dem Leistungsempfänger – z. B. aufgrund fortdauernder Zahlungen – bewusst wird, dass die Mitteilung den zuständigen Sacharbeiter nicht erreicht hat. „Subjektiv“ kann es den Empfänger allerdings möglicherweise entlasten, wenn er davon ausging, dass sein Arbeitgeber der zuständigen Krankenkasse die Arbeitsaufnahme angezeigt hat und diese eine entsprechende Kontrollmitteilung an das zuständige Amt versandte (s. o. OLG Hamburg, zu II. 2. a).

 

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