Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Mitwirkungspflichten gemäß dem SGB I

14. Oktober 2015, aktualisiert am 23. Januar 2021 | 9 Kommentare

Sprechblasen mit Ausrufezeichen und Fragezeichen

Mitwirkungspflichten gemäß dem SGB I 1Grundsätzlich gilt sowohl für das Sozialverwaltungsverfahren als auch für das Sozialgerichtsverfahren das Prinzip der Amtsermittlung gemäß § 20 Untersuchungsgrundsatz
 
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen…
 
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 20 SGB X
und § 103 – Amtsermittlungsgrundsatz
 
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 103 SGG
, wonach der Leistungsträger und die Gerichte den Sachverhalt selbst erforschen müssen. Hierbei ist aber eventuell auch die Mitwirkung des Leistungsberechtigten oder eines Dritten erforderlich. Für diese Konstellationen regeln im SGB I die Mitwirkung des Leistungsberechtigten
 
§ 60 Angabe von Tatsachen
§ 61 …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§§ 60 ff. SGB I
die allgemeinen Mitwirkungspflichten des Leistungsempfängers und z. B. die §§ 56 ff. SGB II spezielle Mitwirkungspflichten des Empfängers von Leistungen nach dem SGB II.

Wo sind die Mitwirkungspflichten geregelt?

Die §§ 60 ff. SGB I regeln Einzelheiten bezüglich der Mitwirkungspflichten ausschließlich des Leistungsberechtigten.

Nach § 60 Angabe von Tatsachen
 
(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat…
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 60 Abs. 1 SGB I
hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält (oder diese zu erstatten hat), alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers hat er der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Weiter hat er Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Sofern sich in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, Änderungen ergeben, hat der Leistungsberechtigte dies unverzüglich mitzuteilen.

Welche Mitwirkungspflichten kennt das SGB I?

Mit den §§ 61-64 SGB I wird der Leistungsträger ermächtigt, den Leistungsberechtigten auch zum persönlichen Erscheinen (§ 61 Persönliches Erscheinen
 
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)
§ 61 SGB I
), zu ärztlichen und psychologischen Untersuchungen (§ 62 Untersuchungen
 
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 62 SGB I
), zu Heilbehandlungen (§ 63 Heilbehandlung
 
Wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 63 SGB I
) oder der Teilhabe an berufsfördernden Maßnahmen aufzufordern (§ 64 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
 
Wer wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 64 SGB I
).

Der Leistungsberechtigte kann vom Leistungsträger aber nicht gezwungen werden, den zuvor genannten Aufforderungen nachzukommen. Entsprechende fehlende Mitwirkung kann dann nur im Rahmen von § 66 Folgen fehlender Mitwirkung
 
(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 66 SGB I
zur Entziehung oder Versagung von Leistungen führen. Voraussetzung dafür ist jedoch unter anderem eine vorherige schriftliche Belehrung des Betroffenen und dass die Aufklärung des Sachverhaltes ohne die Mitwirkung tatsächlich erheblich erschwert wird.

Die schriftliche Rechtsfolgenbelehrung muss klar, verständlich, vollständig und richtig sein, sonst kann die Belehrung ihre Warn- und Hinweisfunktion nicht erfüllen. Dies hätte dann die Folge, dass eine Versagung und Entziehung von Leistungen nicht mehr in Betracht kommt. Insgesamt muss für den Adressaten der schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung die Möglichkeit bestehen, zu erkennen, welche Mitwirkung von ihm verlangt wird.

Hinweis:

Zur Rechtsmittelbelehrung vergleiche den Beitrag:

  • Die Rechtsbehelfsbelehrung im Sozialrecht

    1. Form der Belehrung …. | 2. Angabe der Behörde … | 3. Frist … | 4. Belehrung über die Form … | 5. Folgen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung …| mehr

 

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9 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. netloy meint

    9. November 2017

    Hallo,

    ich leide unter diagnostizierter antisozialer Persönlichkeitsstörungen (u.a. auch Hypertonie Stufe 2, Hypertrophy-Herz, Schildrüsenunterfunktion und Testeron, also hormonelle Störungen mit starken Stimmungsschwankungen. Das heißt, ich kann, wenn ich auch will, kann ich nicht geforderte Aufgaben in dem Maße erfüllen wie Gesunde. Kann ich dann bei Verweigerung der Vorlage von Kontoauszügen sanktioniert werden?

    Steht übrigens auch im Rentengutachten Erwerbsminderung, welcher der Grundsicherung vorliegt.

    Besten Dank für eine Antwort

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      17. November 2017

      Hallo netloy,

      zunächst würde ich an die „Grenzen der Mitwirkung“ gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I denken. Möglicherweise kann Ihnen die Mitwirkung aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden.

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  2. Zet meint

    11. Dezember 2017

    Hallo bzgl. der Mitwirkungspflicht hätte ich da auch eine Frage.
    Und zwar wird vom Jobcenter (einer Optionskommune) ein Merkblatt unterschrieben (Unterschrift das Merkblatt erhalten zu haben) zurückgefordert für die weitere Bearbeitung meines Antrages.

    Muss ich dem Nachkommen im Sinne der Mitwrikungspflicht und welche weiteren Folgen hätte die Verweigerung meiner Unterschrift auf dem Dokument?

    antworten
  3. Alex N meint

    23. September 2020

    Ich bin aktuell wegen Erschöpfungssyndrom im Krankenstand. Ursprünglich hatte ich eine Reha zugesagt bekommen (Antritt: 3 Monate vor Ablauf des Krankentagegeldes). Aufgrund Corona habe ich die Reha nun abgesagt. Die Krankenkasse fordert mich jetzt auf die Reha bis 2.10.2020 anzutreten. Konsequenz wäre die Entziehung der Leistungen, sprich des Krankengeldes.

    Wie kann ich weiterhin argumentieren, um der Reha zu entgehen?

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      29. September 2020

      Hallo Alex N,

      Ihnen droht, dass die Gewährung von Krankengeld zu Recht wegen mangelnder Mitwirkung auf der Grundlage von § 66 Abs. 2 SGB I versagt werden wird.

      Bei Bewilligung einer Reha ist die Erwartung begründet, dass die Durchführung der bewilligten Reha-Maßnahme eine Besserung des Gesundheitszustands des Versicherten herbeiführen wird.

      Ob diese Erwartung auch in „Corona-Zeiten“ gilt, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber … warum sollte dies nicht auch in Corona-Zeiten gelten?

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  4. Jennifer D. meint

    16. Oktober 2020

    Schönen Abend,

    ich bin im Krankengeldbezug und wurde nun von der Krankenkasse aufgefordert ärztliche Unterlagen einzufordern, da dies die Krankenkasse ohne Erfolg einige Wochen versucht hätte.

    Ich war in einer stationären Behandlung.

    Wie soll mir das nun gelingen, wenn die Krankenkasse nicht an die Unterlagen gekommen ist? Mir wurde Mitwirkung genannt und Drohung Einstellung der Leistungen. Frist von 8 Tagen habe ich bekommen.

    Ich hoffe Sie können helfen.
    Vielen Dank.

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      17. Oktober 2020

      Hallo Jennifer,

      ist der folgende Beitrag für Sie evtl. relevant?

      Beendigung der Arbeitsunfähigkeit durch die Krankenversicherung

      Grüße
      Sönke Nippel
      Rechtsanwalt

      antworten
  5. Regina meint

    25. November 2020

    Ich habe am 01.07.2019 auf Leistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch verzichtet, da mein Mann und ich noch Barvermögen hatten.

    In dieser Erklärung steht: Durch die Erklärung werden meine Mitwirkungspflicht nach §§ 60 ff. SGB I nicht berührt. Daher bin ich verpflichtet für den laufenden Bewilligungsabschnitt meinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Jobcenter nachzukommen.

    Ich habe seitdem nichts mehr vom Jobcenter gehört. Wird die Zeit als Anrechnungszeit für mein Rentenkonto geführt, oder nicht?

    antworten
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