Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift ein, wenn ein Leistungsberechtigter in einem bestehenden oder angebahnten Sozialrechtsverhältnis, das auf einem Anspruch auf Sozialleistung beruht, durch die Verletzung sozialbehördlicher Pflichten einen Nachteil erlitten hat (www.bverwg.devgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011, 3 C 36/10).
Dabei kann es sich um Nebenpflichten handeln wie diejenigen zur Auskunft, Betreuung und Beratung (§§ 14, 15 SGB I) oder zur verständnisvollen Förderung . Die Wertung gilt erst recht, wenn eine Hauptpflicht verletzt wird wie diejenige, über den an die Behörde herangetragenen Leistungsantrag eine rechtmäßige Entscheidung zu treffen. Das rechtswidrige Handeln oder Unterlassen kann dabei auch von einer anderen Behörde ausgegangen sein, sofern es dem zuständigen Sozialleistungsträger zugerechnet werden kann.
Der Kläger hätte in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall nicht nur bei der Rehabilitierungsbehörde eine „Rehabilitierungsbescheinigung“ beantragen dürfen. Der Kläger hätte auch bei dem zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Ausgleichsleistungen stellen müssen. Die Rehabilitierungsbehörde entschied lange nicht über den im Jahr 1997 gestellten Antrag auf Ausstellung der beantragten Bescheinigung. Erst 2006 wurde die beantragte Bescheinigung ausgestellt und entsprechende Ausgleichsleistungen bei dem Sozialamt beantragt. Es erfolgte aber nur eine Bewilligung ab dem Zeitpunkt der Antragstellung durch das Sozialamt.
Die Rehabilitierungsbehörde hätte den Kläger dahin beraten müssen, zusätzlich zum Antrag auf Ausstellung der Rehabilitierungsbescheinigung einen Antrag auf Ausgleichsleistungen bei dem Sozialamt zu stellen. Die Pflicht ergab sich aus der Beratungspflicht gemäß § 14 Beratung
Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 14 S. 1 SGB I.
Im Ergebnis führte so die Verletzung der Beratungspflicht dazu, dass das Sozialamt verpflichtet war, den Kläger so zu stellen, als sei der Antrag bereits 1997 gestellt worden.
Checkliste zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch:
Noch einmal werden hier die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches genannt (vgl. dazu u. a. www.sozialgerichtsbarkeit.deBundessozialgericht vom 18. Januar 2011 B 4 AS 29/10 R, Rdnr. 12):
- Der Sozialleistungsträger hat eine Pflicht aufgrund eines Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses
- insbesondere zur Auskunft und Beratung gemäß §§ 14 Beratung
Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 14, § 15 Auskunft
(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)15 SGB I verletzt und- zwischen Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen besteht ein ursächlicher Zusammenhang.
- Der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil des Betroffenen muss durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können.
- Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.
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