Tragendes Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Versicherungspflicht abhängig Beschäftigter. Trotz eines im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnten Versicherungskreises hat sich die gesetzliche Krankenversicherung überwiegend den Charakter einer Arbeitnehmerversicherung erhalten. Selbstständige sind im Allgemeinen versicherungsfrei.
Die §§ 5 ff. SGB V benennen den in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personenkreis und bestimmen zunächst die Versicherungspflicht bzw. den Versicherungszwang:
1. Versicherungspflicht gemäß § 5 SGB V
Die Versicherungspflicht in der Krankenkasse ist eine grundsätzlich unmittelbar kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge. Die Versicherungspflicht zu der Krankenkasse wird in § 5 Versicherungspflicht
(1) Versicherungspflichtig sind
1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 5 SGB V geregelt. Es bedarf nicht des Abschlusses eines Versicherungsvertrages, um in den Genuss des Versicherungsschutzes zu gelangen, wie dies in der privaten Krankenversicherung der Fall ist.
Die Regelungen des § 5 SGB V sind schwer lesbar. Eine Pflichtversicherung besteht für:
- gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung mehr als 400 Euro monatlich beträgt, aber die aktuellen Versicherungspflichtgrenzen gemäß § 6 Abs. 6 und Abs. 7 SGB V nicht übersteigt – einschließlich Bezieher von Vorruhestandsgeld und Auszubildende), vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 bis 4 a SGB V;
- Arbeitslose (Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld und Arbeitslosengeld II), § 5 Abs. 1 Nrn. 2 und 2 a SGB V;
- Landwirte, § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V;
- selbständige Künstler und Publizisten, § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V;
- Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe, § 5 Abs. 1 Nr. 5 SGB V;
- Teilnehmer an Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben, § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V;
- behinderte Menschen, § 5 Abs. 1 Nr. Nrn. 7 und 8 SGB V;
- Studenten, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V;
- Praktikanten und Auszubildende, § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V
- Rentner, § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V;
- Künstler und Publizisten, § 5 Abs. 1 Nr. 11 a SGB V;
- Fremdrentner und Verfolgte, § 5 Abs. 1 Nr. 12 SGB V;
- Personen, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren bzw. bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren (Auffangtatbestand); § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
2. Versicherungsfreiheit gemäß §§ 6 bis 8 SGB V
Das Gesetz nennt in §§ 6 und 7 SGB V Tatbestände, die vom Versicherungszwang ausgenommen werden. Nach § 8 SGB V besteht die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.
Dem Versicherungszwang werden nur solche Personen nicht unterworfen, die wegen ihres Einkommens, wegen ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder einer bestehenden anderweitigen Absicherung für den Krankheitsfall nicht als schutzbedürftig angesehen werden. So werden die meisten Selbstständigen und die Beamten nicht von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht erfasst.
Dies gilt auch für Personen, die einen Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze gemäß § 6 Versicherungsfreiheit
(1) Versicherungsfrei sind
1. Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erzielen.
Dieser Personenkreis muss sich entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in der privaten Krankenversicherung absichern.
Personen, die ein Einkommen erzielen, das unter der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 7 Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung
(1) Wer eine geringfügige Beschäftigung nach §§ 8, 8a des Vierten Buches ausübt, ist in dieser Beschäftigung versicherungsfrei; …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 7 SGB V bzw. § 8 Befreiung von der Versicherungspflicht
(1) Auf Antrag wird von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird
1. wegen Änderung …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 8 SGB IV liegt, werden vom Versicherungszwang ebenfalls nicht erfasst. Dem liegt der Grundgedanke zu Grunde, dass angenommen wird, dass der geringfügig Beschäftigte auf die hieraus erzielten Einkünfte nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angewiesen ist. Daher werden geringfügig Beschäftigte grundsätzlich nicht für schutzbedürftig erachtet.
3. Freiwillige Versicherung gemäß § 9 SGB V
Die Möglichkeiten zum freiwilligen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung sind eingeschränkt worden (§ 9 Freiwillige Versicherung
(1) Der Versicherung können beitreten
1. Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 9 SGB V). Ziel dieser Beschränkungen ist es, zu verhindern, dass sich Personen, die nicht der Versicherungspflicht unterliegen, durch freiwilligen Beitritt Zugang zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse verschaffen können, wenn es für sie günstig erscheint.
4. Versicherung der Familienangehörigen gemäß § 10 SGB V
Familienversicherten steht ein eigener Anspruch gegen die Krankenkasse zu, ohne Mitglied der Krankenkasse zu sein (§ 10 Familienversicherung
(1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen
1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
2. …
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetautritt)§ 10 SGB V ). Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern sowie Kinder von familienversicherten Kindern des Versicherten steht der Anspruch zu.
Marco meint
Sehr geehrter Herr Nippel,
ich bin seit Mai 2009 selbstständig als Immobilienmakler und hatte mich freiwillig in der gesetzlichen KK versichert. Durch Mindereinnahmen sind Beitragsrückstände aufgelaufen, die ich nun durch Zwangseintreibung beglichen muss. Zwischenzeitlich (2010) war ich für 6 Monate durch das Sozialamt pflichtversichert, da ich aufstockende Leistungen bezog. Im Jahr 2011 habe ich 3 Monate versicherungspflichtig gearbeitet. Nun fordert die KK rückwirkend vom Jan.2011 bis Mai 2011 Beiträge ein, obwohl ich mich nicht freiwillig weiterversichert hatte ( Antrag wurde meinerseits nicht an die KK gestellt ). Seit September 2011 bin ich nicht mehr versichert, da die KK mir eine Auflösung der Mietgliedschaft zuschickte. Es heißt von deren Seite, sobald ich mich wieder anmelden täte, durch freiwillige Mitgliedschaft in der ges. KK oder es durch eine vers.pflichtige Arbeit geschieht, muss ich den Rückstand vom Sep. 2011 ausgleichen.
Sie schreiben oben:
„Dem Versicherungszwang werden nur solche Personen nicht unterworfen, die wegen ihres Einkommens, wegen ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder einer bestehenden anderweitigen Absicherung für den Krankheitsfall nicht als schutzbedürftig angesehen werden. So werden die meisten Selbstständigen und die Beamten nicht von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht erfasst.“
Wenn ich das recht verstehe, dürfte die KK aufgrund Dessen keine Nachforderungen eintreiben bzw. hat die bereits geleisteten Nachforderungen zu unrecht eingetrieben ?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir entsprechende Auskünfte erteilen könnten.
mfg
M.R.
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Marco,
so richtig habe ich den Sachverhalt noch nicht erfasst:
Sie führen aus, dass Sie als Immobilienmakler seit 2009 selbständig sind und dass Sie sich freiwillig versichert haben. Wie kommt dann ein Beitragsrückstand überhaupt zustande?
Hatten Sie die freiwillige Versicherung Ende 2010 gekündigt?
Grüße
Sönke Nippel