Bevor Leistungen bewilligt werden können, ist das verwertbare Vermögen einzusetzen. Diese Regelung ist entscheidend für die Sozialhilfe gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII und für das Bürgergeld nach § 12 Abs. 1 SGB II.
1. Was bedeutet „verwertbar“?
Ob Vermögen als verwertbar gilt, wird stets im Einzelfall beurteilt. Dabei sind rechtliche, tatsächliche und persönliche Aspekte zu berücksichtigen.
- Sofort verfügbare Mittel („bereites Mittel“): Ist Vermögen unmittelbar verfügbar, muss es vor der Hilfeleistung eingesetzt werden.
- Fiktives Vermögen: Bloße Erwartungen oder Anwartschaften (z.B. auf zukünftige Erbschaften) gehören nicht zum verwertbaren Vermögen.
2. Verzögerungen bei der Verwertung
Vermögensgegenstände, für die absehbar kein Käufer gefunden werden kann, gelten nicht als verwertbares Vermögen. Ein Beispiel hierfür wäre ein Grundstück, das mit einem dinglichen Nutzungsrecht (z.B. einem Altenteilsrecht) belastet ist und daher nicht marktgängig ist.
Sowohl Leistungsempfänger als auch Ämter stehen oft vor dem Dilemma, einen möglichst hohen Verwertungserlös erzielen zu wollen, ohne die Vermögensgegenstände „zu verschleudern“. Dies ist jedoch nicht immer kurzfristig realisierbar.
Ist eine sofortige Verwertung nicht möglich oder würde sie eine besondere Härte bedeuten, kann die Sozialhilfe gemäß § 91 SGB XII als Darlehen erbracht werden. Eine ähnliche Regelung findet sich in § 24 Abs. 5 SGB II für das Bürgergeld.
3. Besonderheiten bei Erbschaften und Pflichtteilen
- Erbengemeinschaften: Uneinigkeiten bei der Erbauseinandersetzung können dazu führen, dass sich diese über Jahre hinzieht. Das Vermögen ist dann in der Regel nicht sofort verwertbar.
- Pflichtteil: Bei einer zukünftigen Erbschaft kann sich die Frage stellen, ob die Einforderung eines Pflichtteils verlangt werden kann, insbesondere wenn eine „Pflichtteilsstrafklausel“ besteht.
4. Unwirtschaftlichkeit der Verwertung
Eine Verwertung kann als unwirtschaftlich angesehen werden, wenn ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem aktuell erzielbaren Erlös und einem später möglichen Erlös besteht. Dies kann beispielsweise bei der Auflösung von Lebensversicherungen der Fall sein, wenn dabei Zinsen und Sparprämien verloren gehen.
Torsten zur Brügge says
Vater ist vor 3 Wochen verstorben. Berliner Testament, Mutter Vorerbin, nach dem Tod der Mutter die 4 Kinder. Das selbstgenutzte Haus/Doppelhaushälfte soll verkauft werden. Zu groß und pflegeintensiv. Mutter sucht eine seniorengerechte Wohnung. Die Rente beträgt rd. € 2.300,00. Wie kann vermieden werden, das der Erlös aus dem Hausverkauf (rd. TEUR 200) nicht durch einen später evtl. Pflegeplatz mit den entsprechen Kosten eingesetzt werden muss.
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Torsten,
das dürftejetzt recht spät sein.
Wenn sich Ihre Mutter die seniorengerechte Wohnung im Hinblick darauf kauft, dort ggf. gepflegt zu werden …? Eine derartige Wohnung wäre Schonvermögen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt