Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Der unfallversicherungsrechtliche Wegeunfall – Wegeunterbrechung

vom 21. Februar 2018, zuletzt geändert am 5. Dezember 2019

Eine Wegeunterbrechung führt zum Verlust des Versicherungsschutzes, da der versicherte Weg im Sinne des § 8 Arbeitsunfall
 
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit …
 
(Link: zum Gesetzestext hier im Internetauftritt)
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII
nicht mehr zurückgelegt wird (vgl. dazu grundsätzlich Bild: zum UrteilLink: www.sozialgerichtsbarkeit.deBSG vom 2. Dezember 2008 – B 2 U 17/07 R, Rdnr. 19):

Insoweit wird zur Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass zwischen der Unterbrechung eines bestimmten Verhaltens oder einer bestimmten Verrichtung auf der tatsächlichen Ebene und der rechtlichen Wertung und Auswirkung dieser tatsächlichen Unterbrechung auf der versicherungsrechtlichen Ebene zu unterscheiden ist. Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren.

Beispiele:

Bundessozialgericht - Foto

Auffahrunfall beim Abbremsen zum Abbiegen zum Privateinkauf

Der Unfallgeschädigte wollte auf dem direkten Heimweg von der Arbeit auf einem übersichtlichen Stück einer Ortsdurchfahrt links in ein Privatgrundstück einbiegen, um dort an einem Verkaufsstand Erdbeeren einzukaufen. Aufgrund des Gegenverkehrs musste er bis zum Stillstand abbremsen. Nach wenigen Sekunden fuhr die Unfallverursacherin ungebremst hinten auf seinen Pkw auf. Diese gab an, das klägerische Auto habe plötzlich angehalten, um nach links abzubiegen. Sie habe noch versucht zu bremsen, die Kollision aber nicht mehr vermeiden können. Das Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen die Unfallverursacherin wurde eingestellt. Bei dem Auffahrunfall erlitt der Kläger eine Stauchung und Zerrung der Halswirbelsäule ohne Zeichen einer Commotio. Er war bis einige Tage arbeitsunfähig erkrankt.

Das Bundessozialgericht entschied, dass eine Wegeunterbrechung vorlag (Bild: zum UrteilLink: www.juris.bundessozialgericht.deBSG vom 4. Juli 2013, B 2 U 3/13 R, Leitsatz):

Bringt der Versicherte sein Kraftfahrzeug auf dem Weg zur Arbeit zum Stehen, um nach links zum Einkauf von Erdbeeren abzubiegen, so dokumentiert sich in diesem nach außen beobachtbaren Verhalten die privatwirtschaftliche Handlungsmotivation und der versicherte Weg wird unterbrochen.

Tankvorgang

Der Unfallgeschädigte steuerte auf dem Weg zur Arbeit eine in Fahrtrichtung links neben der Straße liegende Tankstelle an, um seinen Roller zu betanken. Beim Ausfahren aus der Tankstelle – nach Beendigung des Tankvorgangs – musste er die Straße über die Gegenfahrbahn überqueren, um seinen Weg zum Arbeitsplatz fortzusetzen. Dabei kollidierte er mit einem Fahrzeug, das die Straße in der entgegengesetzten Richtung befuhr und wurde bei dem Unfall erheblich verletzt.

Zu dem Tankvorgang führt das Bundessozialgericht aus (Bild: zum UrteilLink: www.juris.bundessozialgericht.deUrteil vom 4. Juli 2013, B 2 U 12/12 R, Leitsatz):

Unterbricht der Versicherte den Weg zur Arbeit, um zu tanken, endet die Unterbrechung, wenn er wieder auf der Fahrbahn in Richtung seiner Arbeitsstätte unterwegs ist. Der Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung setzt nicht voraus, dass der Versicherte bereits die rechte Fahrbahnseite wieder erreicht hat.

Einwurf eines Privatbriefes in einen Briefkasten auf dem Arbeitsweg

Die Betroffene fuhr mit ihrem Pkw von ihrem Arbeitgeber zum Wohnort. Sie verließ nicht den „normalen“ Arbeitsweg. Sie hielt an der rechten Fahrbahnseite an, um einen Privatbrief in den dort befindlichen Briefkasten zu werfen. Beim Aussteigen aus dem Fahrzeug stürzte die Klägerin, wobei sich die rechte Hand noch am Lenkrad befand. Dabei rollte das Fahrzeug über ihren linken Fuß.

Das LSG Sachsen entschied mit Urteil vom 4. Mai 2017 (Bild: zum UrteilLink: www.sozialgerichtsbarkeit.deL 2 U 124/15, am Ende), dass eine Unterbrechung des versicherten Arbeitsweges vorgelegen hat:

… Erkennbar ist die private Zielrichtung an der Intention der Klägerin, einen Privatbrief in den Briefkasten zu werfen und dazu auszusteigen (kleinste Handlungseinheit). …

Gegen das Urteil des LSG Sachsen wurde Revision unter der Aktenzeichen B 2 U 31/17 R eingelegt. Eine Entscheidung des BSG erging bisher nicht.


 
 

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