Wenn das Sozialamt zu viel gezahlt hat, darf es einen Erstattungsanspruch unter gewissen Voraussetzungen gegen laufende Leistungen aufrechnen. Die rechtlichen Grundlagen für eine solche Aufrechnung finden sich in §§ 44b SGB XII und § 26 SGB XII – sie ähneln den Regelungen des Jobcenters, weichen aber in wichtigen Punkten ab.
1. Aufrechnung gemäß § 44 b SGB XII
§ 44b SGB XII regelt im Anschluss an § 44a SGB XII die Möglichkeit der Aufrechnung im Hinblick auf Erstattungsforderungen, die sich aus § 44 a SGB XII ergeben. § 44 a SGB XII beschäftigt sich mit vorläufigen Entscheidungen und den sich daraus ergebenden Folgerungen und Konsequenzen. § 44 b SGB XII setzt einen bestandskräftigen Erstattungsanspruch gemäß § 44a Abs. 7 SGB XII voraus. Erste Voraussetzung ist also die Bestandskraft des Erstattungsbescheides, § 44b Abs. 1 SGB XII.
Die Höhe der Aufrechnung gemäß § 44 b SGB XII beträgt immer 5 % der maßgebenden Regelbedarfsstufe, ab dem 1. Januar 2023 also 25 € in Regelbedarfsstufe 1. Andere Bedarfe, wie Mehrbedarfe, bleiben bei der Bestimmung der Höchstgrenze außer Betracht. Die Dauer der Aufrechnung ist auf drei Jahre beschränkt.
Nach § 44 b Abs. 3 S. 1 SGB XII ist eine Aufrechnung durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber der leistungsberechtigten Person zu erklären. Der entsprechende Bescheid muss Art und Höhe der Haupt- und Gegenforderung, die Höhe des Aufrechnungsbetrages, die Dauer der Aufrechnung sowie alle Umstände erkennen lassen, die für die Ermessensentscheidung relevant sind.
Ein Widerspruch gegen den Bescheid sowie auch die Klage gegen die Aufrechnungsentscheidung haben aufschiebende Wirkung. Bis zur Bestandskraft der Entscheidung über den Widerspruch/Klage können also keine Kürzungen durch eine Aufrechnung vorgenommen werden.
2. Aufrechnung gemäß § 26 SGB XII
Eine andere Höhe der Aufrechnung bestimmt § 26 SGB XII. Leistungen können bis auf das Unerlässliche eingeschränkt werden. Die Praxis sieht bei Einschränkungen Kürzungsbeträge von 20-30 % des Regelbedarfes vor. Auch hier ist die Dauer der Aufrechnung auf drei Jahre beschränkt.
Eine Aufrechnung gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII setzt eine Verminderung des Einkommens oder Vermögens in der Absicht voraus, Hilfebedürftigkeit oder höhere Leistungen herbeizuführen. § 26 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII soll ein fortgesetztes und unwirtschaftliches Verhalten trotz Belehrung unterbinden.
Eine Aufrechnung gemäß § 26 Abs. 2 SGB XII setzt voraus, dass die Ansprüche auf Erstattung auf vorsätzlichem oder grob fahrlässigen Handeln des Leistungsberechtigten beruhen, § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. § 26 Abs. 2 SGB XII erfasst Rückforderungsansprüche gemäß den §§ 45, 48 und 50 SGB X. Die Vorschrift geht davon aus, dass es der Allgemeinheit nicht zugemutet werden kann, für selbstverschuldete Hilfebedürftigkeit aufzukommen.
Auch bei der Aufrechnung gemäß § 26 SGB XII dürfte ein Widerspruch gegen den Bescheid über die Aufrechnung aufschiebende Wirkung haben, auch wenn – anders als in § 44 b Abs. 3 Satz 1 SGB XII und § 43 Abs. 4 S. 1 SGB II – nicht ausdrücklich bestimmt ist, dass die Aufrechnung durch Verwaltungsakt erfolgen muss.
Vergleichbare Regelungen zu den oben genannten Regelungen im SGB XII sind im SGB II in § 43 SGB II enthalten (vergleiche dazu den Beitrag Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen des Jobcenters).
Im Hinblick auf den Umfang der Aufrechnung unterscheidet sich § 43 SGB II allerdings erheblich von § 44 b SGB XII. § 44 b SGB XII erlaubt nur eine Aufrechnung in Höhe von 5 %.
3. Verrechnung gemäß § 44 b Abs. 4 SGB XII
Eine „Verrechnung“ ist schließlich in § 44 b Abs. 4 SGB XII geregelt. Die Verrechnung betrifft einen anderen Leistungsträger. So ist die Verrechnung zwischen der Deutschen Rentenversicherung und dem Sozialamt bei rückwirkender Bewilligung einer Rente üblich. Auch bei rückwirkender Bewilligung von Krankengeld und/oder Arbeitslosengeld kommt ggf. eine Verrechnung in Betracht.
Bei der Verrechnung handelt es sich nicht um eine Aufrechnung.
4. Häufige Fragen
- Wann darf das Sozialamt eine Aufrechnung vornehmen?
Nur bei bestandskräftigem Erstattungsanspruch (§ 44b SGB XII) oder vorsätzlichem/grob fahrlässigem Verhalten (§ 26 SGB XII). - Wie hoch darf die Aufrechnung ausfallen?
Nach § 44b SGB XII bis zu 5 % des Regelbedarfs, nach § 26 SGB XII in der Praxis meist 20–30 %. - Kann man gegen die Aufrechnung Widerspruch einlegen?
Ja. Ein Widerspruch hat aufschiebende Wirkung; es darf bis zur Entscheidung keine Kürzung erfolgen.
5. Weiterführende Beiträge & Rechtsgrundlagen
Weiterführend zu Aufrechnung, Erstattung und aufschiebender Wirkung:



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