Rechtsanwalt und Sozialrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Grundsätze der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)

vom 26. Februar 2018

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist konkret und individuell zu ermitteln. Der Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit enthält aber ein abstraktes Element dadurch, dass er auf den Verlust der Erwerbsmöglichkeit nicht nur im Berufsfeld des Versicherten, sondern auf den Gesamtbereich des Erwerbslebens abstellt.

1. Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens

Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist die Anwendung medizinischer oder sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich, § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII.

Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 2. Mai 2001 noch einmal die Grundsätze zur Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zusammengefasst (B 2 U 24/00 R):

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… Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Bei Berufskrankheiten richtet sich die MdE – wie bei den Unfallfolgen – einerseits nach der Schwere des noch vorhandenen akuten Krankheitszustands sowie andererseits nach dem Umfang der dem Erkrankten verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. …

2. Besondere berufliche Betroffenheit

Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit muss der Unfallversicherungsträger aber auch Nachteile berücksichtigen, wenn eine besondere berufliche Betroffenheit vorliegt und die Nichtberücksichtigung der „bestimmten besonderen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen) zu einer unbilligen Härte führen würde, vgl. § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII. Eine „abstrakte Schadensberechnung“ ist durchzuführen.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts will aber nicht allgemein eine besondere berufliche Betroffenheit anerkennen. Zu einem an einer berufsbedingten Schwerhörigkeit leidenden Flugkapitän führt das BSG aus (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1991, 2 RU 47/90):

…
… Das BSG hat in den genannten Entscheidungen stets betont, dass aus diesen Umständen nicht „allein“ bzw. nicht „zwangsläufig“ auf das Vorliegen einer unbilligen Härte geschlossen werden könne. Das gleiche gelte für den erheblichen Minderverdienst, den ein Betroffener wegen des Berufsverlustes hinzunehmen habe, und zwar wegen des im Unfallversicherungsrecht herrschenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung. …
…
Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand bezeichnet, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete. Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich eine höhere Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach § 581 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) ergeben, wenn der Verletzte die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann.

Die nach dieser Rechtsprechung vorzunehmende Einzelfallprüfung führt im vorliegenden Fall zur Annahme einer unbilligen Härte. Maßgeblich hierfür ist die Summe der einzelnen Merkmale, die in ihrer Gesamtheit einen Nachteilsausgleich im Sinne von § 581 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) rechtfertigt.
…

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